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Grüner Wasserstoff: hohe Erwartungen, Potenziale und blinde Flecken
News | 12.06.2020
#Klima und Energie

Grüner Wasserstoff: hohe Erwartungen, Potenziale und blinde Flecken

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c. Mohamed Hassan | Pixabay

Nach dem die Abstimmung darüber mehrmals verschoben wurde, war es am 10. Juni soweit: das Bundeskabinett kündigte an, sieben Milliarden Euro für die Förderung von Wasserstofftechnologien hierzulande und zwei Milliarden Euro für internationale Partnerschaften bereitzustellen. Anwendungen sollen etwa in der Stahl- und in der Chemieindustrie, im Wärmebereich, aber auch im Verkehrsbereich stattfinden. Umweltschutzorganisationen zeichnen ein differenziertes Bild, wie die Strategie in den Kontext von Klimaschutz und Energiewende sinn- und wirkungsvoll eingebettet werden muss – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) begrüßte die Nationale Wasserstoffstrategie (NWS). „Es ist gut, dass die Regierung den Fokus auf grünen Wasserstoff legt, da mit der CCS-Technologie [Carbon Capture and Storage, Anm.d.Red.], die mit dem blauen Wasserstoff verbunden ist, unkalkulierbare Risiken entstehen“, sagte DNR-Präsident Kai Niebert. Damit der Markthochlauf von grünem Wasserstoff gelinge, müsse die Bundesregierung beim naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien die Hürden auf politischer und administrativer Ebene beseitigen.

Aus Sicht des BUND diene die NWS nicht dazu, Deutschland in eine klimaneutrale Energieversorgung zu führen. Im Gegenteil: Sie verstetige einen hohen Energieverbrauch, indem sie zentrale Anforderungen an Energiesparen und Energieeffizienz außer Acht lässt. Auch im Verkehr setze die NWS falsche Prioritäten: Aufgrund des hohen Stromverbrauchs bei seiner Herstellung könne Wasserstoff immer nur die zweit- oder drittbeste Lösung nach der direkten Stromnutzung sein, so der BUND.

Ähnlich sieht es der VCD: Da für die Wasserstoffproduktion enorme Strommengen benötigt werden, müsse der Anteil der erneuerbaren Energien für die inländische Wasserstoffproduktion erheblich ausgeweitet werden. Klar sei aber auch: Der Großteil müsse importiert werden. Deshalb fordert der VCD Nachhaltigkeitskriterien für Herstellung und Transport des Wasserstoffs. Gleichzeitig müsse in den Erzeugungsländern sichergestellt werden, dass die Energiewende vor Ort nicht durch die Wasserstoffproduktion behindert werde.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt zwar grundsätzlich die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, schränkt aber ein: Das Ausbauziel von fünf Gigawatt Elektrolyseleistung bis 2030 muss aus klimapolitischer Sicht auf zehn Gigawatt verdoppelt werden. Und weiter: „Die heutigen Erdgasmengen einfach durch Wasserstoff zu ersetzen, ist eine Illusion.“

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt ebenfalls die Priorität für grünen Wasserstoff, erkennt jedoch Nachbesserungsbedarf bei den EU-Klimazielen für 2030. Denn die Strategie orientiere sich noch nicht an der inzwischen auch von Deutschland unterstützten Verbesserung des EU-Klimaziels für 2030 von minus 40 auf mindestens minus 50 bis 55 Prozent. Das schafft nicht die von der Bundesregierung erwünschte Investitionssicherheit.

Der WWF betont, dass in der Debatte um Wasserstoff nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass „die drastische Reduktion unserer Ressourcen- und Energieverbräuche weiterhin absolute Priorität haben muss. Andernfalls sind die Energiebedarfe schlichtweg zu hoch, um auf Grundlage ökologisch nachhaltiger erneuerbarer Energien erfüllt werden zu können.“

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