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Greenpeace-Studie: Bahnnetz in EU schrumpft
EU-News | 21.09.2023
#Mobilität

Greenpeace-Studie: Bahnnetz in EU schrumpft

Auf der Kurzstrecke - besser Flug als Zug
© pixabay
Auf der Kurzstrecke - besser Zug als Flug

Europa setzt mehr auf die Straße als auf ein gut ausgebautes Schienennetz und verspielt dadurch die Möglichkeit, CO2-Emissionen im Verkehrssektor einzusparen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Greenpeace zur Verkehrsinfrastruktur in den 27 EU-Mitgliedstaaten, Großbritannien, Norwegen und der Schweiz.

Das europäische Schienennetz wurde in den letzten drei Jahrzehnten seit 1995 systematisch unterfinanziert und sogar streckenweise zurückgebaut. Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt die Studie „Auf dem Abstellgleis“ von Greenpeace in Zusammenarbeit mit dem Wuppertal-Institut und dem T3 Transportation Think Tank. Im Fokus der Studie stand die Frage, wie sich die Verkehrsinfrastruktur aus Eisenbahnen, Straßen und Flughäfen in Europa - die EU27-Länder, Großbritannien, Norwegen und die Schweiz - seit 1995 verändert hat.

In die Studie eingeflossen sind Daten zur öffentlichen und privaten Finanzierung von Straßen, Eisenbahnlinien und Flughäfen mit einem Passagieraufkommen höher als 150.000 Passagieren pro Jahr. Bei den Eisenbahnlinien wurden sowohl konventionelle, als auch Hochgeschwindigkeitsbahnen sowie in einigen Ländern auch U-Bahnen sowie Straßenbahnlinien berücksichtigt. Auch Daten zur Erweiterung oder Schließung von Bahnstrecken, Autobahnen und Flughäfen wurden analysiert.

Im Gegensatz zu den negativen Entwicklungen im Bahnverkehr wurde die fossile Verkehrsinfrastruktur wie Autobahnen und Flughäfen massiv ausgebaut und die Nachfrage nach „motorisiertem Individualverkehr“ noch zusätzlich angekurbelt, stellt Greenpeace fest. So sei der Verkehrsbereich der einzige Sektor, der noch nicht zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und dem 2050-Ziel der Klimaneutralität beigetragen hat. Der Anstieg der Treibhausgasemissionen in der EU zwischen 1995 und 2019 um 15 Prozent sei zudem vorrangig auf den Straßenverkehr zurückzuführen.

Schweiz investiert am meisten in die Bahn, Deutschland baut Bahnstrecken zurück

Unterfinanziert wurde das europäische Schienennetz in allen untersuchten Ländern. So wurden im Zeitraum zwischen 1995 und 2018 zwar 1,5 Billionen Euro für den Ausbau der Straßeninfrastruktur ausgegeben, aber nur 930 Milliarden Euro in die Schiene investiert.

In den Jahren 2018–2021 reduzierte sich diese Diskrepanz in den Investitionen zwar, jedoch wurden in zahlreichen europäischen Ländern Bahnstrecken und Bahnhöfe geschlossen. Seit 1995 waren 2.500 Bahnhöfe von Schließungen betroffen, was insbesondere ländliche Gegenden von öffentlichen Verkehrsmitteln abschneidet. Zudem wurden mindestens 13.000 regionale Eisenbahnstrecken stillgelegt, wovon 50 Prozent allerdings ohne größere Anstrengungen wieder reaktiviert werden könnten. Eine detaillierte Auflistung zu betroffenen Strecken hat die „Allianz pro Schiene“ erstellt. Ganz anders sieht es indes beim Straßenausbau aus: Seit 1995 ist die Länge der Autobahnen und Schnellstraßen in den untersuchten Ländern um 60 Prozent gestiegen und umfasst nun insgesamt 82.493 Kilometer.

Die Liste für Ausgaben für die Schiene führt die Schweiz an, von den EU-Mitgliedern belegt Österreich mit 3.723,35 Euro Pro-Kopf-Investitionen den dritten Platz der Rangfolge. Deutschland ist sowohl bei den Stilllegungen der Streckenkilometer für Bahnreisende als auch beim Zuwachs an Autobahnkilometern trauriger Spitzenreiter. Das gesamte deutsche Schienennetz schrumpfte zwischen 1995 und 2020 um 15 Prozent, was etwa 40 Prozent des Verlusts aller europäischen Bahnstrecken ausmacht.

Greenpeace fordert Umsteuerung

Die Entwicklungen in der europäischen Mobilitäts- und Verkehrspolitik beurteilt Greenpeace als sehr negativ und setzt sich für eine Kehrtwende ein. „Europa spart den klimafreundlichen Schienenverkehr kaputt, während der Kontinent zum Brennpunkt der Klimakrise wird", resümiert Lena Donat, Verkehrsexpertin bei Greenpeace. Das Resultat sei ein marodes Schienennetz und eine „klaffende Lücke beim Klimaschutz“, bedingt durch diese falsche Verkehrspolitik. Laut dem T3 Transportation Think Tank zeige die Studie zudem deutlich, dass der „Straßenbau strukturell übervorteilt wurde und weiterhin wird“. Vom deutschen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert Donat, den Aus- und Neubau von Autobahnen zu beenden und stattdessen wieder mehr in die Schiene zu investieren. [mi]

 

Greenpeace: Studie auf Englisch in voller Länge.

Presseportal: Deutsches Bahnnetz schrumpft am stärksten.

Taz: Viel mehr Geld für Straße als für Bahn.

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