Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Deutsche Umsetzung der WRRL: ungenügend
EU-News | 24.06.2021
#Wasser und Meere

Deutsche Umsetzung der WRRL: ungenügend

Rubrik_Wasser___Meere_Fluss
c. pixabay

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) haben den Entwürfen der Flussbewirtschaftungspläne im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Deutschland äußerst schlechte Noten erteilt. Außerdem: 2020 wurden in Europa immerhin mindestens 100 Flussbarrieren entfernt, meldet Dam Removal Europe.

Harsche Kritik für Planentwürfe von Umweltverbänden

Bei so einem Zeugnis besteht wirklich Verbesserungsbedarf: "Gewässerschutz: EU-Vorgaben verschleppt – Guter Zustand der Gewässer in weiter Ferne" (BUND) und "jahrzehntelange Versäumnisse der Bundesländer" (DUH). In der finalen Phase der Entwicklung von Bewirtschaftungsplänen der zehn deutschen Flusseinzugsgebiete im Rahmen der europäischen Wasserrrahmenrichtlinie gibt es aus Umweltsicht erheblichen Verbesserungsbedarf. Bis 22. Dezember sollen alle Pläne in Brüssel angekommen sein, sie gelten dann von 2022-2027. Wenn der dritte Zyklus der Bewirtschaftung vollendet ist, sollen die EU-Gewässer alle in einem "guten Zustand" sein.

Doch wenn es nach den Plänen der Bundesländer geht, dürften bis 2027 anders als vorgeschrieben nur wenige Gewässer dieses Ziel erreichen, kritisierte der BUND in seiner Stellungnahme zur WRRL. "Für viele Seen und Flüsse – wie beispielsweise die Elbe – werden die Ziele bis ins Jahr 2045 oder gar darüber hinaus verschoben. Dies verstößt gegen geltendes EU-Recht", warnte die Organisation. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt forderte: „Wir erwarten von der Bundesregierung einen strategischen Aktionsplan, in dem konkrete Maßnahmen systematisch aufeinander aufgebaut sind. Doch dieser Plan fehlt. Dreh- und Angelpunkt ist auch eine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit. Nur so gibt es gesellschaftlichen Rückhalt für die notwendigen Maßnahmen, um das Allgemeingut Wasser zu schützen. Fristverlängerungen nach 2027 dürfen nur gut begründete Ausnahmen sein. Je länger wir warten, desto teurer wird künftiger Gewässerschutz. Wir haben es in der Hand, künftigen Generationen einen Zugang zu kostbarem Trinkwasser zu ermöglichen.“ Zusammen mit dem NABU hatte der BUND bereits 2017 EU-Beschwerde eingelegt.

Auch die DUH forderte ein "detailliertes und wirksames Maßnahmenprogramm und sektorenübergreifende Anstrengungen zum Schutz der Gewässer". Denn Flüsse, Bäche und Seen überschritten auch 20 Jahre nach Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie "flächendeckend Grenzwerte für gesundheitsschädliches Nitrat und Quecksilber" und die zuständigen Landesregierungen nähmen mit unzureichenden Maßnahmen weiterhin Verfehlen europäischer Vorgaben in Kauf. Neben Belastungen mit Quecksilber, Pflanzenschutzmitteln und über die Landwirtschaft eingetragene Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor machten auch eine mangelhafte Durchgängigkeit (Flüsse) den Gewässern zu schaffen.
Die dritten Bewirtschaftungspläne liegen zwar im Entwurf vor, sind aber aus Sicht des Umwelt- und Gewässerschutzes "ungenügend und widersprechen dem Verschlechterungsverbot, wonach Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden wird", so die DUH. Weiteren Fristverlängerungen müsse aber "eine klare Absage" erteilt werden. Stattdessen gelte es, die Ziele der WRRL künftig deutlich stärker in verschiedene Politikbereiche wie Landwirtschaft, Forst-, Raum-, Bauleitplanung und Verkehr zu integrieren, forderte die Organisation. Darüber hinaus müssten ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen bereitgestellt werden. Zudem kritisierte die DUH, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung, die ein wesentlicher Aspekt bei der Umsetzung der WRRL sei, viel zu wenig gefördert werde und vorrangig auf die Fachöffentlichkeit ausgelegt sei.

