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Petition an das Europäische Parlament

Petition an das Europäische Parlament

Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 227) kann jede*r Bürger*in jederzeit allein oder zusammen mit anderen Personen sein Petitionsrecht ausüben, also eine Petition an das Europäische Parlament richten. Das gilt für Individuen, Organisationen und Unternehmen.

Gegenstand einer Petition können individuelle Beschwerden, allgemeine Anliegen oder auch Aufforderungen an das Parlament, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern, sein. Einzige Voraussetzung ist, dass die Petition einen Bezug zu den Aktivitäten der Europäischen Union haben muss. Damit dürfte das Petitionsverfahren des EU-Parlaments die größte Reichweite aller hier angesprochenen Mechanismen aufweisen.

Wann ist eine Petition an das EU-Parlament sinnvoll?

Im Prinzip kann es fast immer sinnvoll sein, sich an den Petitionsausschuss des EU-Parlaments zu wenden – soweit der Gegenstand der Petition eine Angelegenheit betrifft, die für die Europäische Union von Interesse ist oder in ihren Tätigkeitsbereich fällt. Mögliche Themen einer Petition können sein:

  • der freie Verkehr von Personen, Gütern, Dienstleistungen oder Kapital,
  • Fragen der Nicht-Diskriminierung – etwa hinsichtlich der Nationalität oder der Gleichbehandlung von Männern und Frauen,
  • Umweltschutz,
  • Beschäftigungs- und Sozialpolitik,
  • Anerkennung beruflicher Qualifikationen,
  • Europäische Fonds (etwa Struktur- oder Kohäsionsfonds),
  • sonstige Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung des EU-Rechts.

Eine Petition kann ein Weg sein, um das Parlament zu bestimmten Handlungen aufzufordern, etwa eine Resolution zu einem Thema zu verabschieden oder bestimmte Aspekte in Rechtsakten zu verankern. Auch kann man mit einer Petition das Parlament auffordern, sich mit einem Anliegen an eine andere Institution zu wenden – etwa an die Kommission mit der Bitte, eine Gesetzesinitiative zu einem bestimmten Thema zu starten. Der Petitionsausschuss kann jedoch nicht Entscheidungen der zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates außer Kraft setzen. Da das Europäische Parlament keine Justizbehörde ist, kann es weder ein Urteil zu den von den Gerichten der Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen abgeben noch diese aufheben. Petitionen, mit denen solche Abläufe angestrebt werden, sind unzulässig.

Vor- und Nachteile des Petitionsmechanismus

Eine Petition beim Europäischen Parlament hat eine Reihe von Vorteilen:

  • sie deckt eine sehr weite Spanne unterschiedlicher Themen ab. Spezielles Wissen ist weder für das eigentliche Petitionsverfahren noch über den vorzubringenden Fall notwendig,
  • als parlamentarischer Service ist eine Petition kostenfrei für den Petenten,
  • der Petent kann ggf. eingeladen werden, um seinen Fall vor dem Petitionsausschuss vorzutragen,
  • eine Petition kann direkt über die Webseite oder auf dem Postweg eingereicht werden, ohne dabei einen Abgeordneten einschalten zu müssen.

Als Nachteile sind zu nennen:

  • lediglich Personen, die in der EU leben beziehungsweise dort gemeldet sind, können eine Petition einreichen,
  • die Ergebnisse des Petitionsverfahrens sind nicht verbindlich, können aber eine starke politische Wirkung auf EU-Kommission oder Mitgliedstaaten entfalten,
  • das Verfahren kann sehr zeitintensiv sein – was z.T. der Vielsprachigkeit der parlamentarischen Arbeit (24 Sprachen) geschuldet ist.

Wer kann eine Petition einreichen?

Die Möglichkeit, eine Petition einzureichen, haben:

  • alle Bürger*innen der Europäischen Union,
  • alle Personen mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union,
  • alle Angehörigen von Vereinigungen, Unternehmen und Organisationen (natürliche und juristische Personen) mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Wie wird eine Petition eingereicht?

Eine Petition sollte vollständig sein und alle notwendigen sachdienlichen Informationen enthalten. Allerdings sollte man davon Abstand nehmen, den Petitionsausschuss mit allzu vielen Nebensächlichkeiten zu belästigen. Unnötige Einzelheiten sollten besser weggelassen werden. Die Petition muss klar und leserlich abgefasst sein, eine Zusammenfassung beizufügen ist sinnvoll. Eine Formvorschrift gibt es nicht.

Die Petition muss jedoch

  • die Angabe zu Namen, Staatsangehörigkeit und ständigem Wohnsitzes enthalten (im Fall einer Kollektivpetition müssen der Name, die Staatsangehörigkeit und der ständige Wohnsitz der die Petition einreichenden Person oder zumindest des ersten Unterzeichners angegeben werden);
  • unterschrieben sein.

Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Petition einzureichen:

  • auf dem Postweg an folgende Anschrift:

Europäisches Parlament
Der Präsident
Rue Wiertz
B-1047 BRÜSSEL

Petitionen müssen in einer der Amtssprachen der EU verfasst sein. Je mehr Unterzeichner*innen eine Petition aufweist, umso größer ist die Erfolgswahrscheinlichkeit. Auch ist es in der Regel von Vorteil, wenn der Petent ein Mitglied des Petitionsausschusses vorab informiert und dessen Interesse für sein Anliegen wecken kann.

Was passiert, wenn ein Fall angenommen wird?

Der Petent erhält „so schnell wie möglich“ postalisch oder elektronisch eine Bestätigung, dass seine Petition eingegangen ist. Erfüllt sie alle notwendigen Kriterien – was vor allem heißt, dass sie einen Tätigkeitsbereich der EU betreffen muss – dann greift der Petitionsausschuss das Anliegen in der Regel auf und beschließt das weitere Verfahren.

Jede Petition wird notifiziert, erhält eine Nummer und wird in das Petitionsregister aufgenommen. Wesentliche Entscheidungen, die im Zusammenhang mit einer Petition getroffen werden, werden unter Nennung der Nummer im Plenum des Parlaments vorgetragen und finden damit auch Eingang in das Protokoll, was wiederum im Internet nachzulesen ist. Damit sind i.d.R. auch Name des Petenten und sein Anliegen öffentlich. Wer dies nicht möchte, muss bereits bei Einreichung der Petition um Anonymität und Vertraulichkeit bitten. Gleiches gilt für die Weitergabe von Informationen an nationale Behörden, was der Petitionsausschuss häufig bei seiner Suche nach einer Lösung für sinnvoll erachtet.

Die Sitzungen des Petitionsausschusses finden in der Regel jeden Monat außer in den Parlamentsferien im August statt. Der Ausschuss wird in seiner Arbeit von einem ständigen Sekretariat unterstützt, das für den Ablauf des Petitionsverfahrens zuständig ist, eine beratende Funktion hat und die Sitzungen des Ausschusses vorbereitet.

Wie lange dauert ein Fall?

Abgesehen von der Übersetzung in sämtliche Amtssprachen, ist vor allem die Komplexität eines Falles für die Dauer des Verfahrens entscheidend. Wenn das Sekretariat des Petitionsausschusses – häufig mit der Hilfe der Dienste der EU-Kommission – eine vorläufige Untersuchung abgeschlossen hat, setzt es das Thema auf die Agenda des Ausschusses. Wann es dort diskutiert wird, lässt sich i.d.R. erst kurz vorher (etwa zwei Wochen) anhand der im Internet veröffentlichten Agenda ersehen (www.europarl.eu => Tätigkeiten => Ausschüsse => Petitionsausschuss).

Welche Ergebnisse sind zu erwarten?

Der Petitionsausschuss wird sich zunächst selbst mit dem Fall befassen und anschließend – je nach Sachlage – über das weitere Vorgehen entscheiden. Dabei stehen ihm folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  • die Europäische Kommission auffordern, eine vorläufige Prüfung des Gegenstands vorzunehmen und Auskünfte über die Einhaltung des einschlägigen EU-Rechts zu übermitteln oder sich mit dem Problemlösungsservice Solvit (http://ec.europa.eu/solvit) in Verbindung setzen,
  • die Petition zur Information oder Weiterbehandlung an andere Ausschüsse des Europäischen Parlaments weiterleiten (ein Ausschuss kann beispielsweise eine Petition im Rahmen seiner Mitwirkung an der Rechtsetzungstätigkeit berücksichtigen),
  • in besonderen Fällen einen kompletten Bericht ausarbeiten und dem Parlament zur Abstimmung im Plenum vorlegen und/oder ihn dem Rat zuleiten,
  • über den Präsidenten des EU-Parlaments die Petition an die zuständige nationale Stelle weiterleiten,
  • eine Delegation zu einem Informationsbesuch in das betreffende Land oder die betreffende Region entsenden und anschließend einen Bericht des Ausschusses mit Anmerkungen und Empfehlungen veröffentlichen (über das Sekretariat des Petitionsausschusses kann man erfahren, welche Informationsbesuche in nächster Zeit geplant sind – ggf. lässt sich das eigene Anliegen damit verknüpfen),
  • oder zur Lösung des jeweiligen Problems andere für zweckmäßig erachtete Schritte einleiten oder dem Petenten eine angemessene Antwort zukommen lassen.