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Von 1991 bis 2021: 30 Jahre EU-Koordination

Von 1991 bis 2021: 30 Jahre EU-Koordination

30-jähriges Jubiläum der EU-Koordination beim Deutschen Naturschutzring

Am 1. Dezember 1991 hat der Deutsche Naturschutzring in Bonn eine erste Sachbearbeiterstelle in Teilzeit für „Europa-Koordination“ eingerichtet. Diese sollte „in Vorbereitung auf den EG-Binnenmarkt dazu beitragen, dass die EG-Politik der deutschen Natur- und Umweltverbände besser aufeinander abgestimmt wird“.

Inzwischen sind 30 Jahre vergangen. Wir blicken zurück auf Erfolge und Niederlagen, stellen die Projektleiter*innen vor und blicken voraus. Denn die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um nichts geringeres als eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in der EU und weltweit zu erreichen.

2011 bis heute: von Fukushima über das Pariser Abkommen bis zum Green Deal

Politisch ist enorm viel im Gange: der European Green Deal, das Fit-for-55-Klimapaket, drei EU-Kommissionen (Von der Leyen, Juncker, Barroso II), zwei Europawahlen (2019 und 2014), die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020, der historische Brexit, die Einigung auf die Gemeinsame Agrarpolitik und auf den mehrjährigen Finanzrahmen MFR 2020-2027, die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, die UN-Klimakonferenz 2015, die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung 2030.

Diese Ereignisse prägen unsere Aktivitäten: zahlreiche Treffen mit hochrangigen Vertreter*innen der EU-Institutionen zum Beispiel mit dem EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (2012-2017, Deutschland), den EU-Umweltkommissaren Virginijus Sinkevičius (seit 2019 unter von der Leyen, Litauen), Karmenu Vella (2014-2019 unter Juncker, Malta), Janez Potočnik (2010-2014 unter Barroso II, Slowenien), mit den EU-Klima- und Energiekommissaren Miguel Arias Cañete (2014-2019 unter Juncker, Spanien), Günther Oettinger (Deutschland), Maroš Šefčovič (Kommissionsvizepräsident 2014-2019, Slowakei) sowie deutschen EU-Abgeordneten (sehen Sie hier einige Fotos). Das Team organisierte Lern- und Lobbyfahrten nach Brüssel, erstellte mit viel Engagement und Grips rund 500 Ausgaben des EU-Umweltnewsletters, ein Dutzend Projektberichte, Factsheets und Steckbriefe, das Brüsseler 1x1, die Plattform Umweltcheck EU-Parlament, Pressebriefings, Positionspapiere und vieles mehr.

Erstmals koordinierte der DNR eine Kampagne zur Europawahl 2019 mit dem Titel „natürlich Europa“. Mit Aufklebern, Flyern, einem umfangreichen Social-Media-Paket, Videobotschaften, einer Website und einer Auftaktveranstaltung im Europäischen Haus verbreitete das Team die von allen DNR-Mitgliedsorganisationen unterstützten umwelt- und klimapolitischen Forderungen zur Europawahl. Noch nie zuvor spielten Klimaschutz und Biodiversität eine so große Rolle wie zu dieser Wahl.

Andere erfolgreiche Kampagnen, die die EU-Koordination maßgeblich unterstützte, sind die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten“, die den Einsatz von Pestiziden in der EU beenden will (2020-2021), „Living Land“ (2017), mit der mehr als 250.000 Menschen den Wandel zu einer fairen, nachhaltigen und gesunden Landwirtschaft forderten, sowie „Nature Alert“ (2015-2016), die einen sogenannten Fitness-Check der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie erfolgreich abwenden konnte. Mehr als eine halbe Million Menschen appellierten an die Juncker-Kommission, beide EU-Naturschutzvorschriften beizubehalten.

Auch Niederlagen begleitete das Team, etwa die gescheiterte EBI „People4Soil“. Doch gibt es einen Hoffnungsschimmer: Die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hat 2021 eine Bodenschutzstrategie im Rahmen des Europäischen Green Deal präsentiert.

Der EU Green Deal wird auf lange Sicht die treibende Kraft für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation der EU bleiben. Ob das FF55-Paket, der Null-Schadstoff-Plan, Kreislaufwirtschaft, Wald- und Bodenschutz, Biodiversitätsstrategie 2030, Farm-to-Fork-Strategie oder Mobilität: Das Team der EU-Koordination wird sich auch weiter nach Kräften an der Schnittstelle zwischen Brüssel und Berlin für die Enkeltauglichkeit unseres Planeten einsetzen! Lesen Sie hier einige O-Töne von Teammitgliedern.

Von 1991 bis 2011: 20 Jahre EU-Koordination

Nachdem der Deutsche Naturschutzring in Bonn am 1. Dezember 1991 eine erste Sachbearbeiterstelle in Teilzeit für "Europa-Koordination" eingerichtet hat, sitzt die DNR EU-Koordination inzwischen in Berlin, die EG heißt EU und Umweltpolitik ist ein zwar wichtiges, aber trotzdem von den 28 (später 27) Mitgliedstaaten vernachlässigtes Thema. Die Redaktion der umwelt aktuell hat anlässlich des Jahrestages im Jahr 2011 ein Spezial "Umweltverbände und EU" herausgegeben.

