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UN-Ausschuss: EU soll Klagen gegen umweltschädliche Subventionen zulassen
EU-News | 24.03.2021
#EU-Umweltpolitik

UN-Ausschuss: EU soll Klagen gegen umweltschädliche Subventionen zulassen

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© Pixabay/pixel2013
Justitia

Die Öffentlichkeit muss die Möglichkeit haben, staatliche Beihilfen gerichtlich zu hinterfragen, wenn diese Auswirkungen auf die Umwelt haben. Das hat der für die Umsetzung der internationalen Aarhus Konvention zuständige Ausschuss (Aarhus Convention Compliance Committee - ACCC) in der letzten Woche festgestellt.

Laut den Erkenntnissen und Empehlungen des ACCC steht fest, dass die EU gegen Artikel 9 (3) der Aarhus-Konvention verstößt, wenn sie keinen Zugang zu Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren gewährleistet, um Entscheidungen der Europäischen Kommission über staatliche Beihilfemaßnahmen anzufechten, die gegen EU-Umweltrecht verstoßen. In der EU müssten nun die "erforderlichen gesetzgeberischen, regulatorischen und sonstigen Maßnahmen" ergriffen werden, damit die Öffentlichkeit Zugang zu Gerichten erhält. Dafür müsste die Aarhus-Verordnung entsprechend geändert werden oder neue Rechtsvorschriften der Europäischen Union erlassen werden, so der ACCC.

"Im Moment sind die EU-Gerichte für Einzelpersonen und NGOs, die die Umwelt schützen wollen, fast vollständig verschlossen - aber sehr offen für die Industrie. Das ist unfair und besonders besorgniserregend, da wir mehr denn je die Menschen befähigen müssen, unsere Gesetze durchzusetzen und unseren Planeten zu schützen. Der Zugang zur Justiz ist keine Option - er ist eine internationale Verpflichtung."
Anne Friel, Projektleiterin Umweltdemokratie bei ClientEarth

Das Ganze hat eine jahrelange Vorgeschichte. Bereits im Januar hatte der ACCC einen Entwurf seiner Empfehlungen vorgelegt (EU-News 21.01.2021). Um diese ACCC-Empfehlung hatte die EU-Kommission im Oktober 2020 gebeten, nachdem sie ihren Vorschlag zur Revision der derzeit gültigen, in der Kritik stehenden Aarhus-Verordnung präsentiert hatte (EU-News vom 15.10.2020). Bereits 2017 gelangte nämlich der ACCC zu dem Schluss, dass die EU mit ihrer Verordnung die Konvention verletze (EU-News vom 21.03.2017).

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth meint: "Es ist an der Zeit, die EU-Gerichte zu öffnen, damit wir die Umwelt besser schützen können". Auch EU-Behörden seien, selbst bei besten Absichten, nicht unfehlbar und könnten Entscheidungen treffen, die die Umwelt schädigen und der Gesundheit schaden. Umso wachsamer müssten die BürgerInnen und Nichtregierungsorganisationen sein - und deshalb sei es ein Grundrecht, jede dieser Entscheidungen, die gegen Umweltgesetze verstoßen, rechtlich anzufechten. Ob es Entscheidungen zur Zulassung giftiger Pestizide oder Subventionen für neue Infrastrukturen für fossile Brennstoffe wie Kohle- oder Gaskraftwerke seien, die Öffentlichkeit müsse in der Lage sein, die EU-Entscheidungsträger zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie etwas falsch machen. "Der Zugang zur Justiz, die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen, ist daher entscheidend für die Erfüllung der Mission, einen gesunden Planeten zu sichern, und es ist etwas, auf das wir ein Recht haben", so ClientEarth.

Das in Österreich ansässige Ökobüro, das zusammen mit Global 2000 schon vor sechs Jahren den mangelnden Zugang zu Gerichten beklagte, begrüßte die Entscheidung des ACCC. "Ausgehend von einer Entscheidung der EU-Kommission über Subventionen für das britische AKW Hinkley Point C hatte ÖKOBÜRO und GLOBAL 2000 im März 2015 eine Beschwerde an das ACCC gerichtet. Nachdem der Ausschuss bereits im Jänner 2021 einen Entwurf seiner Entscheidung veröffentlicht hatte, liegt diese nun in endgültiger Fassung vor. Die EU hat darauf nun im Rahmen rechtlicher Änderungen, etwa durch eine Anpassung der EU-Aarhus-Verordnung zu reagieren", forderte das Ökobüro. [jg]

ACCC-Beschluss Findings and recommendations with regard to communication ACCC/C/2015/128 concerning compliance by the European Union

ClientEarth-Artikel: It is time to unlock EU courts so we can better protect the environment

Ökobüro: ACCC bestätigt: NGOs haben ein Recht, gegen umweltschädliche Subventionen vorzugehen

NGO-Stellungnahme

Aarhus-Verordnung anpassen, sodass sie dem Europäischen Green Deal entspricht
Mehr als 30 europäische Nichtregierungsorganisationen hatten bereits im Dezember 2020 die EU-Entscheidungsträger aufgefordert, die Aarhus-Verordnung über den Zugang zu Gerichten zu ändern, damit die EU-Institutionen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie EU-Recht nicht einhalten.
Der Vorschlag der EU-Kommission müsse verbessert werden, um die Mindeststandards für den Zugang zu Gerichten zu erfüllen, wie sie vom internationalen Recht gefordert werden, und um es der Öffentlichkeit zu ermöglichen, Entscheidungen anzufechten, die die Umsetzung des Europäischen Grünen Deals behindern könnten. Weiterlesen

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