Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
EU-Meeresschutz: Schutzgebiete auf der Südhalbkugel und woanders Tiefseebergbau?
EU-News | 05.05.2021
#Wasser und Meere #Rohstoffe und Ressourcen

EU-Meeresschutz: Schutzgebiete auf der Südhalbkugel und woanders Tiefseebergbau?

Rubrik_Wasser_Meere_Welle_mit_Lichtreflexion_c._Pixabay_water-2208931_1920
c. Pixabay

Ist die EU inkonsequent in ihren Meeresschutzanstrengungen? Einerseits befürwortet sie die Einrichtung von großen Schutzgebieten (Ostantarktika, Weddellmeer). Aus Sicht der Meeresschutzorganisation Seas At Risk tut sie aber nicht genug gegen Tiefseebergbau. Ansonsten haben unter Leitung von Interpol weltweit zig Behörden einen Monat lang gegen Umweltkriminalität auf See ermittelt - auch in Europa. Der NABU protestiert gegen den Ausverkauf von Ost- und Nordsee und kritisiert die mangelhafte Beachtung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Randspalte).

Meeresschutzgebiete in der Antarktis: EU wirbt für Unterstützung

Es könnte das größte Meeresschutzgebiet der südlichen Halbkugel entstehen, wenn China und Russland noch mitmachen. Am 28. April hat die EU ein Ministertreffen ausgerichtet, um bei den Mitgliedern der Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) um Unterstützung für die Ausweisung neuer Meeresschutzgebiete im Südlichen Ozean zu werben.

Herausgekommen ist eine gemeinsame Erklärung der Befürworterstaaten, zu denen nun auch die USA und Neuseeland gehören. Das Ziel ist die Einrichtung für das weltweit größte Meeresschutzgebiet mit einer Fläche von mehr als 3 Millionen Quadratkilometern, so EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius, in Ostantarktika und im Weddell-Meer. Die Ausweisung neuer Antarktis-Meeresschutzgebiete bleibe für die EU und ihre Mitgliedstaaten eine hohe Priorität und sei sowohl ein zentrales Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 als auch der EU-Agenda für die internationale Meerespolitik. Die Schaffung neuer Meeresschutzgebiete in der Antarktis stehe auch ganz im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen für Meere (SDG 14) und den ehrgeizigen Zielen des 15. Vertragsstaatentreffens des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD COP15), das China im Laufe dieses Jahres ausrichten wird.

Das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt zumindest das Ziel, ein großflächiges Meeresschutzgebiet im südpolaren Weddellmeer einzurichten. BMEL-Staatssekretärin Beate Kasch sagte: „Das Weddellmeer ist die letzte fast unberührte Region der Antarktis und damit von unschätzbarem Wert für unser Ökosystem. Ich verstehe es als unsere Pflicht, das zu erhalten: Die Einrichtung eines Schutzgebiets ist überfällig – unsere Position ist hier sehr klar! Deshalb werden wir weiter alles unternehmen, um Vorbehalte auszuräumen. Gleichzeitig erwarte ich Bewegung von den Staaten, die sich bisher verweigern. Wir dürfen keine weitere Zeit verlieren.“ Laut BMEL unterstützen mit Ausnahme von China und Russland alle anderen CCAMLR-Mitgliedstaaten die Einrichtung eines Schutzgebiets. CCAMLR-Entscheidungen könnten jedoch nur einstimmig getroffen werden.

Der EU-Umweltkommissar hatte Ende April anlässlich des 8. EU-China-Dialog zur Umweltpolitik China aufgefordert, die Einrichtung des Schutzgebietes zu unterstützen (EU-News 29.04.2021).

Tiefseebergbau: Europa am Scheideweg

Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk hat die Rolle der EU, ihrer Mitgliedstaaten plus Norwegen und Großbritannien im Tiefseebergbau analysiert. Millionen von Euro an EU-Geldern würden für die Entwicklung von Tiefsee-Bergbautechnologien und die Untersuchung ihrer Auswirkungen verwendet, während weitaus weniger Mittel für die Erforschung von Tiefsee-Ökosystemen bereitgestellt würden.

Die Organisation plädiert auf ein Tiefseebergbauverbot in europäischen Gewässern und ein weltweites Moratorium. Zudem müssten die Staaten starke, verbindliche Ziele für die Reduzierung des Material-Fußabdrucks setzen, einschließlich einer drastischen Reduzierung der Verwendung von Primärmetallen.

Trotz der eindringlichen wissenschaftlichen Warnungen vor einem irreversiblen Verlust der Artenvielfalt in einem der empfindlichsten Ökosysteme der Erde sei ein Gebiet von der Größe Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens zusammengenommen für den Tiefseebergbau im Pazifik, Indischen und Atlantischen Ozean genehmigt worden. Die Liste der europäischen Länder, die Explorationsverträge in internationalen Gewässern sponsern oder halten, umfasse Belgien, Bulgarien, die Tschechische Republik, die Slowakei, Polen, Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Andere, wie Spanien, Portugal und Norwegen, hätten ihr Interesse an der Erkundung von Mineralvorkommen auf ihrem Kontinentalschelf signalisiert. Die derzeit laufenden Tests im Pazifik kündigten einen bevorstehenden kommerziellen Tiefseebergbau an, der – wenn er nicht unterbunden werde – innerhalb weniger Jahre im großen Stil beginnen könnte.

