Bisphenol A weiter verbreitet und bedenklicher als bisher vermutet

Die Europäische Umweltagentur (EEA) belegt alarmierende Verbreitung des Weichmachers Bisphenol A (BPA) in der europäischen Bevölkerung. In elf untersuchten EU-Ländern sind nahezu alle Personen gesundheitlich bedenklichen Werten ausgesetzt. Ein Beschränkungsvorschlag für BPA und ähnliche Stoffe wurde aber „zeitweise zurückgezogen“.
Die Europäische Umweltagentur (EEA) hat in einem Briefing am 14. September Alarm geschlagen: Die Exposition der Bevölkerung gegenüber der synthetischen Chemikalie Bisphenol A (BPA) liege „deutlich über den gesundheitlich unbedenklichen Grenzwerten“. Die Überschreitung der Grenzwerte stelle ein potenzielles Gesundheitsrisiko für Millionen von Menschen dar.
BPA wird unter anderem in Kunststoff- und Metallbehältern für Lebensmittel bis hin zu wiederverwendbaren Wasserflaschen und Trinkwasserrohren verwendet. Die EEA bezieht sich auf Daten einer EU-Biomonitoring-Studie. Demnach waren bis zu 100 Prozent der teilnehmenden Personen aus elf EU-Ländern der Chemikalie wahrscheinlich über den gesundheitlich unbedenklichen Grenzwerten ausgesetzt. „Dies gibt Anlass zu erheblichen gesundheitlichen Bedenken für die gesamte EU-Bevölkerung“, so die EEA.
Im April hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihr jüngstes wissenschaftliches Gutachten veröffentlicht, in dem sie die Risiken für die öffentliche Gesundheit aufgrund der Exposition gegenüber BPA neu bewertete. Die EFSA urteilte, dass die ernährungsbedingte BPA-Exposition, insbesondere durch Lebensmittelkonserven, die sich als wichtigste Expositionsquelle für alle Altersgruppen erwiesen hat, „derzeit ein Gesundheitsrisiko darstellt“.
BPA kann das menschliche Immunsystem schon bei sehr niedrigen Dosen schädigen, so die EEA. Dies komme zu einer Reihe von ohnehin schon entdeckten schädlichen Auswirkungen wie zum Beispiel Störungen des Hormonsystems, verminderter Fruchtbarkeit und allergischen Hautreaktionen hinzu.
Die deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hatte Ende August ihren von 2022 stammenden Beschränkungsvorschlag für Bisphenol A und weitere Bisphenole mit ähnlicher Besorgnis für die Umwelt im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH allerdings „zeitweise zurückgezogen“. Begründung: Die kürzlich beendete Konsultation habe ergeben, dass eine so grundsätzliche Überarbeitung des Dossiers nötig ist, dass es den üblichen Prüfungsprozess durch die wissenschaftlichen Ausschüsse der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) übersteigt. Umweltverbände hatten schon im Sommer 2022 darauf gedrängt, die Restriktion von BPA und ähnlich bedenklichen Stoffen zu einem positiven Präzedenzfall für den Umgang mit bedenklichen Stoffen zu machen. Eine Forderung, die scheinbar aktueller denn je ist. Immerhin: Ein hart erkämpftes BPA-Verbot in Babyflaschen ist bereits seit Jahren gültig. [jg]
EEA: Public exposure to widely used Bisphenol A exceeds acceptable health safety levels