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Von Privatjets, Kurzstreckenflügen und Schienenförderung
EU-News | 27.05.2021
#Mobilität

Von Privatjets, Kurzstreckenflügen und Schienenförderung

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Transport & Environment: Privatjets ruinieren Klimabilanz. Öko-Institut: "Luftverkehr: Privilegien runter, Klimaschutz rauf". Timmermans für Einschränkung aber gegen Verbote von Kurzstreckenflügen. Genehmigung aus Brüssel: Bahnausbau darf zusätzliche Millionen erhalten. Verkehrsclub Deutschland: Europa-Takt im Bahnverkehr braucht zügige Umsetzung. Den aktuellen Stand von Investitionen und Forschung in emissionsarme alternative Kraftstoffe hat die Gemeinsame Forschungsstelle analysiert (Randspalte).

T&E: Zunehmende Nutzung von Privatjets sorgt für drastischen Anstieg der CO2-Emissionen

Die verkehrskritische Organisation Transport and Environment (T&E) fordet ein EU-weites Verbot von fossil betriebenen Jets ab 2030. Denn laut einer Studie sind die CO2-Emissionen von Privatjets in Europa zwischen 2005 und 2019 um fast ein Drittel (31 Prozent) gestiegen, und damit deutlich schneller als die Emissionen im kommerziellen Luftverkehr. Die Studie "Private jets: can the super-rich supercharge zero emission aviation?" kommt zum Ergebnis, dass Privatjets zehnmal mehr Kohlenstoff als ein durchschnittliches Flugzeug emittieren und ein Flug damit fünfzigmal umweltschädlicher ist als das Reisen mit der Bahn. Ein vierstündiger Privatflug emittiere demnach genauso viel CO2 wie eine durchschnittliche Person in einem Jahr.

T&E betonte jedoch, dass die Eigentümer von Privatjets, die im Durchschnitt über ein Vermögen von 1,3 Milliarden Euro verfügten, zur Lösung beitragen könnten – wenn sie die Entwicklung umweltfreundlicherer Technologien finanzieren, Innovation beschleunigen und damit sauberen Luftverkehr für alle ermöglichen würden. Trotz oder wegen der Pandemie werden laut Studie übrigens nahezu unvermindert Privatjets betrieben. Während die Linienflüge im Vorjahresvergleich im August 2020 um 60 Prozent eingebrochen seien, hätte der Luftverkehr mit Privatjets bereits wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht.

Öko-Institut fordert EU-weite Besteuerung von Kerosin und erhöhte Luftverkehrssteuer

"Luftverkehr: Privilegien runter, Klimaschutz rauf" – so lautet das Kurzfazit einer aktuellen Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität. Eine EU-weite Besteuerung des Kerosins für Flugzeuge, eine Erhöhung der Luftverkehrsteuer, damit die fehlende Mehrwertsteuer auf internationale Flüge ausgeglichen wird, und ein Ende der Bevorteilung des Luftverkehrs gegenüber anderen Verkehrsmitteln wie der Bahn sowie stärkere Anreize sind einige praktische Vorschläge der Wissenschaftler*innen zur Senkung der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen durch den Luftverkehr.

Außerdem sollten der EU-Emissionshandel (ETS) und das internationale Abkommen CORSIA wirkungsvoller ausgestaltet werden, so der Standpunkt des Öko-Instituts. Die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten für den Flugverkehr sollte bei der ETS-Reform beendet und stattdessen alle Zertifikate versteigert werden. Auf internationaler Ebene gelte es durchzusetzen, dass das internationale Programm CORSIA zur Reduktion und zum Ausgleich von CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr einen echten Beitrag zum Klimaschutz leistet. Dazu gehörten ein Nullemissionsziel für den Luftverkehr bis 2050, ambitioniertere Zwischenziele bis 2035, Beimischungsquoten für synthetische Kraftstoffe sowie schärfere Anforderungen an die Qualität der Kompensationszertifikate. 2022 werde CORSIA erstmalig überprüft. „Derzeit hat CORSIA so gut wie keine Klimawirkung – das muss sich dringend ändern, wenn das Programm überhaupt eine Zukunft haben soll“, kommentierte der Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik am Öko-Institut Lambert Schneider.

Timmermans: "Kurzstreckenflüge nicht verbieten, aber Alternativen attraktiver machen"

In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe in der letzten Woche hat EU-Vize-Kommissionpräsident Frans Timmermans dafür plädiert, schnelle und günstige Zugverbindungen auszubauen und so attraktiver als kurze Flugreisen zu machen. „Wir wollen uns befreien von Kurzstreckenflügen, aber nicht mit Verboten“, so Timmermans nach Angaben der EU-Kommission. Statt Kurzstreckenflüge aber zu verbieten wolle er lieber Marktinstrumente nutzen, wie eine Ausweitung des Europäischen Emissionshandels im Flugverkehr und Abgaben auf Kerosin. „Wenn wir gleichzeitig gute und bezahlbare Zugverbindungen mit Schnellzügen oder Nachtzügen bieten, haben die Bürger keine Nachteile“, sagte Timmermans. Sich einmal pro Jahr eine Flugreise zu gönnen, sieht er als unproblematisch.

Um die EU-Klimaziele zu erreichen, müsse die Wirtschaft umgebaut werden ("aber so, dass alle ihre Arbeit behalten oder neue Arbeit finden"), vor allem in den Bereichen Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr sieht er noch "besonders große Herausforderungen". Mitte Juli will die EU-Kommission ihr "Fit-for-55"-Paket mit mehreren Gesetzesvorschlägen vorlegen, die die europäische Treibhausgasreduktion betreffen.