Umweltkriminalität: weltweit 1.600 Verstöße durch Meeresverschmutzung aufgedeckt

„Operation 30 Days at Sea 3.0“ – so hieß der gemeinsame Aktionsmonat von 300 Behörden in 67 Ländern. 34.000 Inspektionen auf See und in Binnengewässern, Küstengebieten und Häfen unter Leitung von Interpol deckten insgesamt 1.600 Verstöße auf, von illegaler Verklappung bis hin zum Abfallhandel. Die Vorrecherchen von Interpol, Europol und Frontex dauerten fünf Monate. Ergebnis:

  • Fast 500 illegale Verschmutzungsdelikte auf See, darunter Öleinleitungen, illegale Schiffsabwrackungen und Schwefelemissionen von Schiffen;
  • 1.000 Verschmutzungsdelikte in Küstengebieten und in Flüssen, darunter illegale Einleitungen von Abwasser, Quecksilber, Plastik und anderen Schadstoffen
  • 130 Fälle von Müllschmuggel durch Häfen.

Ein kriminelles Netzwerk, das mit Plastikmüll zwischen Europa und Asien handelt, wurde aufgedeckt. Bislang wurden 22 Verdächtige verhaftet und die Verschiffung Tausender Tonnen Abfall gestoppt. Mehrere Länder aus Europa, Asien und Afrika meldeten die illegale Verbringungen von kontaminierten oder gemischten Metallabfällen, die fälschlicherweise als Metallschrott deklariert wurden. In einem Fall beschlagnahmte die italienische Küstenwache 11.000 Tonnen Metallschrott. Zu den wachsenden Trends gehörten der nicht fachgerechte Umgang mit COVID-19-Einwegartikeln wie Masken und Handschuhe. [jg]

Pressemitteilung EU-Kommission: Meeresschutz: EU an vorderster Front der internationalen Anstrengungen zur Schaffung neuer Meeresschutzgebiete in der Antarktis und die Gemeinsame Erklärung 

Pressemitteilung BMEL: Kasch: Meeresschutz in der Antarktis konsequent voranbringen

Seas At Risk: Europe at a crossroads: protecting the deep sea or letting mining destroy it?

Interpol: Operation 30 Days at Sea 3.0 reveals 1,600 marine pollution offences worldwide

Industrieparks in Ost- und Nordsee?

NABU: Neue marine Raumordnung zementiert massive Übernutzung der Meere

Harsche Kritik hat der NABU an den Plänen der deutschen Bundesregierung für die marine Raumordnung geäußert. Die Verpflichtungen der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie würden ignoriert. Mehr als vier Fünftel (88 Prozent) der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in Nord- und Ostsee, der sogenannten 200-Seemeilenzone, sollen für industrielle Interessen wie Schifffahrt, Windenergie oder Rohstoffabbau reserviert werden. So sehe es der Entwurf des Bundesinnenministeriums zur marinen Raumordnung vor, der noch in diesem Sommer vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. In den verbleibenden 12 Prozent der Fläche dürfe darüber hinaus gefischt werden. Weiterlesen und Petition gegen den Ausverkauf von Nord- und Ostsee

Der Bundestag debattiert am Donnerstag, 6. Mai 2021, ab 9 Uhr über die Situation an den deutschen Küsten sowie auf den Weltmeeren. Informationen zur Liveübertragung

OECD: Blaue Wirtschaft für grünen Aufschwung

Nach Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) könnte die sogenannte blaue Wirtschaft - alles rund um die maritime und marine Ökonomie - bis 2030 das Wachstum der gesamten Weltwirtschaft übertreffen, sowohl in Bezug auf die Wertschöpfung als auch auf die Beschäftigung. Die EU sei weltweit führend bei der Offshore-Windenergie, der Entwicklung anderer Technologien wie Gezeiten- und Wellenenergie sowie schwimmenden Solarpanelen und Windturbinen. Bei der Schaffung von nachhaltigem Wachstum und Arbeitsplätzen durch meeresbezogene Aktivitäten gebe es jedoch Spannungen und potenziell konkurrierende Aktivitäten wie Verkehr, Fischerei, Energieerzeugung oder Freizeit. Gemeinsame Anstrengungen durch verstärkte internationale Zusammenarbeit seien erforderlich, hieß es bei einer vom Informationsmedium Euractiv organisierten Veranstaltung. Weiterlesen bei Euractiv

Das könnte Sie interessieren

Auf dem Meeresgrund
EU-News | 27.03.2024

#Biodiversität und Naturschutz #Wasser und Meere

Nicht auf Erfolgsspur: Meeresschutz

Sofern keine politische Kehrtwende vollzogen wird, dürfte Europa seine internationalen Verpflichtungen im Meeresschutz wohl nicht erfüllen. Die Meeresschutzorganisationen Seas At Risk und Oceana warnen, die Mitgliedstaaten verfehlten sowohl das 30-Prozent-Schutzziel bis 2030 als auch das Ziel, 10 Pr...