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Klima und Energie kompakt vom 08.07.2021
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Klima und Energie kompakt vom 08.07.2021

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c. Ralf Vetterle | Pixabay

Ausblick auf „Fit for 55 Teil 1“

Am kommenden Mittwoch wird die EU-Kommission aller Voraussicht nach den ersten Teil ihres Fit-for-55-Pakets vorstellen. Ziel ist es, Vorschriften im EU-Klima- und Energiebereich an das höhere Klimaziel 2030 (statt 40 mindestens 55 Prozent weniger (Netto-)Treibhausgasemissionen in der EU im Vergleich zu 1990) anzugleichen. Betroffen sind unter anderem die Richtlinie über das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS), die Energieeffizienz-Richtlinie, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED), die Lastenteilungsverordnung (ESR), die Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF), die Energiebesteuerungsrichtlinie, die Richtlinie zur Infrastruktur alternativer Kraftstoffe und CO2-Standards für neue Pkws und leichte Nutzfahrzeuge. Es werden zudem Vorschläge für einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) sowie für Kraftstoffe im Schiffs- (FuelEU Maritime) und Flugverkehr (ReFuelEU Aviation) erwartet. Auch der Vorschlag eines Klimaschutz-Sozialfonds zur Abfederung steigender Preise für Haushalte mit niedrigem Einkommen solle präsentiert werden. 

Im Herbst dieses Jahres wolle die Kommission Teil 2 des Pakets veröffentlichen, unter anderem mit Vorschlägen zur Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie, zur Industrieemissionsrichtlinie und zur Richtlinie für Verpackungen und Verpackungsabfälle.

Energiebesteuerungsrichtlinie: keine Ausnahme mehr für Kerosin

Die EU-Kommission erwägt anscheinend, eine Steuer auf Kerosin zu erheben. Ein Leak zu einem weiteren Bestandteil des Fit-for-55-Pakets betrifft die Neufassung der Richtlinie zur Energiebesteuerung in der EU. In dem Entwurf heißt es wohl, dass die derzeitige Befreiung von der Besteuerung „nicht kohärent mit den gegenwärtigen Klima-Herausforderungen und -Politiken“ sei, zitiert das Online-Nachrichtenmagazin Euractiv aus dem Entwurf. Die EU-Steuerregeln würden fossile Brennstoffe gegenüber grünen Energiequellen begünstigen und müssten angepasst werden.

Ab 2023 würde der Mindeststeuersatz für Flugkraftstoff bei Null beginnen und über einen Zeitraum von zehn Jahren schrittweise ansteigen, bis der volle Steuersatz eingeführt werde. Der Entwurf des Vorschlags enthalte keine Angaben über den endgültigen Steuersatz.

Nachhaltige Kraftstoffe, etwa Wasserstoff aus erneuerbaren Energien und fortschrittliche Biokraftstoffe, würden in diesem Zehn-Jahre-Zeitraum nicht besteuert, heißt es im Dokument weiter.

Unterdessen hatten vergangenen Freitag der Umweltverband Transport & Environment (T&E), die Airline Lufthansa, die Global Alliance Powerfuels, Pilotenvertreter*innen und andere Akteure aus der Luftfahrtindustrie und dem Energiesektor an die Kommission appelliert, ehrgeizige Ziele für E-Kerosin, einen mit Erneuerbaren hergestellten, synthetischen Treibstoff, zu setzen. Diese Forderung bezieht sich auf die geplante „ReFuelEU Aviation“-Initiative, die die Brüsseler Behörde am 14. Juli im Rahmen des Fit-for-55-Pakets vorstellen will.

Euractiv: LEAK: EU to propose aviation fuel tax in green policy push 

T&E: Set ambitious EU targets for synthetic jet fuel while preserving a level playing field for airlines, say T&E, Lufthansa, Global Alliance Powerfuels and industry 

Erneuerbare-Energien-Richtlinie: Waldzerstörung in Estland

Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU, die die Verwendung von Holzpellets zur Erreichung der Ziele für erneuerbare Energien erlaubt, treibt die Zerstörung von Wäldern in Estland voran, wie eine neue, von Greenpeace Niederlande in Auftrag gegebene Untersuchung ergab.