Den Prozess von Anfang an verfolgt hat der frühere DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen. In unserem Interview sagt er: "Ohne die EU-Umweltpolitik hätten wir in Deutschland noch weniger Erfolge aufzuweisen. Ich denke an den Naturschutz und Natura 2000, an die Umweltverträglichkeitsprüfung, die Chemikalienpolitik mit REACH und ganz aktuell das Verbandsklagerecht gestützt auf die Aarhus-Konvention".

Auf dieser Seite finden Sie einen Rückblick mit Meilensteinen und Kurzberichten der bisherigen ProjektleiterInnen der EU-Koordination.

1991-1998: Aufbau, Vernetzung, Information

Unter der Leitung von Sascha Müller-Kraenner geht es zunächst darum, Strukturen zu schaffen und den Umweltverbänden des Deutschen Naturschutzrings zu vermitteln, wie wichtig Entscheidungen auf EU-Ebene sind. Das Medium zur Information der DNR-Mitgliedsorganisationen ist das "EG-Rundschreiben". Das allererste "EG-Rundschreiben" vom 20. Februar 1992 besteht noch aus kopierten und teilweise zusammengeklebten Seiten - es geht nur an einen relativ kleinen Kreis von Interessierten. Nach neun Monaten erfolgt eine erste Evaluation der Arbeit der EU-Koordination durch die DNR-Mitgliedsverbände. Neben dem "für gut befundenen" EU-Rundschreiben wird ein Fachverteiler, vermehrte Koordination und die Vermittlung von ExpertInnen eingefordert. Eine "Weitergabe von Informationen über Mailbox" wird als "nicht vordringlich" betrachtet. Wie sich die Zeiten ändern ... Natürlich gibt es auch jede Menge umweltpolitische Fachthemen zu bearbeiten, darunter der Kampf um mehr Umweltschutz und echte Nachhaltigkeit im Maastricht-Vertrag, erst das Grün-, dann das Weißbuch Verkehr, diverse Richtlinien zu Umweltverträglichkeitsprüfung, Trinkwasser und Oberflächengewässer (WRRL), Luftqualität, Novel Food, Gentechnik ... Übrigens ist Angela Merkel in dieser Zeit (1994-1998) Bundesumweltministerin.

Und was sagt Sascha Müller-Kraenner selbst über die Zeit in der EU-Koordination? Hier geht es zum Interview.

1998-2001: Fußfassen, Kyoto-Protokoll, Emissionshandel

Anja Köhne beginnt 1994 für die EU-Koordination zu arbeiten und übernimmt 1998 deren Leitung. Im Jahr, in dem die EU das Kyoto-Protokoll unterzeichnet und in Bonn nach 16 Jahren die Kanzlerschaft Helmut Kohls endet. Im ersten Halbjahr 1999 hat Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft inne, der Vertrag von Amsterdam tritt in Kraft und im gleichen Jahr findet nach dem geschlossenen Rücktritt der EU-Kommission deren Neubesetzung statt: die Schwedin Margot Wallström wird EU-Umweltkommissarin, Romano Prodi Kommissionspräsident. 2000 erscheint das Grünbuch zur Einführung eines EU-internen Systems für den Emissionshandel mit Treibhausgasen. Dioxin, PVC und Integrierte Produktpolitik, die Gemeinsame Fischereipolitik nach 2002, Verkehrspolitik bis 2010 und die Energiesicherheit der EU sind bestimmende Themen. Der nächste EU-Vertrag, der Vertrag von Nizza, ist schon in Arbeit, wird jedoch bei einem Referendum in Irland abgelehnt.

Und was sagt Anja Köhne selbst über die Zeit in der EU-Koordination? Hier geht es zum Interview.

2002-2006: Chemikalien, Anti-EURATOM und alles online...

Unter der Leitung von Nika Greger werden Chemikalienpolitik (REACH) und Wettbewerbspolitik - die Lissabon-Strategie soll die EU zur wettbewerbsfähigsten Region der Welt machen - wichtig. Die Arbeit an einer neuen EU-Verfassung und die Einrichtung des EU-Konvents beschäftigen die EU-Koordination. Auch die feierliche Übergabe eines "Atomkraftwerkes" an den Konventspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing kann die Abschaffung des EURATOM-Vertrages nicht in die Wege leiten. Der Euro wird 2002 alleiniges Zahlungsmittel in zwölf EU-Staaten, darunter Deutschland. Die EU ratifiziert im gleichen Jahr das Kyoto-Protokoll. 2003 tritt der Vertrag von Nizza in Kraft. Die EU-Erweiterung im Jahr 2004 bringt rund 100 Millionen Menschen in acht osteuropäischen Staaten sowie Malta und Zypern in die EU, zehn neue KommissarInnen ergänzen die neue Barroso-Kommission. Frankreich und die Niederlande wählen den Verfassungsvertrag ab.

