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Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
News | 03.03.2021
#Wald #Biodiversität und Naturschutz

Waldschutz ist Klimaschutz

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Etwa 1,3 Milliarden Menschen sind direkt abhängig vom Wald. Sie benötigen ihn für ihre Ernährung, Bauholz, Brennstoffe, kulturelle oder traditionelle Praktiken, Erholung oder auch für die Bereitstellung von Wasser. Außerdem sind weltweit rund 861 Gigatonnen Kohlenstoff in Wäldern gespeichert.
Neben der Nutzung von fossilen Energieträgern ist die Entwaldung ein großer Verursacher von Treibhausgasemissionen. Von 2010 bis 2015 gingen laut UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) netto weltweit jährlich 6,6 Millionen Hektar natürlicher Wald verloren. Ein großer Teil davon waren tropische Regenwälder. Allein am Amazonas in Brasilien sind durch die verheerenden Waldbrände und den Kahlschlag 2018/2019 circa 970.000 Hektar Wald, das entspricht einer Fläche von rund 1,7 Millionen Fußballfeldern, vernichtet worden.

Aktiver Klimaschutz: Wälder binden Kohlenstoff
Waldschutz hat beim Klimaschutz eine Doppelfunktion: Zum einen sind intakte Wälder Kohlenstoffspeicher; bleiben sie erhalten setzen sie kein zusätzliches CO2 frei. Zum anderen können wachsende Wälder CO2 aufnehmen und langfristig in ihrer Biomasse lagern. Wichtig hierbei: Nicht nur im Holz der Bäume wird Kohlenstoff abgespeichert, sondern auch in der Humusschicht der Waldböden. Besonders gute Kohlenstoffspeicher sind deshalb die südostasiatischen Regenwälder, da sie oft auf Torfböden stehen. Wird dort der Regenwald gerodet oder abgebrannt, um die Fläche landwirtschaftlich zu nutzen, werden die Torfböden entwässert und der gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt. Pro Hektar entwässertem Torfboden entstehen so 66 Tonnen CO2 – das ist dem Umweltbundesamt zufolge fast so viel wie der durchschnittliche EU-Bürger in acht Jahren verursacht.

"Nicht nur im Holz der Bäume wird Kohlenstoff abgespeichert, sondern auch in der Humusschicht der Waldböden. Besonders gute Kohlenstoffspeicher sind deshalb die südostasiatischen Regenwälder, da sie oft auf Torfböden stehen."
Matthias Linn

Wiederaufforstung trägt besonders zum Klimaschutz bei, da neue Wälder in der Entstehungsphase CO2 binden können. Wiederaufforstungen können jedoch nur den Teil der CO2-Emissionen binden, der vorher durch Entwaldung verursacht worden ist. Denn überall dort, wo heute Wald neu gepflanzt wird, hat früher schon einmal Wald gestanden. Mit der Zerstörung des Waldes wurde der darin gebundene Kohlenstoff freigesetzt und wird nun durch die Wiederherstellung der Bewaldung wieder aufgenommen. Wiederaufforstung kann den Ausstoß von CO2 aus fossilen Brennstoffen nicht kompensieren. Nur wenn wir den Verbrauch fossiler Rohstoffe schrittweise reduzieren und auf null zurückführen, können Wiederaufforstung und Waldschutz ihre volle Klimaschutzwirkung entfalten.

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Es dauert Jahrzehnte bis Bäume gewachsen sind und die Artenzusammensetzung und Böden wieder einem natürlichen Wald entsprechen. Eine vollständige Klimaschutzwirkung kann also nur erreicht werden, wenn die Wiederaufforstungsflächen dauerhaft geschützt werden oder es langfristige Pläne für eine nachhaltige Nutzung gibt. Dabei werden Produkte des Waldes sehr gezielt und in kleinen Mengen entnommen, ohne dem restlichen Wald zu schaden. Zum Beispiel wird für jeden gefällten Baum ein gleichwertiger nachgepflanzt. Auch wenn bestehende Wälder und Wiederaufforstung wichtige Verbündete im Kampf gegen die Erderwärmung sein können, darf eines nicht vergessen werden: Der Wald selbst ist direkt von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Zunehmende intensive Trockenperioden schwächen das Ökosystem und machen Wälder anfälliger für Waldbrände, Schädlingsbefall und andere Bedrohungen.

Mehrwert des Waldes: Existenzsicherung im globalen Süden und Kühlung
Wenn Wälder so naturnah wie möglich wiederaufgeforstet werden, dann hat dies zusätzlich zum Klimaschutz weitere positive ökologische, soziale und ökonomische Effekte. Besonders in Ländern des globalen Südens und in Tropenwaldgebieten können die Ökosystemdienstleitungen von Wäldern einen wichtigen Teil zur Existenzsicherung der Menschen beitragen. Ökosystemdienstleitungen sind unter anderem Baumaterial, Ernährungssicherheit und Energieversorgung. Durch nachhaltige Nutzung profitieren die Anwohnerinnen und Anwohner, die mit und vom Wald leben, langfristig von Waldschutz und Wiederaufforstung. Die neuen Wälder helfen auch direkt vor Ort bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Sie schützen zum Beispiel vor der Abtragung des Bodens und schwächen Hitzewellen ab.

"Wiederaufforstung kann den Ausstoß von CO2 aus fossilen Brennstoffen nicht kompensieren. Nur wenn wir den Verbrauch fossiler Rohstoffe schrittweise reduzieren und auf null zurückführen, können Wiederaufforstung und Waldschutz ihre volle Klimaschutzwirkung entfalten."
Matthias Linn

Waldschutz und Wiederaufforstung sind einfache Lösungen für den Klimaschutz. Oft stehen ihnen aber wirtschaftliche Interessen gegenüber, vor allem dann, wenn über intensive Nutzung oder Monokulturplantagen hohe Erträge erwirtschaftet werden können. So lange der Wert des Waldes zum Beispiel für den Klimaschutz, den Artenschutz oder als Erholungsraum nicht in ökonomische Überlegungen miteingerechnet wird, bleiben finanzielle Interessen eine der Hauptursachen für Waldzerstörung. Wald als dauerhafte Klimaschutzmaßnahme kann nur funktionieren, wenn staatliche Behörden mit der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der lokalen Bevölkerung zusammenarbeiten.

Weitere Informationen: Positionspapier „Klimaschutz – Die Rolle von Waldschutz und Wiederaufforstung für den Klimaschutz“

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Der Autor

Der Biologe Matthias Linn arbeitet seit 2018 bei OroVerde - die Tropenwaldstiftung und ist dort unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit im Projekt "Faszination Vielfalt" verantwortlich, das durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen und ENGAGEMENT GLOBAL gefördert wird.

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