Der Bericht kam zum Ergebnis, dass Graanul Invest, Europas größter Pelletproduzent mit Hauptsitz in Estland, mit der Abholzung von Wäldern mit hohem Naturschutzwert, der Trockenlegung von Torfgebieten, der Rodung von Bäumen entlang von Wasserwegen und der Schädigung von Böden in Verbindung gebracht werde. Die in Estland produzierten Pellets würden verbrannt und offenbar auf die Ziele für erneuerbare Energien in der gesamten EU angerechnet, vor allem in Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Italien sowie in Großbritannien.

Greenpeace Europe: EU renewables rules destroying Estonia’s forests 

Energiecharta-Vertrag: Reformbemühungen wenig erfolgversprechend

Am Dienstag begann eine neue Verhandlungsrunde zur Reform des Energiecharta-Vertrags (ECT), der Mitte der 1990er-Jahre geschlossen wurde und Investitionen von Unternehmen vor staatlichen Interventionen schützen soll. Problematisch am ECT ist, dass er politische Realitäten – etwa die Ziele des Pariser Klimaabkommens oder des EU Green Deal – nicht abbildet und somit zu einer Gefahr für den internationalen Klimaschutz geworden ist. Denn Unternehmen, die in fossile Energien investieren, verklagen reihenweise Staaten, wenn diese zum Beispiel einen frühzeitigen Kohleausstieg verkünden.

Seit Monaten ringen die 54 Vertragsstaaten um eine Modernisierung des Vertrags. Doch auch die fünfte Verhandlungsrunde Anfang Juni brachte anscheinend keine Fortschritte, wie das Online-Nachrichtenmagazin Euractiv berichtete. Versuche der EU-Kommission, den Vertrag mit den internationalen Klimazielen in Einklang zu bringen, seien „laut zwei durchgesickerten diplomatischen Telegrammen“ bisher gescheitert:

„Nach zweistündigen Verhandlungen war klar, dass der EU-Vorschlag nicht genügend Unterstützung hat. Keine der größeren Vertragsparteien war bereit, den EU-Vorschlag in seiner jetzigen Form zu unterstützen.“, heißt es in einem Dokument.

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Wissenschaftler*innen fordern seit geraumer Zeit, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten dem Beispiel Italiens folgen und geschlossen aus dem Vertrag aussteigen sollen. In Brüssel protestierten Aktivist*innen am Dienstag – zu Beginn der sechsten Verhandlungsrunde – mit einem vier Meter langen Damoklesschwert, um die Bedrohung durch den Vertrag darzustellen, der den Klimaschutz ernsthaft behindere.

Am selben Tag forderten über 400 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter Friends of the Earth, CAN Europe, Greenpeace, WWF und Avaaz die EU und die Regierungen abermals auf, aus dem Vertrag auszusteigen, und zwar bis zum UN-Klimagipfel im November dieses Jahres.

Die sechste Verhandlungsrunde der ECT-Vertragsstaaten endet voraussichtlich am morgigen Freitag.

Euractiv: Leaked diplomatic cables show ‘limited progress’ in Energy Charter Treaty reform talks 

FoEE et al.: Giant Damocles sword shows threat of Energy Charter Treaty 

Civil Society Organisations’ Statement against the Energy Charter Treaty 

Eurobarometer-Umfrage: Klimawandel ist ernstes Problem

93 Prozent der Befragten halten den Klimawandel für ein ernstes, 78 Prozent für ein sehr ernstes Problem. 90 Prozent der Befragten unterstützen das Ziel, die Treibhausgasemissionen auf ein Minimum zu reduzieren und die verbleibenden Emissionen zu kompensieren, um in der EU bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. 87 Prozent der Befragten halten es für wichtig, dass sich die EU ehrgeizigere Ziele für erneuerbare Energien und für Energieeffizienz setzt.

Für diese Sonderumfrage zum Klimawandel wurden fast 27.000 EU-Bürger*innen aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten befragt. Die Umfrage wurde vom 15. März bis 14. April 2021 durchgeführt.

