Planetare Grenzen
Die Veränderungen des Erdsystems durch den Menschen haben ein Ausmaß erreicht, bei dem plötzliche Veränderungen der Umwelt immer häufiger auftreten. Um weiterhin sicher leben zu können, muss der Mensch innerhalb kritischer und fester Grenzen der Umwelt wirtschaften. Neun dieser Grenzen wurden identifiziert, mehrere sind bereits überschritten – und bei manchen wird noch analysiert, wie viel zu viel ist. Sicher ist jedoch: Ein Überschreiten der Grenzen macht die Welt unsicherer.
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Klimawandel
Der Klimawandel ist im Gange. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass heute so viel CO2 in der Atmosphäre ist, wie seit Jahrmillionen nicht mehr. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem der Verlust des sommerpolaren Meereises fast sicher unumkehrbar ist. Dies könnte den Klimawandel dramatisch beschleunigen. Die Schwächung oder Umkehrung von terrestrischen Kohlenstoffsenken, zum Beispiel durch die fortschreitende Zerstörung der Regenwälder, ist ein weiterer potentieller Kipppunkt, der zu rasanten Veränderungen führen kann. Eine große Frage ist, wie lange wir über dieser Grenze leben können, bevor irreversible Veränderungen unvermeidlich werden.
Chemische Umweltverschmutzung
Emissionen von toxischen und langlebigen Stoffen wie Kunststoffe, Medikamente, Chemikalien, Schwermetallverbindungen und radioaktiven Stoffen stellen einige der wichtigsten menschlichen Veränderungen im Planetenumfeld dar. Diese Verbindungen können unumkehrbare Auswirkungen auf lebende Organismen und auf die physische Umgebung haben. Auch wenn die Aufnahme und Bioakkumulation der chemischen Verschmutzung zum Teil nicht direkt tödlich ist, führen sie häufig zu reduzierter Fruchtbarkeit, dauerhaften genetischen Schäden und schwerwiegenden Auswirkungen auf die Ökosysteme. Gegenwärtig sind wir nicht in der Lage, eine einzige chemische Verschmutzungsgrenze zu quantifizieren.
Ozonabbau
Die stratosphärische Ozonschicht in der Atmosphäre filtert die von der Sonne kommende ultraviolette (UV) Strahlung. Wenn sich diese Schicht ausdünnt, nimmt die Einstrahlung zu. Dies führt zu einer Zunahme an Hautkrebs beim Menschen sowie Schäden an terrestrischen und marinen biologischen Systemen. Das Auftreten des antarktischen Ozonlochs war ein Beweis für erhöhte Konzentrationen ozonabbauender, chemischer Substanzen z.B. FCKW. Durch das Verbot von FCKW und Halonen im Montrealer Protokoll (1989) erholt sich die Ozonschicht zunehmend und der Ozonabbau ist während der letzten 15 Jahre zum Erliegen gekommen. Das Ozonloch könnte 2050 verschwunden sein. Dies ist ein gelungenes Beispiel internationaler Umweltpolitik.
Aerosole
Aerosole – zu Deutsch Feinstäube – spielen eine wichtige Rolle in der Wolkenbildung, der atmosphärischen Zirkulation und beeinflussen so beispielsweise den Monsun in tropischen Regionen. Sie haben auch eine direkte Wirkung auf das Klima, indem sie die Sonnenstrahlung reflektieren oder in der Atmosphäre absorbieren. Wir verändern die Aerosolbelastung durch Luftverschmutzung und auch durch Landnutzungsänderungen, die die Freisetzung von Staub und Rauch in die Luft erhöhen. Das Einatmen von stark verschmutzter Luft verursacht darüber hinaus jährlich etwa 800.000 vorzeitige Todesfälle. Die toxikologischen und ökologischen Auswirkungen der Aerosole sind somit vielfältig. Gegenwärtig sind wir nicht in der Lage eine Grenze zu quantifizieren.
Ozeanversauerung
Etwa ein Viertel des CO2, das die Menschheit in die Atmosphäre emittiert, wird derzeit von den Ozeanen aufgenommen. Hier bildet es Kohlensäure, verändert die Ozeanchemie und verringert den pH-Wert des Oberflächenwassers. Diese erhöhte Säure verringert die Menge an Carbonat-Ionen, ein wesentlicher "Baustein", der von vielen marinen Arten für die Schale und Skelettbildung verwendet wird. Jenseits einer Schwellenkonzentration macht diese steigende Versauerung es schwer für Organismen wie Korallen und einige Schalentiere und Planktonarten zu wachsen und zu überleben. Verluste dieser Arten würden die Struktur und Dynamik der Ozeanökosysteme verändern und könnten zu drastischen Verringerungen der Fischbestände führen. Im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten ist die Versauerung des Oberflächenwassers um 30 Prozent gestiegen. Anders als die meisten anderen menschlichen Auswirkungen auf die Meeresumwelt, die oft lokal im Maßstab sind, hat die Ozeanversauerung Auswirkungen für den ganzen Planeten.
Stoffkreisläufe (Phosphor, Stickstoff)
Die biogeochemischen Kreisläufe von Stickstoff und Phosphor wurden durch uns Menschen infolge vieler industrieller und landwirtschaftlicher Prozesse radikal verändert. Stickstoff und Phosphor sind wesentliche Elemente für das Pflanzenwachstum, so dass die Produktion und Ausbringung von Düngemitteln ein großes Problem geworden ist. Unsere Aktivitäten setzen heute mehr atmosphärischen Stickstoff um, als alle natürlichen Prozesse der Erde zusammen. Ein Großteil dieses neuen reaktiven Stickstoffs wird in verschiedenen Formen wieder in die Atmosphäre abgegeben, anstatt von Getreide aufgenommen zu werden. Es überdüngt Flüsse und Küstengebiete und sammelt sich in der Biosphäre an. Damit ist Stickstoff in der Umwelt der zweitgrößte Problembereich noch vor den Treibhausgasen. Auch ein Großteil des freigesetzten Phosphors endet in aquatischen Systemen. Diese leiden dann mittelfristig an Sauerstoffmangel, wenn die durch die hohe Nährstoffversorgung entstandene Algenblüte von Bakterien abgebaut wird. Ein Beispiel für diesen Effekt ist der Rückgang des Garnelenfangs im Golf von Mexikos toter Zone, die durch Dünger verursacht wird, der in Flüssen aus dem Mittleren Westen der USA transportiert wird.
Süßwassernutzung
Der Wasserkreislauf wird vom Klimawandel stark beeinflusst. Die Konsequenzen der menschlichen Veränderung von Gewässern umfassen sowohl die Veränderung von Flussläufen oder auch eine Veränderung von Niederschlägen und Verdunstungen. Diese Verschiebungen im hydrologischen System können abrupt und irreversibel sein. Das Wasser wird zunehmend knapp – bis 2050 werden etwa eine halbe Milliarde Menschen an Wassermangel leiden.
Landnutzung
Der Mensch nutzt das Land seit je her: Wälder, Wiesen, Feuchtgebiete und andere Ökosysteme werden in landwirtschaftliche Flächen, Straßen und Städte umgewandelt. Insbesondere die Landwirtschaft ist eine treibende Kraft hinter dem Verlust der Biodiversität und hat Auswirkungen auf die Wasserströme und auf die Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorkreisläufe. Während jede Landnutzung zunächst lokal ist, haben die gesammelten Veränderungen Konsequenzen für Erdsystemprozesse auf globaler Ebene. Die planetare Grenze spiegelt dabei nicht nur die absolute Landmenge, sondern auch ihre Funktion, Qualität und räumliche Verteilung wider. Wälder spielen dabei eine besonders wichtige Rolle und stehen im Fokus der Grenze für den Landsystemwechsel.
Integrität der Biosphäre (funkt. Diversität, Aussterberate)
Eine hohe Biodiversität und genetische Vielfalt erhöhen die Fähigkeit von Ökosystemen, sich an Umweltveränderungen anzupassen. Schwindet der genetische Pool, kommt auch die Stabilität von Ökosystemen ins Wanken und die Lebensbedingungen auf der Erde würden sich gravierend ändern. Die vom Menschen verursachten Veränderungen der Ökosysteme in den vergangenen 50 Jahren waren schneller und tiefgreifender als zu jeder Zeit in der Geschichte der Menschheit. Dadurch haben sich die Risiken von abrupten und irreversiblen Veränderungen erhöht. Die Haupttreiber des Wandels sind die Nachfrage nach Nahrung, Wasser und natürlichen Ressourcen, die zu schweren Verlusten der biologischen Vielfalt führen.
Querschnittsthemen
Alle Bereiche des Modells beeinflussen sich gegenseitig und hängen voneinander ab. In den Bereichen Klimawandel, Stickstoffkreislauf und Biodiversitätsverlust gehen Wissenschaftler davon aus, dass die planetaren Grenzen bereits überschritten sind. In anderen Bereichen ist die Lage kritisch. Dabei spielen Landwirtschaft, Verkehr und der Umgang mit Ressourcen und Klima eine erhebliche Rolle.