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Wissenschaft: EU-Agrarpolitik muss aufhören, Biodiversität zu zerstören
EU-News | 09.03.2020
#Landwirtschaft und Gentechnik #Biodiversität und Naturschutz

Wissenschaft: EU-Agrarpolitik muss aufhören, Biodiversität zu zerstören

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Über 3.600 WissenschaftlerInnen aus 63 Ländern haben drastische Verbesserungen am Reformvorschlag der EU-Kommission für die Gemeinsame Agrarpolitik gefordert. Die politische Entscheidungsebene müsse endlich auf die Wissenschaft hören. Lösungsvorschläge liefern die ForscherInnen ebenfalls: Einen Zehn-Schritte-Plan für langfristige Ernährungssicherheit, die Bewahrung der biologischen Vielfalt und den Klimaschutz.

BirdLife fasst die Inhalte des Positionspapiers so zusammen: Die derzeitige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) schädige die biologische Vielfalt und das Klima. Bei den sozioökonomischen Herausforderungen für den ländlichen Raum habe sie versagt. Auch die Finanzierung sei problematisch: Die Ausgaben würden ungerecht verteilt und finanzierten Praktiken, die zu einem weit verbreiteten Verlust der biologischen Vielfalt, dem Klimawandel sowie der Bodendegradation führen. Damit finanzierten die SteuerzahlerInnen in der EU letztlich die Zerstörung der Natur.

Die WissenschaftlerInnen bewerten die Umweltanforderungen der aktuellen Reformvorschläge als "ohnehin schon ungenügend" und fürchten, dass diese nun noch weiter eingeschränkt werden könnten. Dies zeigten Änderungsanträge des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des EU-Parlaments sowie des Rates der EU für eine Reduzierung oder Aufhebung für eine Reihe von Umweltauflagen. „Die EU macht sich wenig glaubwürdig, wenn sie erklärt, dass die nächste GAP besser für die Umwelt und für die ländlichen Gebiete sein wird und gleichzeitig das Budget dafür kürzen will“, sagte der Erstautor des Positionspapieres Dr. Guy Pe’er, Ökologe am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und am Umweltforschungszentrum (UFZ).

Die AutorInnen haben in ihrem Positionspapier zehn politische Maßnahmen für eine neue GAP vorgelegt. Diese beinhalten unter anderem ausreichende Mittel für einen effektiven Schutz von Klima und biologischer Vielfalt, eine effektive Erfolgsmessung dieser Maßnahmen sowie eine transparentere EU-Agrarpolitik, die alle Interessengruppen gleichermaßen beteiligt. Vorrangig sei jedoch, die Direktzahlungen an LandwirtInnen in Zahlungen zugunsten öffentlicher Güter und gesellschaftlicher Erwartungen umzuwandeln. Bisher trügen die Direktzahlungen in der Hauptsache dazu bei, die Einkommen der LandwirtInnen zu fördern, was aber kaum die Erreichung von Umweltzielen fördere. "Sinnvoller wäre beispielsweise die Erhaltung und Wiederherstellung kleinteiliger Landschaftsstrukturen mit Elementen wie Blühstreifen, Hecken und Grünland. Davon profitieren viele Vögel, Insekten und Säugetiere, die auch der Landwirtschaft zugutekommen", heißt es im Papier.

21 WissenschaftlerInnen aus Ökologie, Ökonomie und Agrarwissenschaften hatten das Positionspapier verfasst und im Herbst vergangenen Jahres als Petition ins Internet gestellt. Über 3.600 WissenschaftlerInnen aus allen 27 EU- und 36 weiteren Staaten haben seitdem die Petition unterschrieben.
 
Die Erklärung der WissenschaftlerInnen kommt aus Sicht von BirdLife zu einem entscheidenden Zeitpunkt, weil aktuell die nächste Phase der GAP-Finanzierung (2021-2027) ausgehandelt wird. Es geht um die Höhe der Agrarsubventionen und die Bedingungen für Zahlungen. In ihrer jetzigen Form laufe die GAP Gefahr, den Europäischen Grünen Deal zu untergraben, kritisiert der Umweltverband.

Der BUND unterstützte den "Weckruf aus der Wissenschaft" und forderte, die "Gießkannen-Politik bei der Verteilung der Agrar-Milliarden" zu beenden. Die etwa 58 Milliarden Euro aus Brüssel müssten in die bäuerliche Landwirtschaft fließen und deren Leistungen für das Tierwohl, den Naturschutz sowie den Gewässer- und Klimaschutz honorieren. Die EU müsse "ein verbindliches Mindestbudget von anfangs 30 Prozent für die sogenannten Eco-Schemes" vorschreiben. Darüber hinaus müssten auch die Marktregeln geändert werden, damit LandwirtInnen faire Preise für ihre Produkte bekommen.

Der NABU beziffert die notwendige Finanzierung von Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen in der EU-Agrarpolitik mit etwa 15 Milliarden Euro pro Jahr, was etwa einem Viertel des EU-Agrarhaushalts entspreche. Die geforderte Umschichtung der Agrarsubventionen müsse mit einem grundsätzlichen Umbau der gegenwärtigen Agrarförderung einhergehen. [jg]

Positionspapier https://doi.org/10.1002/pan3.10080 und Unterschriftenliste

Pressemitteilung Birdlife-EU

Pressemitteilung vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig

Reaktion BUND

Reaktion NABU

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