Monatliche Sonderhefte des EU-Rundschreibens vertiefen zahlreiche fachpolitische und umweltrechtliche Themen. Zum ersten Mal gibt es eine eigene Internetseite für die EU-Koordination.

Und was sagt Nika Greger selbst über die Zeit in der EU-Koordination? Hier geht es zum Interview.

2006-2010: Lobbyarbeit, Effizienz und umwelt aktuell

Mit einem fulminanten Auftakt startet die "Amtszeit" von Markus Steigenberger. Denn zum letzten Mal für etwa 15 Jahre hat die deutsche Bundesregierung den Vorsitz über die EU-Ratspräsidentschaft (erstes Halbjahr 2007). Mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesumweltministerium organisiert die EU-Koordination eine vorbereitende Konferenz. Dort werden die Pläne der Bundesregierung bereits drei Monate vor Antritt des Vorsitzes einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. NGO-Forderungen werden übergeben und zahlreiche NGO-VertreterInnen aus Deutschland und von europäischen Verbänden treffen sich zu Workshops, Arbeitsgruppen und Strategieplanungen.

Der Lissabon-Vertrag tritt nach langem Hin und Her in Kraft.

Politisch wird das Thema Energieeffizienz immer wichtiger. Mit intensiver Lobbyarbeit und Factsheets versucht die EU-Koordination, sowohl die politische Ebene zu mehr Umweltschutz als auch die NGOs für mehr EU-Politik zu aktivieren. Ihre Informationspolitik stockt die EU-Koordination mit einem wöchentlichen EU-Newsletter auf, der aktuelle Umweltnachrichten aus Brüssel redaktionell aufbereitet. Aus dem EU-Rundschreiben, dem DNR-Deutschland-Rundbrief und der Zeitschrift punkt.um aus dem Münchner oekom verlag wird eine gemeinsame Publikation: "umwelt aktuell". Die inzwischen noch engere Verzahnung zwischen nationaler und europäischer Politik kann kaum anders abgebildet werden als in einem kompakten Heft.

Und was sagt Markus Steigenberger selbst über die Zeit in der EU-Koordination? Hier geht es zum Interview.

2010-2011: Ressourcen, Herausforderungen und Lobbytouren nach Brüssel

Bjela Vossen arbeitet seit 2004 für die EU-Koordination. Interimsweise übernimmt sie die Leitung für neun Monate in den Jahren 2008-2009 und ständig seit Juni 2010. Sie konzipiert die jährlichen Lern- und Lobbyfahrten nach Brüssel. Die guten Kontakte zur EU-Kommission, insbesondere zu Umweltkommissar Janez Potočnik und seinem Kabinett, sind ihr besonders wichtig. Das Team der EU-Koordination begleitet die langfristigen Strategien der EU bis 2020 unter anderem mit News für den wöchentlichen Newsletter. Steckbriefe und Factsheets zu einzelnen Gesetzgebungen, Strategien und Prozessen erscheinen. Neben der kontinuierlichen Informationsarbeit werden im Jahr 2012 das 7. Umweltaktionsprogramm sowie Ressourcen- und Energieeffizienz die Arbeitsschwerpunkte des Teams sein.

Und was sagt Bjela Vossen selbst über die bisherige Zeit in der EU-Koordination? Hier geht es zum Interview.


Wem noch zu danken ist:

Ohne Moos nichts los: Ohne die Unterstützung von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt gäbe es die EU-Koordination vermutlich gar nicht. Dass die Förderung in unterschiedlicher Höhe, verschiedenen Formen und sehr variablen Parteienkonstellationen nun schon über 20 Jahre erfolgt, zeigt, dass unsere Arbeit wichtig ist. Und dass die europäische Idee und die EU wichtig sind - auch und gerade für den Natur- und Umweltschutz.

Neben den jeweils amtierenden "Köpfen" der EU-Koordination gab es zahlreiche Menge MitarbeiterInnen, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Weil das alles nun schon eine Weile her ist, kann diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, darf aber jederzeit vervollständigt werden. Meldet Euch bei uns: mit Namen, Anekdoten, Fotos oder was sonst wichtig ist!

Wir danken Claudia Kabel, Britta Steffenhagen, Thomas Frischmuth, Tinka Lutz, Daniel Unsoeld, Christina Drees, Ulrike Tröger, Almut Gaude, Katja Jüngling sowie den AbsolventInnen eines Freiwilligen Ökologischen Jahres Tobias Querner, Anna Baranski, Deborah Bernsdorf, Isabelle Faragallah,  Mathias Rösch, Eva Zinecker, Nelly Thompson, Franziska Heinrich, Maria Ihlenfeldt, Isabel Oettinger, Tim Treibmann, Sally Busse, Anna Alboldt, Anne Schweitzer, Zoé Thio, Leo Koppelkamm, Hans-Magnus Preuß, Svenja Gräfen sowie zahlreichen wunderbaren, fleißigen und unermüdlichen PraktikantInnen!