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Neue Gesichter und alte Bekannte für die nächste EU-Kommission
EU-News | 11.09.2019
#EU-Umweltpolitik

Neue Gesichter und alte Bekannte für die nächste EU-Kommission

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EU-Kommission in Brüssel | c. Pixabay

Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Dienstag ihre Kandidat*innen für die neue Kommission vorgestellt.

Der Niederländer Frans Timmermans soll als sogenannter exekutiver Vizepräsident die Arbeiten am europäischen „Grünen Deal“ koordinieren und mit Unterstützung der zuständigen Generaldirektion die Klimapolitik leiten. Er soll zudem eng mit den Generaldirektionen Landwirtschaft, Gesundheit, Verkehr, Energie, Regionalpolitik und Umwelt zusammenarbeiten.

Kadri Simson (Estland) ist derzeit noch Ministerin für Wirtschaft und Infrastruktur. Sie soll für das Ressort „Energie“ zuständig sein.

Virginijus Sinkevičius (Litauen), litauischer Minister für Wirtschaft und Innovation und 28 Jahre jung, soll das Ressort „Umwelt und Ozeane“ übernehmen.

Janusz Wojciechowski (Polen) war lange Zeit Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im EU-Parlament und ist aktuell Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. Er soll das Ressort „Landwirtschaft“ übernehmen.

Elisa Ferreira (Portugal) ist derzeit Vizepräsidentin der Banco de Portugal. Sie war lange Jahre Mitglied des Europäischen Parlaments und in Portugal Ministerin für Planung und Umweltministerin. Sie soll das Ressort „Kohäsion und Reformen“ übernehmen.

Rovana Plumb (Rumänien) ist zurzeit Mitglied des Europäischen Parlaments (stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten) und war früher rumänische Ministerin für Umwelt und Klimawandel, Arbeitsministerin, Ministerin für europäische Fonds, Ministerin für Bildung und für Verkehr. Sie soll für das Ressort „Verkehr“ zuständig sein.

In der Struktur weicht von der Leyens Kurs von der noch amtierenden Juncker-Kommission ab. Denn ab dem 1. November soll es drei exekutive Vizepräsident*innen (Frans Timmermans, Margrethe Vestager, Valdis Dombrovskis) und weitere fünf Vizepräsident*innen geben (Josep Borrell – EU-Außenbeauftragter; Věra Jourová – Werte und Transparenz; Margaritis Schinas – Schützen, was Europa ausmacht; Maroš Šefčovič – Interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau; Dubravka Šuica – Demokratie und Demografie)

Die übrigen Kommissionsmitglieder sollen nach dem Willen von der Leyens sein:

  • Johannes Hahn (Österreich): „Haushalt und Verwaltung“
  • Didier Reynders (Belgien): „Justiz“ (einschließlich Rechtsstaatlichkeit)
  • Mariya Gabriel (Bulgarien): „Innovation und Jugend“
  • Stella Kyriakides (Zypern): „Gesundheit“
  • Jutta Urpiainen (Finnland): „Internationale Partnerschaften“
  • Sylvie Goulard (Frankreich): Binnenmarkt, Industriepolitik, Förderung des digitalen Binnenmarkts, Verteidigungsindustrie und Raumfahrt
  • László Trócsányi (Ungarn): „Nachbarschaft und Erweiterung“
  • Phil Hogan (Irland): „Handel“. Er soll zusammen mit Gentiloni das Konzept für eine grenzüberschreitende CO2-Steuer erarbeiten.
  • Paolo Gentiloni (Italien): „Wirtschaft“
  • Nicolas Schmit (Luxemburg): „Arbeitsplätze“
  • Helena Dalli (Malta): „Gleichstellung“
  • Janez Lenarčič (Slowenien): „Krisenmanagement“
  • Ylva Johansson (Schweden): „Inneres“

Reaktionen von Umweltseite

Umweltorganisationen traten eher verhalten auf. Zwar begrüßten das Europäische Umweltbüro (EEB), CAN Europe, das EU-Büro des WWF oder auch der NABU die Ernennung Timmermans zum exekutiven Vizepräsidenten, der für den europäischen grünen Deal verantwortlich sein soll. Dass er darüber hinaus Klimapolitik mit anderen zentralen Politikbereichen verknüpfen soll, zeige, dass von der Leyen dem Klimaschutz einen hohen Stellenwert zuschreibe.

Jedoch bemängelten sie, dass andere Kandidat*innen kaum Erfahrungen in der Klima- und Umweltschutzpolitik vorweisen könnten, wie zum Beispiel der Litauer Sinkevičius. Er müsse in der bevorstehenden Anhörung vor den EU-Abgeordneten beweisen, wie ernst es ihm mit Artenschutz, Meeresschutz und Klimaneutralität sei.

Der NABU erinnerte daran, dass der designierte Agrarkommissar Wojciechowski in seiner früheren Rolle beim Europäischen Rechnungshof wissenschaftliche Berichte veröffentlicht hatte, welche die Kommissionsvorschläge zur GAP-Reform als unzureichend beim Umwelt- und Klimaschutz abtun. Nun habe er die Möglichkeit und Pflicht, „diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen Taten folgen zu lassen.“

Alarmiert zeigten sich die Organisationen auch von von der Leyens Ankündigung, die Deregulierungsstrategie der Juncker-Kommission fortführen zu wollen: Die Regelung „One-in one-out“, wonach für jedes neue Gesetz ein bestehendes Gesetz innerhalb eines Politikbereichs aufgehoben werden soll, drohe, die EU-Umweltgesetzgebung zu verwässern.

Linn Selle, Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD) gab zu bedenken: „Die Aufstellung ist vielversprechend, aber gespielt wird auf dem Platz. Ob das Ergebnis den hohen Erwartungen, die die Kommission geweckt hat, entsprechen kann, muss sich erst noch zeigen. Die EBD wird die Anhörungen der Kandidatinnen und Kandidaten fürs Kolleg eng begleiten und die Kommission von der Leyen insbesondere an Ergebnissen bei der Stärkung von Demokratie, Parlamentarismus und Pluralismus messen.“

Green Deal in 100 Tagen

Nach Aussagen von der Leyens soll die neue EU-Kommission innerhalb von 100 Tagen nach Amtsantritt einen europäischen Grünen Deal vorlegen. Ob dieser tatsächlich das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050, eine grenzüberschreitende CO2-Steuer, eine deutliche Anhebung des Klimaziels 2030 auf mindestens 55 Prozent, einen verbesserten Emissionshandel, eine 2030-Strategie für Biodiversität, eine Strategie für nachhaltige Nahrungsmittel sowie einen überarbeiteten Aktionsplan Kreislaufwirtschaft beinhaltet, bleibt abzuwarten.

Das „Grilling“

Voraussichtlich Ende September werden sich die Kandidat*innen für die Kommissionsposten den Fragen der EU-Parlamentarier*innen in den Ausschüssen stellen. Im Oktober folgen dann die Abstimmungen im Plenum des Parlamentes. [aw]

EU-Kommission zur Vorstellung des Personaltableaus  

Reaktionen
EEB   
EBD   
CAN Europe    
NABU   
WWF EU  

Infografik des EU-Parlaments zum Wahlverfahren der Kommissionsmitglieder

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