EU-Kommission: Eurobarometer-Umfrage: Europäerinnen und Europäer sehen den Klimawandel als das größte Problem für die Welt an 

Keine deutsch-kanadische Frackinggas-Connection erwünscht

22 deutsche und 18 kanadische zivilgesellschaftliche Organisationen haben am Montag Widerstand gegen den Bau von Flüssigerdgas-Terminals (liquified natural gas, LNG) in Kanada und Deutschland angekündigt. Die kanadische Firma GNL Quebec sowie das deutsche Betreiberkonsortium Hanseatic Energy Hub wollen nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zusammenarbeiten, um vom kanadischen Quebec Fracking-Flüssigerdgas über den Atlantik zum geplanten LNG-Terminal ins niedersächsische Stade zu transportieren. Nach Ansicht der Organisationen sind die Terminals ein „Klimakiller-Projekt“, das die Klimaziele beider Länder konterkariere.

DUH: Fracking-Erdgaspartnerschaft zwischen Stade und Quebec: Deutsche Umwelthilfe und 39 Umweltorganisationen aus Deutschland und Kanada kündigen Widerstand an 

Weitere Bank goes „weniger fossil“

Wie die Klimaschutzorganisation Bankwatch vergangenen Freitag berichtete, entschied die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (European Bank for Reconstruction and Development, EBRD), dass sie ihre finanzielle Unterstützung für fossile Industrien verringern werde.

Bankwatch begrüßte die Entscheidung, die Finanzierung der Exploration und Förderung von fossilem Öl und Gas einzustellen und eine Methodik zu entwickeln, um den CO2-Fußabdruck von Projekten zu bewerten.
Aber die Organisation mahnte, dass die Menschen in Ländern, in denen die EBRD tätig ist – von denen einige zu den verwundbarsten gegenüber den Folgen der Klimakrise gehören –, erfahren müssten, dass die Bank mit ihren Investitionsentscheidungen nicht länger Volkswirtschaften unterstützen werde, die von fossilen Brennstoffen abhängen.

Bankwatch: European development bank’s new fossil fuels pledge falls short of aligning with the Paris Agreement 

Über Klimaneutralität hinausdenken

In einem diese Woche veröffentlichten Papier empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), verbindliche nationale Langfriststrategien zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu einem Hauptthema der UN-Klimakonferenz COP 26 zu machen. Diese sollten über Klimaneutralität hinaus auf globale Klimastabilisierung ausgerichtet werden. Alle Vertragsstaaten sollten ihre Corona-Aufbauprogramme für den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft nutzen. Die COP 26 findet im November in Glasgow statt. Diese Woche sind erste Details zum Programm der zweiwöchigen Konferenz bekannt geworden.

WBGU Politikpapier: Über Klimaneutralität hinausdenken 

COP 26 Programm 

Redakteurin: Ann Wehmeyer

Juni-Ausgabe des DNR-Newsletters: Fit for 55 - das EU-Klimagesetz

Die EU wird voraussichtlich am 14. Juli ihr Klimagesetz präsentieren. Diesem Thema widmet sich der Schwerpunkt im aktuellen Newsletter. Ist Deutschland „Fit for 55“? Das hinterfragen unsere Autor*innen in Beiträgen über Kohleausstieg und Emissionshandel (Juliette de Grandpré, WWF Deutschland) sowie über einen klimaneutralen Gebäudesektor (Alexandra Langenheld und Georg Thomaßen, Agora Energiewende). Im Interview verweist der deutsche EU-Abgeordnete Michael Bloss (Grüne/EFA) auf die entscheidende Rolle Deutschlands bei den EU-Verhandlungen für das Klimagesetz und mahnt an, dass blumige Worte allein nicht mehr helfen. Auch der DNR und die Klima-Allianz Deutschland fordern eine konstruktive Beteiligung der Bundesrepublik. 

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Klima-Pledge: Online-Kampagne zur Bundestagswahl 2021

Wenn die Bundesregierung versagt, dann müssen die Bürger*innen handeln. Bei der Bundestagswahl können wir den Stillstand des letzten Jahrzehnts beenden. Dafür startet die Klimabewegung jetzt die größte Kampagne die es zu einer Bundestagswahl bisher gab - den Klima-Pledge.

Unterzeichnen Sie jetzt. #KlimaPledge

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