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Europäische Handelspolitik: Beschwerde gegen Mercosur-Deal und Neustart?
EU-News | 18.06.2020
#Wirtschaft

Europäische Handelspolitik: Beschwerde gegen Mercosur-Deal und Neustart?

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c. Pixabay

Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen haben in dieser Woche Beschwerde gegen das EU-Mercosur-Handelsabkommen eingelegt. Begründung: Die EU habe die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Abkommens nicht berücksichtigt. Die EU-Kommission will derweil ihre Handelspolitik erneuern.

Beschwerde gegen Mercosur-Abkommen

Die EU-Kommission habe während der Verhandlungen nicht über genügend Informationen verfügt, um die möglichen Auswirkungen des Vertrages für den Amazonas-Regenwald, die Rechte der indigenen Bevölkerung oder den Einsatz gefährlicher Pestizide angemessen zu berücksichtigen, so die Organisationen. Erst vier Monate nach Abschluss der Verhandlungen habe die Kommission einen Entwurf einer Folgenabschätzung veröffentlicht – viel zu spät, so die Umweltrechtsorganisation ClientEarth. Der Bericht habe so weder eine Rolle in den Verhandlungen spielen können, noch sei es zivilgesellschaftlichen Organisationen möglich gewesen, Input einzubringen. Auch inhaltlich sei der Bericht zu schwach, intransparent und wenig solide.

„Handelsabkommen sollten nur dann abgeschlossen werden, wenn sie sich positiv auswirken und, was am wichtigsten ist, keine negativen ökologischen und sozialen Folgen haben,“ erklärte Amandine Van Den Berghe, Anwältin für Handel und Umwelt bei ClientEarth. Diese Grundsätze habe die EU-Kommission beim Abkommen mit den Mercosur-Staaten nicht berücksichtigt und habe damit die Augen vor den Auswirkungen des Handels auf die brasilianischen Regenwälder und die Rechte indigener Völker verschlossen.

Die Beschwerde wurde bei der Europäischen Bürgerbeauftragten Emily O‘Reilly eingereicht. Neben ClientEarth gehören die Organisationen Fern, Veblen Institute, La Fondation Nicolas Hulot pour la Nature et l'Homme und die International Federation for Human Rights zu den Beschwerdeführern.

Die EU und die Mercosur-Staaten hatten sich 2019 nach 20 Jahren Verhandlungen auf ein umfassendes Abkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Zu dem Wirtschaftsblock gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Das Handelsabkommen bedarf noch der Zustimmung des EU-Parlaments, der nationalen Parlamente und der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, bevor es in Kraft treten kann. Noch ist nicht klar, ob alle Parlamente dem Abkommen zustimmen werden. Die deutsche Regierung strebt an, im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft eine Einigung im Rat zu erzielen.

EU-Kommission sammelt Input für neue Handelspolitik

Schon häufig wurde die EU für ihre intransparente und umweltschädliche Handelspolitik aus der Zivilgesellschaft kritisiert. Handelskommissar Phil Hogan kündigte in dieser Woche nun „eine umfassende Überprüfung“ der europäischen Handelspolitik an. Jedoch aus einem anderen Grund: Im Hinblick auf „neue globale Herausforderungen“ und die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie sei es wichtig, dass die „Handelssupermacht“ EU ihre Handelspolitik an die neue Situation der Weltwirtschaft anpasse und „ihren weltweiten Führungsanspruch in einer Reihe von Bereichen“ sicherstelle. In einer öffentlichen Konsultation sind das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten, Interessenträger und die Zivilgesellschaft aufgerufen, ihren Input für „eine neue mittelfristige Ausrichtung der EU-Handelspolitik“ einzureichen.

Die Grünen-Abgeordnete und Handelspolitikerin Anna Cavazzini begrüßte die Ankündigung des Handelskommissars: Es gebe sehr viel zu sagen und zu ändern, erklärte sie auf Twitter. Besonders wichtig seien die Vereinbarkeit der Handelspolitik mit dem Ziel der Klimaneutralität, faire und nachhaltige Lieferketten sowie das Ende von Sonderklagerechten für Investoren.

Ende des Jahres will die EU-Kommission eine Mitteilung mit den Ergebnissen der Konsultation veröffentlichen, die sechs verschiedene Schwerpunkte beinhaltet. Einer der Schwerpunkte lautet „Maximierung des Beitrags der Handelspolitik zur Bewältigung wichtiger globaler Herausforderungen wie Klimawandel, nachhaltige Entwicklung oder digitaler Wandel.“

Der Fahrplan kann bis zum 14. Juli kommentiert werden. Bis Mitte September können Interessierte eine schriftliche Stellungnahme übermitteln. [km]

Pressemitteilung von ClientEarth

Pressemitteilung der EU-Kommission

Videoaufzeichnung der Veranstaltung "Handelskommissar Hogan gibt Startschuss für Überarbeitung der Europäischen Handelspolitik" (Youtube-Video, englisch)

Konsultation zur Handelspolitik (bis 15.09. kommentierbar)

Fahrplan zur Handelspolitik (bis 14.07. kommentierbar)

Tweets von Anna Cavazzini

Zum Thema:

Webinar von PowerShift: Zukunft der Handelspolitik nach Corona, 18.06.2020, 18.00 Uhr

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