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Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
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Unsere Forderungen kompakt

Unsere Forderungen kompakt

#NatürlichWählen – Mit einem vereinten, zukunftsfähigen Europa raus aus den Krisen 

Basierend auf den DNR-Europawahlforderungen  

Wir haben der Europäischen Union in den letzten Jahren viele gute Errungenschaften zu verdanken: Der Europäische Green Deal mit dem Klimapaket „Fit for 55“, der Farm-to-Fork-Strategie und jüngst dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur hat die Weichen für ein klimaneutrales, naturverträgliches und zukunftsfähiges Europa gestellt. Für uns ganz alltägliche Dinge wie sauberes Trinkwasser, bessere Luftqualität und gesunde Lebensmittel gibt es vor allem, weil die EU in der Vergangenheit hierfür starke Umweltstandards geschaffen hat. Und auch Demokratie, Sicherheit und Wohlstand sind das Ergebnis eines gemeinsamen und bedachten Handelns der Europäischen Union in den vergangenen Jahrzehnten. Diesen Weg muss die EU nun konsequent und zielstrebig weitergehen.

Bei den Europawahlen am 9. Juni 2024 können die Bürger*innen mit ihrer Stimme dafür sorgen, dass ein solidarisches und demokratisch verfasstes Europa diese Errungenschaften weiter hochhält und sich voller Entschlossenheit gegen den drohenden Rechtsruck, gegen die Klimakrise und gegen das Artensterben stellt. Gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten von Veränderung zu erwirken, ist für ein geeintes, solidarisches Europa zentral. Die EU muss dafür sorgen, Ungerechtigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen aufzulösen. Denn die Antwort auf die vielfältigen Krisen ist nicht weniger Nachhaltigkeit, weniger Klima-, Natur-, Tier- und Umweltschutz oder weniger Europa. Stattdessen müssen wir noch gezielter in Natur-, Tier- und Klimaschutz, die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs, eine nachhaltige Infrastruktur, Industrietransformation und den Erhalt der Biodiversität als unsere Lebensgrundlage investieren. Damit ersparen wir uns und nachfolgenden Generationen weit höhere Kosten in der Zukunft. Der DNR fordert daher auf: #NatürlichWählen für mehr Europa, mehr Lebensqualität, mehr Demokratie und mehr Natur-, Tier- und Klimaschutz.

Mit Klima- und Umweltpolitik soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe stärken

Demokratie und Freiheit bilden das Fundament der Europäischen Union. Es ist entscheidend, diese Werte gegen autoritäre oder populistische Strömungen zu verteidigen sowie eine nachhaltige und solidarische Politik zu stärken. Beschränkungen der Grundrechte, Desinformation oder Einschränkungen der Medienfreiheit gefährden die demokratischen Prinzipien, auf denen die EU aufgebaut ist. Ermöglicht und verstärkt werden diese Bedrohungen durch sozioökonomische Ungleichheiten innerhalb Europas, welche nicht nur eine Herausforderung für die soziale Gerechtigkeit darstellen, sondern auch die Stabilität der EU als Ganzes gefährden. Damit die ökologische Transformation nicht zu einer weiteren Vertiefung sozialer Spaltungen innerhalb und zwischen den europäischen Mitgliedstaaten führt, müssen bei allen Umwelt-, Natur-, Tier- und Klimaschutzmaßnahmen immer die sozialen Folgen geprüft und Härten ausgeglichen werden, ohne deren Ambition zu minimieren. Eine verbindliche Weiterführung und Ergänzung des Europäischen Green Deals und eine rasche, konsequent sozial gerechte Umsetzung sind unverzichtbar für die Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit der EU.

Eine sozial gerechte europäische Klima- und Umweltpolitik, die unsere Demokratie stärkt, umfasst: 