Brüssel genehmigt Beihilfe für Schienenausbau

Die EU-Kommission hat eine geänderte deutsche Beihilferegelung, mit der Schienengüterverkehrsunternehmen sowohl bei der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene als auch bei der Bewältigung der Pandemiefolgen unterstützt werden sollen, am letzten Freitag genehmigt. 2021 dürfen demnach die Hilfen auf insgesamt 567 Millionen Euro aufgestockt werden. Die schon 2018 eingereichte Regelung belief sich ursprünglich auf 350 Millionen Euro jährlich.

Genehmigt wurde auch eine höhere Obergrenze bei der Erstattung von Trassenentgelten. Diese dürfen jetzt je nach Strecke bis zu 98 Prozent der Entgelte betragen. Bislang lag die Obergrenze bei 45 Prozent Trassenentgelterstattung.

Ökologischer Verkehrsclub fordet europaweites Bahnnetz mit attraktiven Zugverbindungen im "Europa-Takt"

Anlässlich des Schienengipfels in der letzten Woche hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD) eine zügige Umsetzung des "Europa-Taktes" im europaweiten Bahnnetz gefordert. Bei großen Plänen allein dürfe es nicht bleiben, denn ausschließlich deren konsequente Umsetzung trage zum Klimaschutz und zum Gelingen des europäischen Green Deal bei. Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende und Beisitzerin im DNR-Präsidium, kommentierte: „Dass heute auf dem Schienengipfel ein gemeinsamer Europa-Takt ausgerufen wurde, ist zu begrüßen. Attraktive Zugverbindungen über die Staatsgrenzen hinweg, wie beispielsweise auf der Strecke Berlin – Prag – Wien, müssen unbedingt ausgebaut werden. [...] Um die Regionen in Deutschland landesweit sowie europäisch anzubinden, brauchen wir einen intelligent geplanten und gut funktionierenden Deutschlandtakt. Dieser ist nur mit verbindlichen Ausbau- und Etappenzielen zu erreichen. Zudem müssen Fahrgäste ihre Bahntickets europaweit leicht buchen können: Auch für grenzüberschreitende Reisen brauchen wir ein Portal, über das unkompliziert ein Ticket für die gesamte Strecke erworben werden kann. Dann steigen Passagiere gern vom Flugzeug auf die klimafreundliche Bahn um.“ [jg]

T&E-Pressemitteilung zur Studie: Rising use of private jets sends CO2 emissions soaring

Pressemitteilung Öko-Institut: Luftverkehr: Privilegien runter, Klimaschutz rauf

EU-Kommission-Pressemitteilung: Timmermans im Interview mit der FUNKE-Mediengruppe: Kurzstreckenflüge nicht verbieten, aber Alternativen attraktiver machen

EU-Kommission: Staatliche Beihilfen: Kommission genehmigt Änderung der bestehenden deutschen Regelung zur Unterstützung von Schienengüterverkehrsunternehmen und zur Abfederung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Branche

VCD-Pressemitteilung: Europa-Takt: Bei großen Plänen darf es nicht bleiben. Ausschließlich deren konsequente Umsetzung trägt zum Klimaschutz bei

JRC-Bericht

Emissionsarme alternative Energie für den Verkehr

Den Stand der Forschungs- und Innovationsförderung in der EU zu emissionsarme alternative Kraftstoffen hat die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) zusammengefasst. Zwischen 2007 und 2020 seien rund 2,3 Milliarden Euro in Forschung und Innovation investiert, wobei der Schwerpunkt auf den Emissionen vom "Tank-zum-Rad" lag und somit die Energie- und Kraftstofferzeugung und deren Umweltauswirkungen ausgeschlossen wurden.

Der Straßenverkehr habe mehr Mittel erhalten als jeder andere Verkehrsträger. Flüssigerdgas(LNG)-Tankstellen, gefolgt von Biokraftstoffen für den Straßenverkehr und alternative Flugkraftstoffe gehören zu den erforschten Technologien mit den höchsten Investitionen. Wasserstoff erhält mit 67 Projekten und einem Gesamtprojektwert von über 1,2 Milliarden Euro den größten Anteil, gefolgt von methanbasierten Kraftstoffen. Es gebe nur noch sieben laufende Forschungsprojekte zu Liquefied Petroleum Gas (LPG). Die Kraftstoffe mit dem größten wirtschaftlichen Potenzial seien bereits auf dem Markt (zum Beispiel Kraftstoffe auf Methanbasis und Flüssiggas), aber sie hätten einen begrenzten Gesamtumweltvorteil gegenüber Benzin und Diesel. Andererseits seien erneuerbare Kraftstoffe mit einem höheren Dekarbonisierungspotenzial entweder nicht in ausreichenden Mengen verfügbar oder noch nicht kommerziell nutzbar. Außerdem gebe es keine ausreichende Infrastruktur für ihren europaweiten Einsatz.

Die Politik sollte den aktuellen Stand der Technik für emissionsarme alternative Energien im Verkehr berücksichtigen, so die JRC. Dabei sollten aber alle potenziellen Auswirkungen bewertet werden, um realistische Ziele zu setzen, die die Dekarbonisierung des Verkehrssektors mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit sicherstellen. Weiterlesen

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