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Drei Leaks zum zweiten Teil des Fit-for-55-Klimapakets
EU-News | 25.11.2021
#Klima und Energie

Drei Leaks zum zweiten Teil des Fit-for-55-Klimapakets

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c. Pixabay

Diese Woche sind Kommissionsentwürfe zu Regelungen des Gasmarkts, zur EU-Kohlenstoffstrategie und zur Reduktion von Methanemissionen an die Öffentlichkeit gedrungen. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis fordert indes, die energetische Gebäudesanierung in der EU anzuschieben.

Voraussichtlich am 14. Dezember will die EU-Kommission den zweiten Teil ihres sogenannten Fit-for-55-Klimapakets offiziell vorstellen (EU-News vom 09.09.2021). Teil 1 hatte die Kommission im Juli dieses Jahres veröffentlicht. Dieser umfasst bereits zahlreiche Vorschläge für neue EU-Vorschriften und für die Überarbeitung bestehender Richtlinien und Verordnungen (EU-News vom 15. Juli 2021). Ziel ist es, die EU-Klima-, Energie- und Verkehrspolitik an das neue, höhere Klimaziel 2030 anzupassen. Statt 40 Prozent sollen bis 2030 EU-weit mindestens 55 Prozent Treibhausgasemissionen eingespart werden. Das Fit-for-55-Paket gehört zum European Green Deal.

Gasmarkt mit Aussichten auf Wasserstoff und Methan

Was die Neugestaltung des europäischen Gasmarktes betrifft, berichtete das Nachrichtenportal Euractiv am Dienstag von Entwürfen der Gasmarktrichtlinie, die EU-weite Regeln für Gas im Binnenmarkt festlegt, und der Verordnung über den Zugang zu Gasinfrastrukturen. Beide Vorschriften sollen an das langfristige Ziel der Treibhausgasneutralität 2050 des Green Deal angepasst werden. Das bedeutet, der Gasmarkt solle von fossilem Gas zu emissionsarmen und erneuerbaren Alternativen gelenkt werden. Die Kommission nennt in diesem Zusammenhang Biomethan, synthetisches Methan und Wasserstoff.

Zudem wolle die Kommission laut Euractiv den privaten Verbraucher*innen mehr Rechte einräumen, darunter die Möglichkeit, zwischen mindestens zwei Versorgern zu wählen, wobei gleichzeitig getrennte Verträge für Erdgas oder Wasserstoff abgeschlossen werden können. Erstmals sollen die Verbraucher*innen dazu ermutigt werden, sich in „Bürgerenergiegenossenschaften für Erdgas“ zusammenzuschließen. Dies solle es ihnen ermöglichen, „Verteilungsnetze zu kaufen oder zu pachten und sie dank intelligenter Messsysteme selbst zu verwalten“, heißt es im Leak.

Kohlenstoffkreisläufe mit CO2-Abscheidung?

Ein zweites geleaktes Dokument betrifft die EU-Strategie für „nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe“. Euractiv zufolge schlägt die EU-Kommission darin vor, „Lösungen zur Kohlenstoffentfernung, die CO2 aus der Atmosphäre abscheiden und langfristig speichern, zu optimieren“.

Dies könne „entweder in Ökosystemen durch naturbasierte Lösungen oder in anderen Speicherformen durch industrielle Lösungen“ wie die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung geschehen, zitiert Euractiv aus dem durchgesickerten Papier.

Auch diese Strategie wird für den 14. Dezember erwartet.

Mit Berichterstattung und unverbindlichem Reduktionsziel zu weniger Methanemissionen

Ein dritter Entwurf bezieht sich auf eine geplante Verordnung zur Reduktion von Methanemissionen, wie Euractiv am Donnerstag berichtete. Das Ziel sei ein Drittel weniger Methanemissionen im Jahr 2030 im Vergleich zum Niveau von 2020. Im Fokus steht der fossile Energiesektor, wo Methanemissionen bei der Öl- und Gasexploration und -förderung, dem Transport und der Verteilung entstehen. Auch Kohlebergwerke, unabhängig davon, ob sie bereits geschlossen oder noch in Betrieb sind, zählt die EU-Kommission offenbar dazu.

Das routinemäßige Abfackeln und Ablassen, wodurch CO2 und Methan freigesetzt werden, will die Kommission verbieten. Außerdem sollen die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Methanemissionen zu überwachen und dafür zu sorgen, dass undichte Stellen in der Infrastruktur, wie Gaspipelines oder Speicheranlagen, repariert werden.

Mindestens zweimal im Jahr sollen, zumindest nach dem Willen der Kommission, die Betreiber von fossiler Energieinfrastruktur Untersuchungen zur Erkennung und Reparatur von Lecks durchführen. Alle Komponenten, bei denen ein Methanausstoß über einem bestimmten Schwellenwert festgestellt wird, müssen repariert oder ausgetauscht werden.

Allerdings gibt es laut Euractiv im Entwurf keine verbindlichen Methanreduktionsziele für Gasunternehmen oder die Mitgliedstaaten. Ob freiwillige Verpflichtungen ausreichten, sei fraglich.

Methan ist wie Kohlendioxid ein Treibhausgas, jedoch mit einer viel stärkeren Wirkung als CO2. Um gegen die globale Erderhitzung vorzugehen und das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, müssen die durch den Menschen verursachten Methanemissionen erheblich verringert werden, argumentiert etwa das International Panel on Climate Change (IPCC). Neben dem Energiebereich entsteht Methangas insbesondere in der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft. Zu diesen zwei Bereichen steht im geleakten Dokument offenbar nichts.

Ruf nach der Renovierungswelle für den Gebäudesektor

Die Koalition „Right to Energy“ (Recht auf Energie), in der sich Umweltorganisationen, Gewerkschaften und Gruppen für soziale Gerechtigkeit aus ganz Europa zusammengeschlossen haben, hat die EU-Kommission in einem Brief aufgefordert, wirksame Maßnahmen gegen die Energiearmut in der EU zu ergreifen und das Klima zu schützen.

Die anstehende Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie ist aus Sicht des Bündnisses eine wichtige Gelegenheit, die eingegangenen Verpflichtungen umzusetzen. Studien zeigten, dass tiefgreifende Renovierungen die Energierechnungen von Haushalten um mehr als 400 Euro pro Jahr senken können. Und nicht nur die Menschen in der EU würden davon profitieren: energieeffizienter Wohnraum werde die Treibhausgasemissionen senken, da etwa der Heizbedarf erheblich sinken würde.

Was genau unter dem Begriff „tiefgreifende Renovierung“ zu verstehen ist, beleuchtet das Buildings Performance Institute Europe (BPIE) in einem aktuellen Bericht. Denn noch fehle eine rechtsverbindliche und eindeutige Definition auf EU-Ebene. Darüber hinaus sei es wichtig, das Konzept der tiefgreifenden Renovierung zum Standard in allen politischen Entscheidungsprozessen und in der Praxis zu machen, so das BPIE.

Der Vorschlag für eine überarbeitete Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie soll ebenfalls am 14. Dezember vorgestellt werden.

Euractiv: LEAK: EU gas market overhaul puts consumers, hydrogen at the centre 

Euractiv: LEAK: EU strategy seeks to remove carbon from atmosphere 

Euractiv: LEAK: Draft EU law cracks down on methane leaks from fossil fuels 

FoEE: Making Waves: 45 organisations urge EU to deliver on energy poverty commitments 

BPIE: Deep Renovation: Shifting from exception to standard practice in EU Policy 

Redakteurin: Ann Wehmeyer

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