  • die finanzielle Abfederung von Klimapolitik durch die Einführung eines Klimageldes und eines größeren Klimasozialfonds, um alle Menschen mitzunehmen. 
  • für bezahlbare Energie und Lebensmittel zu sorgen: Bis 2040 sollte die EU im gesamten Energiesektor 100 Prozent günstige, naturverträgliche Erneuerbare Energien erreicht haben, dabei muss die Bürger*innen-Energie im Vordergrund stehen. Alle Verbraucher*innen müssen unabhängig von ihrem Einkommen in der Lage sein, sich gesund und pflanzenbasiert zu ernähren. Alle Landwirt*innen haben ein Recht auf faire Preise für nachhaltig produzierte Lebensmittel. Gleichzeitig muss die EU mehr Umwelt-, Klima-, Biodiversitäts- und Tierschutz in der Landwirtschaft in einem übergeordneten Rechtsrahmen verankern und in alle bestehenden Gesetze integrieren. 
  • die Gleichstellung der Geschlechter und die Berücksichtigung marginalisierter Gruppen, die soziale Ungleichheit reduziert und die gesellschaftliche Teilhabe stärkt. Alle Umwelt- und Klimamaßnahmen müssen dahingehend geprüft werden, wie sie die geschlechtsspezifische Situation von Frauen und allen Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden, beeinflussen. 
  • eine umfassende politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung, um eine breite gesellschaftliche Beteiligung zu Umweltpolitik zu erreichen.

Der historischen Verantwortung Europas gerecht werden: Frieden und Sicherheit in Zeiten der Klimakrise

Mit großer Sorge sehen wir, wie in den letzten Jahren Frieden und Sicherheit in Europa und darüber hinaus gefährdet sind. Hinzu kommt, dass natürliche Ressourcen (wie Nahrungsmittel, Land, Wasser und Energie) sowie Umweltkrisen und die Klimaerhitzung immer mehr zu Treibern von Konflikten, Kriegen und Flucht werden. Besonders im Globalen Süden leiden Menschen massiv unter der Klima- und Biodiversitätskrise. So überschreitet die Zahl der Umwelt- und Klimavertriebenen die Zahl der vor Krieg Flüchtenden bereits heute um ein Vielfaches. Mit seinen hohen historischen Emissionen seit der industriellen Revolution und der Ausbeutung von Mensch und Natur im Globalen Süden seit der Kolonialzeit trägt Europa eine besondere historische Verantwortung für die Klima- und Biodiversitätskrisen, Umweltzerstörung, Ressourcenverbrauch und soziale Ungerechtigkeiten weltweit und steht daher in einer besonderen Verantwortung, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine gerechte Umweltpolitik muss auch die Bedürfnisse und Rechte zukünftiger Generationen berücksichtigen. Die Einhaltung des 1,5°C-Klimaziels ist hierfür eine zentrale Richtschnur. Ambitionierte und verlässliche Klima- und Umweltpolitik weltweit, die dafür sorgt, dass wir die planetaren Belastungsgrenzen nicht weiter überschreiten, ist somit immer auch Friedenspolitik und Teil einer vorausschauenden Asyl- und Migrationspolitik.

Zukunftsorientiert für Sicherheit zu sorgen, bedeutet demnach auch, auf globaler und europäischer Ebene Ernährungssicherheit zu schaffen – nicht durch Produktivitätssteigerung um jeden Preis, sondern durch langfristig und nachhaltig resiliente Agrar- und Ernährungssysteme. Diese erreichen wir durch einen verantwortungsvollen Umgang und gezielten Einsatz der vorhandenen natürlichen Ressourcen. Das gilt auch für die Sicherung der europäischen Energieunabhängigkeit durch naturverträgliche erneuerbare Energien sowie die Abwendung von klimabedingten Umweltkatastrophen. 

Eine europäische Klima- und Umweltpolitik, die der historischen Verantwortung Europas gerecht wird und so zum Frieden und zur Sicherheit beiträgt, muss

  • EU-Klimaziele für 2035 und 2040 zusammen mit zusätzlichen internationalen Anstrengungen auf den 1,5°C-Pfad ausrichten. Diese Ziele müssen auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen des unabhängigen EU-Klimabeirats basieren. Nur so kann die EU sicherstellen, dass sie sich verlässliche, wissenschaftsbasierte und gerechte Klimaziele setzt.
  • andere Länder noch stärker durch Klimapartnerschaften, Klimafinanzierung, technische Unterstützung sowie Expertise in den Bereichen Emissionsminderung, Anpassung sowie klimabedingte Schäden und Verluste unterstützen.
  • weltweit für den raschen Ausstieg aus den fossilen Energien sorgen und hier mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu gehört der Ausstieg der EU aus der energetischen Nutzung von fossilem Gas und Öl bis spätestens 2040.
  • der Verantwortung der EU auf dem Weltmarkt gerecht werden. Für ihren Lebensmittelkonsum braucht die EU aktuell weltweit deutlich mehr Fläche als in der EU an Agrarfläche zur Verfügung steht, unter anderem durch die hohen Futtermittelimporte für die Tierhaltung und den Anbau von Energiepflanzen. Daher muss der Flächenverbrauch der europäischen Agrar- und Ernährungsindustrie deutlich verringert werden. Der EU-Außenhandel darf weder direkt noch indirekt zu weiterer Zerstörung oder Degradierung von Ökosystemen beitragen. Im Handel mit Nicht-EU-Staaten müssen soziale und ökologische Mindeststandards eingehalten werden.

