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Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen

Drei Fragen an Helga Inden-Heinrich

Was verbindet Sie mit dem DNR und was waren Ihre kuriosesten Erlebnisse im DNR?

Als Dachverband von fast 100 Natur- Tier und Umweltschutzorganisationen ist der DNR ein sehr heterogenes Konstrukt mit unterschiedlichen Größen, mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten, das sich aber für die gemeinsamen Ziele und Zwecke der unter seinem Dach vereinten Umweltengagierten einsetzt. Das ist nicht immer einfach, manchmal sogar ein sehr mühsames Unterfangen. Aber es hat sich bis heute bewährt. 

"Natur- und Umweltschutzorganisationen weltweit beneiden den DNR um diesen großen, heterogenen, aber funktionierenden Zusammenhalt."
Helga Inden-Heinrich

Ein Beispiel für dieses nicht immer reibungslose, aber dennoch gelungene gemeinsame Wirken trotz Verschiedenartigkeit ist Folgendes:
Aufgrund der heterogenen Struktur und der in den 1980er- und 90er-Jahren bestehenden Stimmen- und Kräfteverhältnisse gab es gewisse Konfliktthemen wie Landwirtschaft und Naturschutz oder Sport und Naturschutz. Zu Letzterem fanden jahrelang unzählige Sitzungen und heftigste Auseinandersetzungen mit den Natursport- und Sportorganisationen statt, die den DNR fast hätten auseinanderbrechen lassen. Der DNR hat es aber geschafft, alle Beteiligten aus Naturschutz- und Sportverbänden zu einer Konferenz einzuladen und das Thema zu befrieden. Es folgte die Erarbeitung von Leitbildern Natur und Landschaft versus Sport. Das war ein langer, zäher Prozess, aber der Dachverband hat sich bewährt. Zusammen mit dem Deutschen Sportbund hat der DNR 1992 das Handbuch Sport und Umwelt herausgegeben.

Heute sitzen Natur- und Umweltschutzverbände mit den Sportverbänden zusammen in verschiedenen Gremien und tauschen sich aus, zum Beispiel in der Kommission Sport und Umwelt des Bundesumweltministeriums (BMU).

Was waren aus Ihrer Sicht die größten Erfolge des DNR für den Natur-, Tier- und Umweltschutz?

Hier sind eindeutig die Koordinations- und Dialogbemühungen des Dachverbands zu nennen. Der DNR war bei zahlreichen wichtigen Planungs- und Gesetzgebungsverfahren beteiligt, war zur Koordination von Gesprächsrunden im Kanzleramt, in Bundesministerien, aber auch im Dialog mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen (Gewerkschaften, Kirchen, Medien). Er hat ein Vorschlagsrecht bei Projekten und Preisen, zum Beispiel bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt oder der Woche der Umwelt beim Bundespräsidenten.

"Vieles ist heute selbstverständlich und Alltagsgeschehen. Aber es hat Jahrzehnte gedauert, so weit zu kommen, und mühsamer und kleiner Schritte bedurft."
Helga Inden-Heinrich

Natur- und Umweltthemen und deren Gesetzgebung waren spätestens seit den 1980er-Jahren verstärkt auch auf europäischer Ebene präsent. Der DNR hat die Chance ergriffen, eine Koordinationsstelle für die Mitgliedsorganisationen für europäische Themen zu schaffen – die DNR-EU-Koordination. Heute noch ist sie ein Alleinstellungsmerkmal des Dachverbands.

Ein wichtiger Meilenstein war auch die Koordination und Organisation der Verbände zum Thema Umwelt und Entwicklung bei der UN-Staatenkonferenz „Environment and Sustainable Development“ 1992 in Rio de Janeiro. Daraus ist dann das Forum Umwelt und Entwicklung entstanden.

Der DNR hat 2001 über ein vom Umweltbundesamt und BMU gefördertes Projekt das Weiterbildungsprogramm „Zukunftspiloten“ für junge Hochschulabsolventen und -absolventinnen ohne Berufserfahrung geschaffen, das bis heute (inzwischen unter dem Namen Kurs Z) mit Erfolg durchgeführt wird. Die weitergebildeten Umweltaktiven finden sich heute in Ministerien, Verbänden und anderen Institutionen wieder und kehren damit oft auch wieder zu einer Zusammenarbeit mit dem DNR zurück.

Als weitere Erfolge sind zu nennen: Koordinierung der Begleitung zum Ausstieg aus der Atomenergie, zum Bundesnaturschutzgesetz, zur Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung; die Organisation erstmaliger und einmaliger großer Veranstaltungen: 1985 Antarktiskonferenz, 1988 „International Citizens Conference Umweltzerstörung und Weltbank“ in Berlin anlässlich der Weltbankjahrestagung, 1990 Ökologisches Wirtschaften in Leipzig oder 2012 Großer Transformationskongress.

"Wenn es den DNR nicht gäbe, müsste er neu geschaffen werden!"
Helga Inden-Heinrich

Was wünschen Sie dem DNR für die nächsten 70 Jahre?

Dialog und Koordinationsfunktionen, die Serviceleistung des DNR sollen noch weiterausgebaut werden, insbesondere nach innen, denn nicht nur die große Anzahl, sondern auch die Diversität der Mitgliedsorganisationen dieser Solidargemeinschaft ist das große Pfund des DNR, aber auch nach außen in die vielfältigen gesellschaftlichen Gruppierungen und damit in die Bevölkerung.

Die Gesellschaft wird in den nächsten Jahren einen bedeutenden Wandel erleben, in vielerlei Hinsicht. Auch der Generationenkonflikt könnte zunehmen. Der Bedarf an Neuem, Innovativem ist groß und berechtigt, sollte vorangebracht werden, ohne aber den Grundstock an Erfahrungen zu vergessen oder zu ignorieren.

Daher ist es wichtig, dass der DNR auf allen Ebenen eine gute, gedeihliche Zusammenarbeit sucht und den Dachverband aktiv als die Stimme des Natur-, Tier- und Umweltschutzes behauptet. Es wird für den DNR auch in den nächsten 70 Jahren noch ausreichend Arbeit, Herausforderungen, auch Kämpfe, aber hoffentlich ebenso viele Erfolge und zufriedene Momente geben.

Helga Inden-Heinrich

Über Helga Inden-Heinrich

Helga Inden-Heinrich war von 1983 bis 2019 beim DNR angestellt und als Geschäftsführerin verantwortlich für Personal und Finanzen, Verwaltungsabläufe sowie für zahlreiche Themen und Inhalte, zum Beispiel Genderfragen, Bildung, Soziales, Sport oder die Organisation und Koordination von 17 Deutschen Naturschutztagen sowie der beiden Deutschen Umwelttage 1986 und 1992.