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Autogipfel: Entscheidung über weitere Hilfen vertagt – Umweltschützer*innen fordern Mobilitätswende
News | 09.09.2020
#Mobilität #Wirtschaft

Autogipfel: Entscheidung über weitere Hilfen vertagt – Umweltschützer*innen fordern Mobilitätswende

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c. Pixabay

Das Treffen von Bundesregierung und Industrie zur pandemiebedingten Lage der Autoindustrie ist am Dienstagabend ohne Beschlüsse über Finanzhilfen zu Ende gegangen. Umweltschutzorganisationen äußerten vorab harsche Kritik an möglichen Kaufprämien für Verbrenner und Plug-In-Hybride.

Arbeitsgruppen sollen Lösungsvorschläge erarbeiten

Wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstagabend mitteilte, sollen Arbeitsgruppen bis zum nächsten Treffen im November prüfen, wie vor allem Autozulieferbetriebe mit mehr Kapital unterstützt und „welche weiteren Aspekte bei den im Konjunkturpaket vorgesehenen 'Zukunftsinvestitionen in die Fahrzeugbranche' berücksichtigt werden sollten“.

Weiter hieß es, dass die Bundesregierung die Bedingungen für autonomes Fahren verbessern wolle. Erklärtes Ziel sei es, bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen. Zudem wolle Deutschland einen Datenraum Mobilität schaffen – „für die souveräne und differenzierte Handhabung von Daten als Grundlage moderner Mobilität“. Des Weiteren bleiben anscheinend die Elektromobilität und alternative Kraftstoffe im Fokus. Speziell sollen mehr Ladesäulen und ein einheitliches Bezahlsystem geschaffen sowie Vorschläge erarbeitet werden, wie der Anteil alternativer Kraftstoffe erhöht werden könne.

Umweltschutzorganisationen: klimafreundliche Mobilität fördern

Vor dem virtuellen Treffen hatte die lobbykritische Nichtregierungsorganisation LobbyControl gemeinsam mit Attac, dem Bündnis Berliner Straßen für alle, changing cities, Fridays for Future Berlin, Fuß e.V., Power Shift und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Bundesregierung in einem offenen Brief dazu aufgerufen, in Zukunft derartige Autogipfel zu „Mobilitätsgipfeln“ umzuwidmen und mehr zivilgesellschaftliche Akteure zu beteiligen. Ausschließlich Vertreter*innen aus Politik, Automobilindustrie, IG Metall und Betriebsräten einzuladen, greife zu kurz.

Eine ähnliche Stoßrichtung hat das Forderungspapier eines weiteren Bündnisses aus BUND, Verkehrsclub Deutschland (VCD), Fridays For Future und der Dienstleistungsgesellschaft ver.di. Statt eines Autogipfels müsse ein ÖPNV-Gipfel her, um den Startschuss für eine konsequente Verkehrswende zugunsten von mehr Klimaschutz zu geben.

Die DUH pochte außerdem darauf, die Förderung von Plug-In-Hybriden sofort zu stoppen, die aus ihrer Sicht keine klimafreundliche Alternative seien. Das betreffe sowohl direkte Prämien beim Autokauf als auch die Vorteile bei der Dienstwagenbesteuerung. Genauso skeptisch zeigte sich der BUND: eine Unterstützung von Plug-in-Hybiden sei nur zu akzeptieren, wenn ein Nachweis darüber erbracht werde, dass diese Fahrzeuge mindestens 70 bis 80 Prozent ihrer Kilometerleistung elektrisch gefahren wurden. Laut BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg lehnt der BUND Kaufprämien für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auch weiterhin ab.

Vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte vor dem Treffen bekräftigt, Verbrennerfahrzeuge mit Steuergeldern fördern zu wollen. Der Landesvorsitzende des BUND Naturschutz in Bayern Richard Mergner konterte daraufhin: „Es gibt keine sauberen Verbrenner. Ein Umtausch von Verbrenner zu Verbrenner bringt nicht den nötigen Klimaschutzeffekt. Statt einer solchen Prämie muss es eine Mobilitätsprämie geben, mit dem Ziel die Mobilitätswende einzuleiten und den Autoverkehr zu reduzieren. Die Steuergelder müssen in die dringend notwendige sozial-ökologische Transformation fließen und nicht kurzfristige Kaufanreize schaffen.“

Eine eindringliche Protestaktion ging von Aktivist*innen der NGO Robin Wood aus. Sie forderten, die Zerstörung von Wäldern für den Ausbau von Autobahnen in Deutschland zu stoppen. Auf einem Banner war zu lesen: „Minister Scheuer! Wer hier verkehrt, bestimmst nicht du! Danni bleibt“. Der Protest richtete sich im Speziellen gegen die geplante Rodung des Dannenröder Waldes für den Ausbau der Autobahn 49 zwischen Stadtallendorf und Gemünden (Felda) in Hessen.

Im November soll es eine erneute „Konzertierte Aktion Mobilität“ auf Bundesebene geben. [aw]

Bundesregierung: „Gestärkt aus der Krise, gemeinsam die Mobilität der Zukunft gestalten“ - 3. Spitzengespräch der Konzertierten Aktion Mobilität 

DUH I: Autogipfel: Deutsche Umwelthilfe fordert sofortigen Stopp der Förderung klimaschädlicher Plug-In-Hybride 

DUH II: Autogipfel der Bundesregierung: Sieben NGOs fordern mit Lobbycontrol einen echten Mobilitätsgipfel   

BUND: Autogipfel: Statt Kaufprämien für Verbrenner – Branche auf Klimaschutzkurs bringen und Zulieferindustrie bei Transformation unterstützen 

BUND Naturschutz: Autogipfel: keine weiteren Steuergeschenke - Branche endlich auf Klimakurs bringen

Robin Wood: Protest zum Autogipfel in Berlin: Keine Waldrodungen für Autobahnbau! ROBIN WOOD-Aktivist*innen demonstrieren gegen Ausbau der A49 und für den Erhalt des Dannenröder Waldes 

VCD: Wir fordern von der Bundesregierung einen ÖPNV-Gipfel   

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