Gesunde Menschen in gesunder Umwelt

Die Gesundheit der europäischen Bürger*innen ist untrennbar mit der Qualität unserer Umwelt verbunden. Spätestens seit der Coronapandemie wissen wir, wie wertvoll Gesundheit und ein robustes Gesundheitssystem sind. Doch nicht nur neue Krankheitserreger aufgrund unseres Umgangs mit der Natur sind eine große Gefahr, auch unsere Mobilität und Form des Wirtschaftens haben immense gesundheitliche Folgen. Die industrielle Tierhaltung bringt Antibiotikaresistenzen mit sich, die Herstellung und der Einsatz von Chemikalien führen zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden. Die Auswirkung der Klimaerhitzung führte allein in 2022 zu mehr als 60.000 Hitzetoten in der EU. Der zu hohe Einsatz von Pestiziden in der europäischen Landwirtschaft verursacht erhebliche Schäden für die Insektenvielfalt, die Bodenqualität, den Zustand der Gewässer und stellt auch für die menschliche Gesundheit Risiken dar. So entstehen durch den Pestizideinsatz EU-weite Folgekosten in Milliardenhöhe.

Doch auch künftige Risiken für die menschliche Gesundheit ebenso wie für die Gesundheit der Ökosysteme müssen von der EU eingedämmt werden. Das Vorsorgeprinzip verfolgt den Ansatz der Risiko- und Gefahrenvermeidung in der Umweltpolitik und ist eines der wichtigsten Grundprinzipien der EU. Der Gesundheitsschutz muss daher mit vorsorglicher und starker Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutzpolitik verknüpft werden. Statt allein auf vermeintliche Versprechen von technologischen Lösungen in der Zukunft zu wetten und dabei negative Auswirkungen auf unsere Ökosysteme zu riskieren, muss europäische Umwelt- und Klimapolitik vorausschauend und vorbeugend ausgestaltet sein.

Wir stärken die Gesundheit der Menschen und der Umwelt in Europa, indem: 

  • bis 2030 die Wiederherstellung von Ökosystemen auf mindestens 20 Prozent der Fläche erreicht wird sowie auf 30 Prozent der Land- und Meeresfläche der EU effektiv gemanagte Schutzgebiete geschaffen werden. Zu diesem Zweck muss die EU einen Wiederherstellungsfonds für die Natur einrichten. Um die Ziele des Weltnaturabkommens bis 2030 einzuhalten, muss die Umsetzung der bestehenden EU-Gesetzgebung im Bereich Naturschutz, Wiederherstellung, Gewässer und Meere massiv beschleunigt und konsequent durchgesetzt werden. Darüber hinaus muss eine grundsätzlich nachhaltige Nutzung der Meere zwingend sichergestellt werden, um ihre überragende Rolle in der Klimakrise und als Lebensgrundlage von Millionen von Menschen zu sichern.
  • neue gentechnische Verfahren weiterhin streng reguliert werden durch eine Gewährleistung von Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Wahlfreiheit. Die unkontrollierte Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in Ökosysteme und auf Märkte verstößt gegen das Vorsorgeprinzip und nimmt Verbraucher*innen und Landwirt*innen das Recht auf freie Entscheidung und Selbstbestimmung.
  • die Landwirtschaft naturverträglich und zukunftsfähig transformiert wird. Hierzu gehört, dass der Einsatz und das Risiko chemisch-synthetischer Pestizide bis 2030 mindestens halbiert und der übermäßige Stickstoffeinsatz in der Landwirtschaft, welcher Böden und Grundwasser belastet, drastisch reduziert werden, sowie ein Mindestanteil von zehn Prozent nicht-bewirtschafteter Biodiversitätsflächen und Landschaftselemente im Offenland erreicht wird.
  • eine schadstofffreie Umwelt in der EU durch konkrete Gesetze erreicht wird, die Schadstoffe und Chemikalien schnell, effizient und ausgerichtet am Vorsorgeprinzip regulieren und das Verursacherprinzip gesetzlich verankern. Zudem muss die EU die versprochene Revision der Chemikalienverordnung REACH entschieden vorantreiben.
  • der illegale Wildtierhandel eingedämmt und die Privathaltung von Wildtieren zum Schutz der Tiere, der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit deutlich eingeschränkt wird.

