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Chemikalien aktuell: Chromtrioxid, Chemikalienstrategie, Mikroplastik
EU-News | 11.06.2020
#Kreislaufwirtschaft #Chemikalien

Chemikalien aktuell: Chromtrioxid, Chemikalienstrategie, Mikroplastik

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Foto: Matthias Rietschel

In dieser Woche war die für Herbst angekündigte EU-Chemikalienstrategie Thema im Umweltausschuss (ENVI) des EU-Parlaments. Dass grundlegende Verbesserungen der europäischen Chemikalienpolitik nötig sind, zeigte sich unter anderem im Streit um Chromtrioxid.

Chromtrioxid: ENVI beklagt fehlende Rücksichtnahme

So verabschiedeten die Ausschussmitglieder am Montag eine Resolution, in der sie die Genehmigungspolitik der EU-Kommission bezüglich Chromtrioxid kritisierten. 38 der 76 Ausschussmitglieder (drei Enthaltungen) sprachen sich in einer Resolution gegen eine von der EU-Kommission geplante teilweise Zulassung des krebserregenden Stoffes für die Verwendung in Beschichtungen aus. Die Parlamentarier*innen hatten bereits mehrfach Zulassungsentscheidungen der EU-Kommission kritisiert und fordern sie in der Resolution auf, die Stimmen aus dem Parlament „ernst zu nehmen“, wenn sie Genehmigungsanträge aus der Industrie prüfe. Wie bereits in früheren Fällen fehlten nach Ansicht der Ausschussmitglieder auch beim Antrag der Firma Novotroitsk Beweise dafür, dass für keine der beantragten Anwendungsarten sichere Alternativen bestünden. Die Resolution wurde von Bas Eickhout (Grüne/EFA), Maria Arena (S&D) und Martin Hojsík (Renew) initiiert und soll voraussichtlich am 17. Juni dem Parlamentsplenum zur Abstimmung vorgelegt werden. Die EU-Kommission ist in ihrer Entscheidung rechtlich nicht an die Einschätzung des Parlaments gebunden.

Tatiana Santos, Referentin für Chemikalienpolitik beim Europäischen Umweltbüro, zeigte sich ebenso besorgt über die Entscheidung der EU-Kommission wie die ENVI-Mitglieder und forderte die EU-Kommission auf, Zulassungsentscheidungen differenzierter zu betrachten und auf Pauschalgenehmigungen zu verzichten.

EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius hatte dem Umweltausschuss im Mai versichert, „in Dialog treten“ und Differenzen zwischen den Institutionen in solchen Zulassungsfragen klären zu wollen (siehe EU-News vom 14.5.). Chromtrioxid ist seit 2010 als besonders besorgniserregende Substanz gelistet und gilt als krebserregend. Die EU erteilt Unternehmen jedoch immer wieder Genehmigungen für die Verwendung des Stoffes.

Debatte zur Chemikalienstrategie

In der Ausschusssitzung am Montag beschäftigten sich die Parlamentarier*innen auch mit grundsätzlicheren Fragen der europäischen Chemikalienpolitik. Im Gespräch mit einem Kommissionsvertreter und dem Direktor der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) diskutierten sie die für Herbst angekündigte EU-Chemikalienstrategie. Bis Ende Juni will der Ausschuss eine Resolution mit Forderungen an die Strategie verabschieden und dem Plenum vorlegen. So fordern die Berichterstatter unter anderem eine Überarbeitung der Gesetze zu Lebensmittelkontaktmaterialien, einen Aktionsplan zu per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) und Regelungen zu endokrinen Disruptoren. Der Kommissionsvertreter versicherte, dass die Forderungen mit den Plänen der Kommission „sehr zusammenpassen“ und bezeichnete die Strategie als „game changer“ und umfassendes strategisches Dokument, mit dem die EU eine klare Vision für den Umgang mit Chemikalien vorlegen wird. Bis zum 20. Juni können Interessierte diese Pläne noch im Rahmen einer Konsultation kommentieren.

ECHA-Ausschüsse positionieren sich zu Mikroplastik-Verbot

Das bereits Anfang des vergangenen Jahres von der ECHA angekündigte Verbot von Mikroplastik in der EU ist indes einen Schritt weiter. Der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) der ECHA bewertete den Vorschlag als „geeignet, um den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt zu verringern“ und stimmte den Plänen im Großen und Ganzen zu. In Bezug auf Ausnahmen für bio-abbaubare Kunststoffe forderten die Ausschussmitglieder jedoch klarere Beweise dafür, dass die Partikel sich in der Umwelt zersetzen. Füllmaterialien von Kunstrasenplätzen, die Mikroplastik freisetzen, sollten zudem nach einer Übergangszeit von sechs Jahren verboten werden, so der RAC. Der Vorschlag der ECHA sieht statt eines Verbots Maßnahmen zur Risikoreduzierung vor.

Auch der Ausschuss für Sozioökonomische Analyse (SEAC) der ECHA formulierte seinen Standpunkt zum Verbotsvorschlag, der bald zur Kommentierung offen steht. Die Mitglieder bewerteten ein weitreichendes Verbot als positiv und wiesen darauf hin, dass schnelles Handeln gegen die unumkehrbare Verschmutzung der Umwelt durch Mikroplastik der Gesellschaft insgesamt nutze.

Die ECHA rechnet damit, dass die konsolidierten Standpunkte der Ausschüsse bis Ende des Jahres vorliegen. Eine Entscheidung über das Verbot von Mikroplastik werden Vertreter*innen der Mitgliedstaaten fällen. [km]

Bericht von ChemicalWatch zu Chromtrioxid (kostenpflichtig)

Resolution des Umweltausschusses zu Chromtrioxid

Videoaufnahme der Debatte im ENVI zur Chemikalienstrategie

Konsultation zur Chemikalienstrategie (bis 20.06.)

Pressemitteilung der ECHA zu Mikroplastik

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