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Europas Natur krankt an mangelnder Vernetzung
EU-News | 15.09.2020
#Biodiversität und Naturschutz

Europas Natur krankt an mangelnder Vernetzung

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c. pixabay

Trotz ehrgeiziger Erhaltungsbemühungen verfügt Europa über den niedrigsten Vernetzungsgrad aller Kontinente - das ist das Ergebnis einer neuen Studie zur Konnektivität von Naturschutzgebieten, an der unter anderem die Gemeinsame Forschungsstelle der EU (JRC) beteiligt war. Weltweit seien nur 10 Prozent aller geschützten Flächen miteinander verbunden. Ohne diese Konnektivität drohen die Bestände allerdings in ihrer Isolation zu "ersticken".

Die Autor*innen verwendeten Daten zum menschlichen Fußabdruck, eine feinteilige Karte, die landwirtschaftliche Flächen, Straßen, Eisenbahnen, Bevölkerungsdichte, bebaute Umgebungen, nächtliche Beleuchtung und schiffbare Wasserstraßen zeigt. Danach analysierten sie anhand zweier Kriterien den Erfolg von Erhaltungsmaßnahmen. Sie prüften, ob Schutzgebiete mehr als 17 Prozent eines bestimmten Gebiets – den im UN-Biodiversitätsabkommen festgelegten Schwellenwert – abdeckten oder nicht, und bewerteten, ob die geschätzte Konnektivität 50 Prozent überstieg.

Ergebnis: Nicht mehr als neun Länder und Gebiete erfüllten beide Kriterien. Dies sind: Grönland, Spitzbergen & Jan Mayen, Französisch-Guayana, Brunei, Peru, Brasilien, die Bahamas, São Tomé und Príncipe sowie Martinique. Am besten sei die Konnektivität in Ozeanien (16,7 Prozent), gefolgt von Nord- und Südamerika (14,8 Prozent), während Asien mit 3,3 Prozent, Afrika (0,4 Prozent) und Europa (0,3 Prozent) weit abgeschlagen sind. In Europa sind die Naturschutzflächen in Schweden und Finnland am besten vernetzt, obwohl diese Leistung angesichts der allgemein schlechten Konnektivität des Kontinents betrachtet werden müsse.

Die im Mai vorgeschlagene neue EU-Biodiversitätsstrategie (EU-News 20.05.2020) setzt als Ziel, bis 2030 sowohl zu Lande als auch zu Wasser 30 Prozent der Flächen zu schützen und will im Zuge dessen auch die Integration ökologischer Korridore voranbringen. Doch noch ist nichts entschieden, bisher ist es nur ein Vorschlag der EU-Kommission.

Weitere Schritte

Grundsätzlich äußerten sich die Umweltminister*innen der Mitgliedstaaten bei der (informellen) Videokonferenz am 23. Juni positiv zum Kommissionsvorschlag, Ende September/Anfang Oktober findet ein informeller Umweltrat statt. Die Grüne Woche in Brüssel (20.-22. Oktober) zum Thema Biodiversität dürfte ein weiterer Baustein auf dem Weg zu tieferen Debatten sein, zumal die Europäische Umweltagentur zu diesem Anlass ihren Umweltzustandsbericht veröffentlichen will. Am 23. Oktober sollen die Umweltminister*innen ihre Schlussfolgerungen beschließen. Interessant dürften dabei besonders die auf Landwirtschaft bezogenen Ziele der Biodiversitätsstrategie sein, denn diese stehen auch in der Farm-to-Fork-Strategie (EU-News vom 20.05.2020), für die wiederum der Landwirtschaftsrat zuständig ist. Gegebenenfalls werden die Staats- und Regierungschef*innen im Dezember den generellen Anspruch der Biodiversitätsstrategie offiziell befürworten.

Das EU-Parlament will zusätzlich seinen eigenen Initiativbericht zur EU-Biodiversitätsstrategie annehmen, was in einzelnen Punkten noch zur Schärfung der Vorschläge der EU-Kommission führen kann, aber nicht muss. Denn neben dem federführenden Umweltausschuss ENVI wird auch der Agrarausschuss AGRI beteiligt sein. Berichterstatter ist der spanische Sozialdemokrat Cesar Luena, er sollte ursprünglich am 17. September seinen Bericht vorlegen; dieser Punkt scheint jedoch von der Tagesordnung gestrichen worden zu sein. Eine Abstimmung im ENVI könnte Ende November oder Anfang Dezember stattfinden. [jg]

Pressemitteilung JRC: Isolation of protected areas a major blind spot in habitat conservation

Berichterstatter

César Luena (S&D, Spanien)

und Schattenberichterstatter*innen

Alexander Bernhuber (EVP, Österreich)
María Soraya Rodríquez Ramos (Renew, Spanien)
Marco Dreosto (ID, Italien)
Ville Niinistö (Grüne, Finnland)
Alexandr Vondra (EKR, Tschechien)
Nikolaj Villumsen (Linke, Dänemark)

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