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Unterschiedliche Auffassungen von 'resilienter Landwirtschaft'
EU-News | 09.04.2020
#Landwirtschaft und Gentechnik #Biodiversität und Naturschutz

Unterschiedliche Auffassungen von 'resilienter Landwirtschaft'

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c. Pixabay

Die Coronakrise bringt den Zeitplan für die Reform der EU-Agrarpolitik (GAP) durcheinander. Diskussionen entstehen auch darüber, wie es mit der Strategie für nachhaltige Lebensmittel weitergehen soll. Mit einem Maßnahmenpaket will die EU landwirtschaftlichen Betrieben Soforthilfe leisten.

GAP-Reform und Übergangsverordnung

Wie der Berichterstatter des EU-Parlaments Peter Jahr (EVP) vergangene Woche mitteilte, werden die Abgeordneten frühestens im Oktober über einen Vorschlag zur Neuausrichtung der GAP abstimmen. Bisher hatte Jahr das Ziel verfolgt, noch vor der Sommerpause eine Position des Parlaments zu erhalten. Auf technischer Ebene würden die Arbeiten weiterhin fortgesetzt. Neuen Input werden die Verhandlungen sicherlich auch durch einen neuen Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen erhalten, den die EU-Kommission Ende April vorstellen will (siehe EU-News vom 09.04.).

Ein Fortschritt kann zumindest für die Verhandlungen zur Übergangsverordnung vermeldet werden, die im Angesicht einer weiteren Verzögerung der GAP-Reform immer wichtiger wird. Anfang der Woche erteilten Vertreter*innen der Mitgliedstaaten im Sonderausschuss für Landwirtschaft (SCA) ein Mandat für Verhandlungen mit Vertreter*innen des EU-Parlaments. Der Agrarausschuss des Parlaments wird voraussichtlich Ende April über seine Position zur Übergangsregelung abstimmen, sodass es Mitte Mai zu einer Abstimmung im Plenum kommen könnte. Die anschließenden Verhandlungen mit Vertreter*innen der Mitgliedstaaten sollen nach Plan der kroatischen Präsidentschaft bis zum Ende ihrer Amtszeit, also bis Ende Juni, abgeschlossen sein. Noch ist nicht klar, ob die Übergangsregeln, die ab Januar 2021 dafür sorgen, dass trotz fehlender GAP-Regelungen EU-Gelder ausgezahlt werden können, für ein oder zwei Jahre gelten werden. Weitere Infos zur Debatte um die Übergangsverordnung finden Sie im GAP-Ticker des Nabu.

Farm to Fork-Strategie

Bereits Mitte März hatte die EU-Kommission angekündigt, die Veröffentlichung ihrer Strategie für nachhaltige Lebensmittel („Farm to Fork“, F2F) auf Ende April zu verschieben. Nun forderten die Agrarlobby und die Europäische Volkspartei, die Arbeit an der Strategie und insgesamt am Green Deal auszusetzen und zunächst wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der geplanten Maßnahmen zu überprüfen. Dies sei angesichts der derzeitigen Lage geboten, um die sichere Versorgung mit Lebensmitteln in der EU nicht zu gefährden. Der europäische Dachverband der Agrarindustrie Copa-Cogeca warnte insbesondere vor den zur Diskussion stehenden Zielen, die zu einem verringerten Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und Arzneimitteln führen sollen.

Umweltverbände wie das Pestizid Aktionsnetzwerk Europe (Pan Europe) widersprachen der Darstellung und wiesen darauf hin, dass es gerade jetzt wichtig sei, eine klare Vision für die Lebensmittelproduktion der nächsten Jahre zu schaffen, die für Stabilität und Sicherheit sorge. So erklärte Henritte Christensen von Pan Europe gegenüber Euractiv: „Ich finde es ziemlich merkwürdig, dass die COPA die Europaabgeordneten auffordert, eine schnelle Entscheidung über den Reformvorschlag der GAP zu treffen, aber um eine Verzögerung bei der Veröffentlichung der F2F- und der Biodiversitätsstrategie bittet.“ Die vom Verband geforderte Folgenabschätzung würde zudem mindestens ein Jahr dauern, so Christensen. Auch Harriet Bradley, Referentin für EU-Agrarpolitik bei Birdlife Europe, wies die Argumentation der Agrarverbände als „blanken Opportunismus, völlig unlogisch und schlichtweg falsch“ zurück. Ernährungssicherheit könne nicht als Grund genutzt werden, um die Entwicklung eines ökologisch nachhaltigen Ernährungssystems zu verhindern, erklärte sie gegenüber dem Nachrichtendienst EndsEurope.

Auch eine Reihe von Abgeordneten des EU-Parlaments aus verschiedenen Fraktionen wandte sich an die EU-Kommission und bestärkte sie darin, die Arbeit am Green Deal fortzusetzen.

Soforthilfe für die Landwirtschaft

Um die aktuelle Situation für Landwirt*innen in der EU zu erleichtern, kündigte die EU-Kommission vergangene Woche eine Reihe von Soforthilfe-Maßnahmen im Rahmen der Coronavirus response investment initiative plus (CRII+) an. Darin enthalten sind eine flexiblere Anwendung des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, die Sonderkredite ohne das Nachweisen neuer Investitionen für Betriebe beinhaltet. Auch flexiblere Haushaltsregeln und verlängerte Fristen für die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums sollen Druck von den Betrieben nehmen. Weitere Maßnahmen sehen vor, Vorauszahlungen für Direktzahlungen zu erhöhen und weniger Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen. Das Europäische Umweltbüro, BirdLife Europe und weitere Organisationen hatten die EU-Kommission vergangene Woche aufgefordert, Landwirt*innen inhaltlich sinnvolle Unterstützungsmaßnahmen zukommen zu lassen und nicht einfach Umweltauflagen abzuschwächen, ohne zu wissen, ob dies die Sicherheit der Nahrungsmittelproduktion verbessere. [km]

Mitteilung von Peter Jahr zur Verzögerung der GAP-Reform

Euractiv zu GAP-Überbrückung

Ends Europe über die Forderungen von Copa-Cogeca (kostenpflichtig)

Euractiv zur Verzögerung der Farm-to-Fork-Strategie

Nabu GAP-Ticker zum Streit um die Farm-to-Fork-Strategie und den Green Deal

Ankündigung EU-Kommission zu Soforthilfe-Maßnahmen in der Landwirtschaft

Nabu Gap-Ticker zur Übergangsverordnung

Brief der Umwelt-NGOs an die EU-Kommission

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