Mit einer sozial-ökologischen Transformation für Wohlstand und Lebensqualität sorgen

Die Bürger*innen in Europa wünschen sich Wohlstand, Lebensqualität und sichere Lebensbedingungen. Die Auswirkungen von Umweltkrisen und der Klimaerhitzung verschärfen ihre Situation zusätzlich. Für die Zukunftsfähigkeit Europas ist zentral, dass Wohlstand nicht mehr nur als rein ökonomisches Wirtschaftswachstum definiert wird, sondern vielmehr als eine Sicherung unserer Lebensgrundlagen. Die Leistungen unserer Natur, die Stärke des sozialen Miteinanders, Bildung, Tierschutz, Sicherheit und demokratische Teilhabe haben erhebliche Auswirkungen auf unseren Wohlstand. Der Klimabericht des IPCC von 2022 nimmt Bezug auf mehrere Studien, die zeigen, dass eine Klimastabilisierung unter zwei Grad Celsius nur möglich ist, wenn unser Wirtschaftssystem unabhängiger vom BIP-Wachstum wird.

Eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur, die auf erneuerbaren Energien, einer sozial und ökologisch gerechten Land- und Forstwirtschaft, nachhaltiger und tierschutzkonformer Fischerei und Aquakultur und umweltfreundlichen Net-Zero-Technologien basiert, fördert die Zukunftsfähigkeit der EU, sichert den europäischen Industriestandort und schafft neue Arbeitsplätze. 

Wir stärken den Wohlstand und die Lebensqualität in Europa, indem:

  • die EU-Politik unabhängiger vom reinen Wirtschaftswachstum an Fortschrittsindikatoren ausgerichtet wird, die sich an ökologischen und sozialen Leistungen für unsere Lebensqualität orientieren und so das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als alleinigen Wachstumsindikator ergänzen.
  • sämtliche öffentliche Finanzmittel klar an den Erfordernissen des Europäischen Green Deals und der sozial-ökologischen Transformation angepasst werden. Dazu gehört u.a. die Einführung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung sowie die Abschaffung aller umwelt- und klimaschädlichen Subventionen. Diese konterkarieren alle Investitionen in Klima-, Natur- und Meeresschutz und bremsen den Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise in Europa aus. 
  • die europäische Wirtschaft sich ausrichtet auf massive Einsparung von Energie und Ressourcen, Suffizienz und Elektrifizierung als Grundbedingung für echte Innovation – auch mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft als Grundpfeiler unseres zukünftigen Wohlstands, die den Ressourcenverbrauch reduziert und zugleich neue Geschäftsfelder erschließt.
  • der Europäische Green Deal zum Motor für neue Jobs wird, u.a. durch Ziele und Empfehlungen für Qualifizierung und Beschäftigung sowie verbindliche Transformationsfahrpläne für Unternehmen.
  • eine konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips, etwa durch eine Besteuerung von Verschmutzung und Ressourcenverbrauch eingeführt wird. Ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen soll sich finanziell lohnen, Verschwendung und Verschmutzung müssen hingegen etwas kosten.
  • mit Beginn der nächsten Förderperiode, spätestens bis 2034, die EU-Agrargelder in vollem Umfang auf die ökologischen und sozioökonomischen Herausforderungen in der Landwirtschaft ausgerichtet sind. Demnach müssen künftig alle Gelder für eine einkommenswirksame Honorierung klar definierter ökologischer Leistungen im Klima-, Biodiversitäts-, Tier-, Gesundheits- und Umweltschutz sowie dem konsequenten Ab- und Umbau der Tierhaltung eingesetzt werden. Es ist entscheidend, dass Landwirt*innen bei der Ausrichtung auf ein sozial und ökologisch zukunftsfähiges Agrar- und Ernährungssystem gezielt unterstützt und somit die Steuergelder der EU-Bürger*innen sinnvoll eingesetzt werden.