Für einige Bewirtschaftungspläne läuft die öffentliche Konsultation noch. Eine Auflistung finden Sie hier: EU-News 06.05.2021.

Durchgängigkeit durch Dammabbruch

Ein von Dam Removal Europe veröffentlichter Bericht zeigt, dass im Jahr 2020 mindestens 101 Flussbarrieren in 11 europäischen Ländern entfernt wurden. Mit 37 entfernten Barrieren sei Schweden führend in Bezug auf die Gesamtzahl der Entfernungen und Frankreich bei der Größe: Ein 200 Meter breiter und 36 Meter hoher Wasserkraftdamm (Venzins) wurde beseitigt. Wenn im Herbst der zweitgrößte Damm (16 Meter Höhe) beseitigt ist, könne die Sélune wieder freier fließen. Das kürzlich von der EU finanzierte AMBER-Projekt schätzt die Gesamtzahl der Hindernisse in Europa viel höher ein als bisher angenommen: nicht weniger als 1,2 Millionen. Von all diesen Hindernissen dürften etwa 15 Prozent veraltet sein und nicht mehr benötigt werden, das sind fast 200.000 Bauwerke, die die Ökosysteme zerstückeln. [jg]

BUND-Pressemitteilung: Gewässerschutz: EU-Vorgaben verschleppt – Guter Zustand der Gewässer in weiter Ferne

DUH-Pressemitteilung: Europäische Wasserrahmenrichtlinie: Deutsche Umwelthilfe kritisiert jahrzehntelange Versäumnisse der Bundesländer und fordert wirksame Maßnahmen zum Gewässerschutz

Pressemitteilung Wetlands International: New Report: 100+ barriers removed from
European rivers in 2020

newsletter-2123481_960_720

Die nächste Ausgabe des DNR-Newsletters im Juli beleuchtet das Thema "Gewässerpolitik". Lesen Sie unter anderem ein Interview mit Sonja Jähnig und Christian Wolter vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Sascha Meier schreibt über das Rewilding Oder Projekt und Marion Hammerl von der Bodensee Stiftung über den Bodensee. Außerdem gibt es einen redaktionseigenen Überblicksartikel zur WRRL. Der Newsletter erscheint am 7. Juli, zum Abo gelangen Sie hier.

Goldman-Naturschutzpreis für Flussschützerinnen

Maida Bilal hat stellvertretend für die „mutigen Frauen von Kruščica“ in der letzten Woche den auch als "grünen Nobelpreis" bezeichneten Goldman Environmental Prize 2021 erhalten. Der Preis ist mit 200.000 Dollar dotiert. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass Wasserkraftwerke eine der größten Bedrohungen für Wildflüsse und ihre Anwohner*innen darstellen. Bilal und die anderen Frauen aus dem Dorf Kruščica in Bosnien-Herzegowina hätten über 500 Tage und Nächte eine Brücke über den gleichnamigen Fluss besetzt und somit den Bau von zwei Wasserkraftwerken verhindert – gewalttätigen Räumungsversuchen und widrigen Wetterverhältnissen zum Trotz. Weiterlesen

BIG JUMP

Am 11. Juli ist europaweiter Flussbadetag, dieses Jahr unter dem Motto "freie Flüsse". Umweltaktive und Badefreudige nutzen diesen Tag als symbolträchtigen Akt, um Flüsse besser zu schützen. Durch die Teilnahme soll ein starkes Signal an die europäischen Entscheidungsträger*innen gesandt werden, dass viel mehr getan werden muss, um unsere Flüsse wiederherzustellen und die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Weiterlesen

Das könnte Sie interessieren

Green Deal
EU-News | 19.04.2024

#EU-Umweltpolitik #Kreislaufwirtschaft #Mobilität #Wasser und Meere #Wirtschaft

EU-Gipfel: Geopolitik, Binnenmarkt und (k)eine strategische Agenda

Das Treffen der Staats- und Regierungsoberhäupter am 17. und 18. April endete mit Schlussfolgerungen zur Ukraine, zum Nahen Osten, zur Türkei und einem neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Ein vorher durchgesickerter Entwurf für die strategische Agenda erntete harsche Kritik....