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Covid-Aufbauhilfen: EU-Abgeordnete halten an fossilen Energien fest
EU-News | 11.11.2020
#Klima und Energie #EU-Umweltpolitik #Biodiversität und Naturschutz

Covid-Aufbauhilfen: EU-Abgeordnete halten an fossilen Energien fest

Die Ausschüsse für Haushalt und Wirtschaft im EU-Parlament haben sich am Montag zu Umfang und Inhalten der Aufbau- und Resilienzfazilität positioniert. Dass fossiles Gas nicht explizit von der Förderung ausgenommen ist, kritisieren Klimaschützer*innen.

Der sperrige Name „Aufbau- und Resilienzfazilität“ (Recovery and Resilience Facility, RRF) bezeichnet das Instrument, welches die EU-Staaten im Kampf gegen die Auswirkungen und Folgen der Corona-Pandemie unterstützen soll. Es ist der wichtigste Bestandteil des Aufbauprogramms „Next Generation EU“, welches 750 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen umfassen soll.

Der Haushaltsausschuss (BUDG) sowie der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) als federführende Ausschüsse nahmen am Montag ihren gemeinsamen Bericht zur RRF an. Nach dem Willen der Abgeordneten sollen insgesamt 672,5 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und Darlehen den EU-Mitgliedstaaten für vier Jahre zur Verfügung stehen. Die Mittel sollen allerdings nur an jene Mitgliedstaaten ausgeschüttet werden, welche die Rechtsstaatlichkeit wahren.

40 Prozent der Finanzmittel sollen in Schutzmaßnahmen für Klima und Biodiversität fließen, 20 Prozent in die Digitalisierung. Klimaschutzorganisationen zufolge gibt es keinen expliziten Ausschluss fossiler Energien von der RRF. Das öffne der Gaslobby Tür und Tor, um klimaschädliches fossiles Gas ungebremst zu fördern. Dementsprechend enttäuscht reagierten das Climate Action Network (CAN) Europe, der WWF, Greenpeace und auch der NABU auf den Bericht der federführenden Ausschüsse.

Das EU-Parlament zeige keine einheitliche Linie bei seinen Entscheidungen in Sachen Klimaschutz. Erst im Oktober votierte das Plenum des Parlaments für ein höheres Klimaziel 2030 von mindestens 60 Prozent (EU-Umweltnews vom 08.10.2020). Und der meinungsgebende Umweltausschuss (ENVI) stimmte für den vollständigen Ausschluss fossiler Energien von der RRF (EU-Umweltnews vom 13.10.2020). Die Entscheidung von Montag passe mit diesen Vorstößen nicht zusammen.

Immerhin solle das 40-Prozent-Ausgabenziel an die Kriterien der EU-Taxonomie, das Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten, gekoppelt werden. Zurzeit erarbeitet die EU-Kommission diese Kriterien. Ein Leak des Entwurfs legt anscheinend nahe, dass Brüssel einen so strengen CO2-Grenzwert für Gaskraftwerke anpeile, dass fossiles Gas faktisch von der Förderung ausgeschlossen werde. Ebenso dürfen Aktivitäten nicht finanziell gefördert werden, wenn sie dem „Do-no-significant-harm“-Prinzip (Schadenvermeidungsprinzip) widersprechen. So berichtet es das Online-Nachrichtenportal Euractiv (EU-News vom 12.11.2020).

Auch beim Umweltschutz bleibt die Position beider Ausschüsse hinter den Erwartungen zurück. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger monierte: „Zwar sollen nach dem Willen der Parlamentarier immerhin 40 Prozent des Investitionspakets in die Bereiche Klima- und Umweltschutz gehen. Es fehlen jedoch weiterhin klare Vorgaben für Investitionen in die Renaturierung von Ökosystemen.“ Es den EU-Regierungen zu überlassen, ob sie EU-Fördergelder für den Schutz oder die Wiederherstellung von Mooren, Flüssen, Wäldern und Meeresgebieten ausgeben – oder eben nicht, sei „eine fahrlässig verpasste Chance“.

Wird die Plenarabstimmung übersprungen?

Die Ausschussmitglieder nahmen außerdem ein Mandat zur sofortigen Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat an. Sie wollen, dass das Mandat während der noch bis Freitag laufenden Plenarsitzung erteilt wird. Auf diese Weise würden BUDG und ECON eine Plenarabstimmung umgehen und direkt in die informellen Verhandlungen mit dem Ministerrat und der Kommission einsteigen. Der WWF vermutet, dass progressivere Stimmen im Parlament keine Möglichkeit erhalten sollen, den Bericht an entscheidenden Stellen zu ändern.

Ob das Mandat durchgeht, entscheidet sich spätestens am Freitag. [aw]

EU-Parlament: COVID-19: Grünes Licht für Verhandlungen über Aufbau- und Resilienzfazilität 

CAN Europe: MEPs fail to exclude fossil gas from the EU recovery fund 

Greenpeace EU: Gas prepares to cash in as MEPs back €672.5 billion coronavirus recovery fund 

NABU zum EU-Wiederaufbauprogramm: Klima- und Naturschutz auf halbem Weg stehen geblieben 

WWF EU: MEPs fail to endorse fossil-free recovery but agree damage control   

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