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Etliche neue Vertragsverletzungsverfahren im Umweltbereich
EU-News | 10.06.2021
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Etliche neue Vertragsverletzungsverfahren im Umweltbereich

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© Pixabay/pixel2013
Justitia

Klagen gegen Italien, Frankreich und Ungarn; ein Schreiben für Deutschland wegen des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzes; EU-weite Verstöße gegen die EU-Naturschutzrichtlinien und Abfallvorschriften – das Juni-Paket der EU-Kommission hat es in sich.

Belastetes Trink- und ungeklärtes Abwasser bringen drei Klagen ein

Die EU-Kommission hat am Mittwoch neue Vertragsverletzungsverfahren veröffentlicht. Allein im Umweltbereich kommen Dutzende Aufforderungsschreiben, mit Gründen versehene Stellungnahmen und drei Klagen hinzu.

Die Kommission verklagt Italien wegen der „Nichteinhaltung der Anforderungen der Trinkwasserrichtlinie (Richtlinie 98/83/EG)“ vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Trinkwasser „genusstauglich und rein“ ist. In mehreren Regionen Italiens seien die Konzentrationen von Arsen und Fluorid im Trinkwasser aber zu hoch.

Außerdem strengt Brüssel Klagen gegen Frankreich und Ungarn an, da beide Länder nach Ansicht der Kommission gegen die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Richtlinie 91/271/EWG) verstoßen. Beide Länder würden nicht dafür sorgen, dass das Abwasser in Klein- und Großstädten sowie in Siedlungen ordnungsgemäß gesammelt und behandelt wird. In Ungarn seien 22 Gemeinden betroffen, da dort nicht für alle Einwohner*innen eine Kanalisation für kommunales Abwasser oder eine Alternative mit dem gleichen Umweltschutzniveau zur Verfügung steht. In Frankreich würden mehr als 100 Gemeinden mit über 2.000 Einwohner*innen diese Anforderungen nicht erfüllen.

Bei der Behandlung von kommunalem Abwasser müssen Brüssel zufolge auch Griechenland, Spanien und Belgien nachsteuern. Die Länder erhielten am Mittwoch Aufforderungsschreiben bzw. mit Gründen versehene Stellungnahmen – die Vorstufen zur Klage.

Deutschland: Verkehrsprojekte und invasive Arten

Die Kommission fordert Deutschland auf, der Öffentlichkeit bei der Genehmigung von Verkehrsinfrastrukturprojekten, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (Richtlinie 2011/92/EU) erfordern, einen angemessenen Zugang zu Gerichten zu gewähren.

Im März 2020 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz, welches mehrere Verkehrsinfrastrukturprojekte enthält, die nicht im regulären Verwaltungsverfahren, sondern durch ein Bundesgesetz genehmigt werden können. Die Kommission argumentiert, dass die Genehmigung von Infrastrukturprojekten nach Bundesrecht den Zugang von Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu Gerichten erheblich einschränke, da Bundesgesetze in Deutschland nur durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden können. Einzelpersonen und NGOs, die von solchen Projekten betroffen sind, hätten nur begrenzte Möglichkeiten, Fälle direkt vor das Verfassungsgericht zu bringen. Nach Auffassung der Kommission sind im nationalen Recht keine anderen Regelungen vorgesehen, um zu gewährleisten, dass die Betroffenen in jedem Fall eine rechtliche Überprüfung von Projekten beantragen können, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern und per Bundesgesetz genehmigt wurden.

Die Bundesregierung hat zwei Monate Zeit, um auf das Schreiben zu reagieren.

Deutschland müsse überdies mehr tun, um gegen die Ausbreitung gebietsfremder invasiver Arten vorzugehen. Zusammen mit Belgien, Bulgarien, Tschechien, Irland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien und der Slowakei wird Deutschland aufgefordert, verschiedene Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten umzusetzen.

Verstöße gegen EU-Naturschutzrichtlinien

Polen, Lettland und Zypern wirft die Kommission Versäumnisse bei der Umsetzung der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie vor. So seien Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht als besondere Schutzgebiete (BSG) ausgewiesen worden. Slowenien wiederum habe keine besonderen Schutzgebiete zum Schutz wildlebender Vögel ausgewiesen.

Auch Italien hinke beim angemessenen Schutz der Lebensräume und Arten gemäß Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie hinterher. Die gravierendsten Lücken würden Meerestiere wie die Mittelmeer-Mönchsrobbe, die Unechte Karettschildkröte und den Großen Tümmler sowie marine Lebensräume wie Riffe betreffen. Auch für mehrere Seevögel, wie den Gelbschnabel-Sturmtaucher und den Mittelmeer-Sturmtaucher, fehlten marine Schutzgebiete.

Beim umstrittenen Finkenfang geht es für Malta in die nächste Runde des Vertragsverletzungsverfahrens. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass mit der Ausnahmeregelung vom Oktober 2020, mit der der Finkenfang zu Forschungszwecken genehmigt wurde, ein Urteil des Gerichtshofs umgangen wird. Die Antwort der maltesischen Behörden auf ein Aufforderungsschreiben sei unbefriedigend gewesen. Deshalb folgte nun eine mit Gründen versehene Stellungnahme.

Nicht im Einklang mit geänderten EU-Abfallvorschriften

Zahlreiche Vertragsverletzungsverfahren im Abfallbereich strengt die Kommission gegen Mitgliedstaaten an, in denen die nationalen Rechtsvorschriften mit EU-Vorschriften nicht in Einklang stünden. Das betrifft zum einen angepasste Richtlinien über Altfahrzeuge, über Batterien, Akkumulatoren, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte. Zum anderen beziehen sich die Umsetzungsdefizite auf Änderungen in der Richtlinie (EU) 2018/850 über Abfalldeponien sowie in der Richtlinie (EU) 2018/852 über Verpackungen und Verpackungsabfälle.

Strahlenschutz, radioaktive Abfälle, Energieeffizienz, Gasmarkt

Die EU-Kommission hat Aufforderungsschreiben an Deutschland und Griechenland und mit Gründen versehene Stellungnahmen an Österreich, Belgien und Spanien geschickt, da diese Länder die überarbeitete Richtlinie zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen (Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates) nicht vollständig umsetzen.

Griechenland und Ungarn haben nach Ansicht der Kommission die EU-Energieeffizienzvorschriften nicht richtig umgesetzt. In Dänemark und Lettland hapert es an der Umsetzung der EU-Vorschriften über die Entsorgung radioaktiver Abfälle und eine mit Gründen versehene Stellungnahme ging an Österreich, weil das Land die Richtlinie zur Änderung der Gasrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/692) nicht in nationales Recht umgesetzt hat.

EU-Kommission: Vertragsverletzungsverfahren im Juni: wichtigste Beschlüsse 

Bundesverkehrsministerium: Gesetze zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren unter Federführung des BMVI in der 19. Legislaturperiode 

Redakteurin: Ann Wehmeyer

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