Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Zugang zu Gerichten: EU-Abgeordnete stimmen für Reform
EU-News | 23.04.2021
#EU-Umweltpolitik

Zugang zu Gerichten: EU-Abgeordnete stimmen für Reform

Rubrik_Politik_und_Recht_.Pixabay_justitia-2597016_1920
© Pixabay/pixel2013
Justitia

Die Mitglieder des Umweltausschusses im EU-Parlament befürworten eine Überarbeitung der Aarhus-Verordnung. Die Umweltrechtsorganisation Client Earth begrüßte das Abstimmungsergebnis.

ENVI pocht auf volle Umsetzung der Aarhus-Konvention

In dem Bericht einigten sich die Abgeordneten darauf, das Spektrum von Verwaltungsakten, die gerichtlich angefochten werden können, deutlich zu erweitern. Nicht nur Akte mit individuellem Geltungsbereich würden abgedeckt, sondern auch allgemeine Akte. Es sollen ebenso Verwaltungsakte hinzukommen, die gegen das Umweltrecht verstoßen und nicht nur solche, die im Rahmen des Umweltrechts erfolgen. Darüber hinaus bestehen die Abgeordneten darauf, dass die Kosten des Überprüfungsverfahrens begrenzt werden sollten, um Nichtregierungsorganisationen einen erschwinglicheren Zugang zu Gerichten zu ermöglichen.

Die Abgeordneten betonen, dass nicht nur Nichtregierungsorganisationen, sondern auch Einzelpersonen, die die in der Verordnung festgelegten Kriterien erfüllen, berechtigt sein sollten, einen Antrag auf interne Überprüfung zu stellen. Der Antrag könne bei einem EU-Organ eingereicht werden, das einen Verwaltungsakt erlassen hat oder hätte erlassen sollen. Der Antrag müsse die Begründung enthalten, dass ein solcher Akt oder eben eine Unterlassung gegen das Umweltrecht verstoße.

Anhaltender Druck aus der Zivilgesellschaft

Anne Friel, Anwältin für Umweltdemokratie bei Client Earth, begrüßte die Annahme des Berichts: „Mit der Abstimmung werden einige der Hindernisse für den Zugang zu Gerichten angegangen, die der Ausschuss zur Einhaltung der Aarhus-Konvention als Verstoß gegen internationales Recht identifiziert hat.“ Aus Friels Sicht würden etwa Entscheidungen, die schädliche Pestizide genehmigten, gefährlich hohe Fischereigrenzen festlegten oder Autos die Emissionsgrenzen überschreiten ließen, anfechtbar werden. Wichtig sei, dass auch Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilfen, die gegen das Umweltrecht verstoßen, anfechtbar wären. Client Earth erwartet nun vom Rat, dass er sich während der Trilog-Verhandlungen „konstruktiv“ dafür einsetzt, dass die Öffentlichkeit in die Lage versetzt werde, die Umwelt zu schützen.

Bereits vor der Abstimmung hatte das Climate Action Network (CAN) Europe darauf verwiesen, dass es sich die EU nicht leisten könne, gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen zu verstoßen und die Rechtsstaatlichkeit zu verletzen. Die Abgeordneten des Umweltausschusses hätten die Chance, sicherzustellen, dass die EU bei der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit mit gutem Beispiel vorangehe.

Auch die Lobbyorganisation The Good Lobby forderte gemeinsam mit Anwält*innen und Rechtsprofessor*innen die EU-Institutionen auf, die Aarhus-Konvention über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten im EU-Recht zu verankern. Seit über einem Jahrzehnt verstoße die EU gegen die Konvention über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention), da sie den Mitgliedern der Öffentlichkeit keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stelle, um Missstände im Umweltbereich vor EU-Gerichten anzufechten.

Rückblick auf politische Prozesse

Alles begann im März 2017, als der UN-Ausschuss, der über die Einhaltung der Aarhus-Konvention (Aarhus Convention Compliance Committee, ACCC) wacht, feststellte, dass die EU mit ihrer Aarhus-Verordnung gegen die Bestimmungen der Konvention verstoße (EU-News vom 21.03.2017).

Im Oktober 2020 hatte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Aarhus-Verordnung, die die Umsetzung der Konvention in EU-Recht regelt, unterbreitet (EU-News vom 15.10.2020). Umweltrechtsorganisationen hatten diesen Reformvorschlag kritisiert.

Im Dezember 2020 hatten die EU-Umweltminister*innen ihre Verhandlungsposition festgelegt (EU-News vom 18.12.2020).

Im Januar dieses Jahres hatte der ACCC in einer vorläufigen Empfehlung an die EU-Kommission mitgeteilt, dass auch ihr neuer Verordnungsentwurf Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen daran hindern könne, eine Überprüfung von EU-Entscheidungen zu beantragen, die gegen das Umweltrecht verstoßen, wie z. B. bestimmte Fälle staatlicher Beihilfen für fossile Brennstoffe oder Genehmigungen schädlicher Pestizide wie Glyphosat (EU-News vom 21.01.2021).

Im März folgte dann die Bestätigung: Laut den Erkenntnissen und Empfehlungen des ACCC steht fest, dass die EU gegen Artikel 9 (3) der Aarhus-Konvention verstößt, wenn sie keinen Zugang zu Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren gewährleistet, um Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilfemaßnahmen anzufechten, die gegen EU-Umweltrecht verstoßen (EU-News vom 24.03.2021).

Nächste Schritte

Bis zum 5. Mai 2021 läuft eine öffentliche Konsultation zum vorläufigen fünften Umsetzungsbericht der Aarhus-Konvention durch die EU.

Ebenfalls im Mai soll das Plenum des EU-Parlaments aller Voraussicht nach über den ENVI-Bericht abstimmen. Sobald das Parlament seine Verhandlungsposition festgezurrt hat, können die informellen Verhandlungen mit Vertreter*innen von Rat und Kommission beginnen.

Im Herbst soll das nächste Treffen der Vertragsstaaten der Aarhus-Konvention stattfinden.

EU-Parlament: MEPs support full compliance with the Aarhus Convention

Client Earth: European Parliament vote takes EU closer to compliance with international access to justice law

CAN Europe: Key Vote on the Aarhus Regulation: Will the EU Provide Access to Justice for NGOs and Citizens?

The Good Lobby: Hundreds of lawyers urge the EU to stop violating international law on access to justice in environmental matters

EU-Kommission: Public consultation on the draft of the Fifth Aarhus Implementation Report by the EU

UNECE: ACCC/C/2015/128 European Union

Redakteurin: Ann Wehmeyer

Das könnte Sie interessieren

Frau nimmt einen von fünf Sternen von einer weißen Wand
EU-News | 18.04.2024

#EU-Umweltpolitik #Europawahl

EU-Parlamentsbilanz: Verzögerer, Dinos und Beschützer

Fünf große europäische Umwelt- und Klimaschutzorganisationen haben eine Bilanz zu bisherigen Entscheidungen im EU-Parlament gezogen. Das MEP SCOREBOARD stellt grafisch dar, wie die Abgeordneten in den letzten fünf Jahren über wichtige Umweltgesetze entschieden haben....