Fischereikontrollen verschärfen, Meere schützen

Überfischung bis 2020 abschaffen, gesunde Meere wiederherstellen: Die Wassermühlen der EU mahlen langsam und kleinteilig. 2018 hatte die EU-Kommission die Überarbeitung der Fischereikontrollen vorgeschlagen [2018/0193 (COD)]. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus, der Ball liegt beim Fischereiausschuss im EU-Parlament.
Die Naturschutzorganisation BirdLife hat nun ein Positionspapier vorgelegt und fordert, dass die EU ihre Kontrollverordnung aktualisiert. Denn die Meldung von Beifängen wird auf Fischereifahrzeugen im Allgemeinen schlecht durchgesetzt. Obwohl die EU Regeln für die Erhebung von Daten über die Auswirkungen der Fischerei auf das Ökosystem im weiteren Sinne, einschließlich des Beifangs empfindlicher Arten, festlegt, hängt die Umsetzung dieser Regeln von der Kontrollverordnung ab – insbesondere für die Fischereilogbücher, Fischereiüberwachungssysteme und die elektronische Fernüberwachung (REM). BirdLife fordert unter anderem, dass die Inspektionen der Fischereitätigkeit an die technischen und operativen Vorschriften angepasst werden. Das müsse alle elektronischen Logbücher aller EU-Schiffe umfassen, einschließlich derjenigen, die außerhalb der EU-Gewässer fischen. Diese müssten mit einem System ausgestattet sein, das es ermöglicht, alle empfindlichen Arten sowie etliche Zusatzinformationen wie Fangtechniken oder verwendete Köder elektronisch zu erfassen. Zudem müssten die gesammelten Daten für EU-Bürger*innen transparent und öffentlich zugänglich sein.
Empfindliche Arten wie Seevögel, Meeressäuger und Meeresschildkröten haben ihre Nahrungsgründe in hochproduktiven Gebieten des Ozeans, die auch von kommerziellen Fischereifahrzeugen ins Visier genommen werden. Dies könne dazu führen, dass sie sich an Haken, in Netzen und Kabeln verfangen oder von Schiffen getroffen werden. Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr in ganz Europa mehr als 200.000 Seevögel als Beifang in Fanggeräten. Wenn man wisse, wann und wo es zu unerwünschten Beifängen kommt, könnte diese Bedrohung besser überwacht werden und es sei leichter, wirksame Lösungen zu finden, um sie zu bekämpfen. Allerdings verfügten nur sehr wenige Fischereifahrzeuge über Beobachter*innen an Bord oder andere zuverlässige Methoden zur Überwachung des Beifangs, kritisiert BirdLife.
Die Deutsche Umwelthilfe, New Economics Foundation (NEF) und die Initiative Our Fish hatten kürzlich die europäischen "Überfischungssünder" der letzten zwanzig Jahre an den Pranger gestellt, die - über die vereinbarten Quoten hinaus - tonnenweise zu viel Fisch aus den Meeren geholt haben (EU-News 23.04.2020). Deutschland steht an unrühmlicher fünfter Stelle.
In der deutschen Ost- und Nordsee stehen zurzeit die marinen Raumordnungspläne auf der Tagesordnung. Der NABU hat eine Stellungnahme zur Konzeption und dem Entwurf der strategischen Umweltprüfung (SUP) verfasst. Die Organisation unterstützt den im Konzept zugrundeliegenden Ökosystemansatz und die enge Bindung an die europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, allerdings fehlten konkrete Vorschläge für einen guten Umweltzustand sowie Kriterien und Schwellenwerte für ökologische Belastungsgrenzen. Zudem gelte es, Gegensätze zwischen Klima- und Naturschutz, die sich heute an den Ausbauplänen der Offshore-Windenergie entfachen, auszugleichen. Gesunde Meere seien als Kohlenstoffsenken effektive Klimaschutzmaßnahmen.
Unterdessen haben die Küstenländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit dem Bund und den Übertragungsnetzbetreibern 50Hertz, Amprion und Tennet vereinbart, die installierte Leistung von Windkraftanlagen auf See auf 20 Gigawatt im Jahr 2030 auszubauen. "Für mich ist der zielstrebige und effiziente Ausbau der erneuerbaren Energien ein entscheidender Baustein, um die vom Bund gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen. Wir brauchen noch mehr Strom vom Meer! Und den haben wir dort rund um die Uhr", so Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies. Windkraftanlagen in der Nord- und Ostsee trügen erheblich zur Versorgungssicherheit bei.
Deutschland ist Anfang Mai der internationalen Global Ocean Alliance beigetreten und unterstützt damit das Ziel, bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Meere und Ozeane unter Schutz zu stellen. Darüber informierte am Mittwoch das Bundesumweltministerium (BMU). Dieses zentrale Ziel will die Allianz bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz über biologische Vielfalt einbringen. Außerdem soll es zeitnah einen neuen UN-Vertrag geben, der "den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt der hohen See regeln soll (englisch 'Biodiversitäy Beyond National Jurisdiction', BBNJ)". [jg]
Pressemitteilung BirdLife und vollständiges Positionspapier (PDF, engl., 4 S.)
Seite des NABU zu mariner Raumordnung mit Stellungnahme
Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz