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Energiecharta-Vertrag bleibt Dorn im Auge
EU-News | 23.06.2022
#Klima und Energie

Energiecharta-Vertrag bleibt Dorn im Auge

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Kohlekraftwerk

Klimawissenschaftler*innen fordern EU in offenem Brief auf, aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) auszusteigen. Außerdem: Junge Menschen klagen 10 europäische Staaten vor dem Europäischem Gerichtshof an, um gegen den ECT vorzugehen.

In einem offenen Brief vom Dienstag haben 78 Klimawissenschaftler*innen den Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) gefordert. Denn der Vertrag aus den 1990er Jahren zum Schutz von Investitionen mache es Konzernen möglich, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen. Dies könne die EU bei der Umsetzung ihrer Ziele für Klimaneutralität und des Green Deal hindern.

In ihrem Brief an die EU-Institutionen beziehen sich die Wissenschaftler*innen auf den jüngsten IPCC-Bericht, der im April veröffentlicht wurde. Die Gruppe warnt, dass selbst die Modernisierung des ECT nicht ausreiche, um die europäischen Klimaziele einzuhalten. Die Modernisierung sieht unter anderem Mechanismen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten (ISDS) vor.

Am vergangenen Freitag hatte der Gerichtshof der Europäischen Union eine von vielen anderen Mitgliedstaaten sowie der EU-Kommission unterstützte Anfrage Belgiens um ein Gutachten zurückgewiesen, das klarstellen sollte, ob der Entwurf des modernisierten Vertrags über die Energiecharta mit den Verträgen vereinbar wäre. Die vierte Kammer des Gerichtshofes stellte klar, dass aufgrund schwelender Definitionssfragen und anderer Verhandlungen derzeit nicht beurteilt werden könne, ob ein Mechanismus zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten im Rahmen eines neu ausgehandelten ECT auf Streitigkeiten zwischen Investoren aus EU-Mitgliedstaaten anwendbar sei. Da der Gerichtshof nicht über hinreichende Angaben zum Inhalt der geplanten Übereinkunft verfüge, müsse der vorliegende Gutachtenantrag aufgrund seiner verfrühten Einreichung als unzulässig angesehen werden.

Die Wissenschafler*innen haben sich an die EU-Institutionen gewandt, weil am Freitag die EU-Kommission in einer Ad-hoc-Energiecharta-Konferenz über die Modernisierung des ECT diskutieren will. Der Verhandlungsprozess um den ECT neigt sich nach über zwei Jahre zu Ende. Aber auch in den EU-Mitgliedstaaten regen sich Zweifel. So berichtete der Informationsdienst ENDS Europe, dass sich am Mittwoch die spanische Regierung dafür ausgesprochen hat, den Rückzug aus dem ECT anzutreten. Die Versuche, den Vertrag über die Energiecharta an die klimapolitischen Ziele Europas anzupassen, seien gescheitert.
In einem Briefing des Climate Action Networks Europe (CAN) heißt es, dass die Verabschiedung eines reformierten ECT Greenwashing sei und damit eine wirkliche Lösung – also der Rückzug aus dem ECT – schwieriger zu realisieren sei. Die vollständige CAN-Analyse finden Sie
hier.
Die Umweltschutzorganisation Bund fordert ebenfalls, dass
sowohl Deutschland als auch die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten  aus dem ECT aussteigen. Der ECT befeuere die Klimakrise, verhindere Umweltschutzmaßnahmen und bremse die Energiewende, sagte Antje von Broock, Geschäftsführerin beim BUND.

Der ECT steht immer wieder in der Kritik. Ende April hatte ein Autoren-Duo gezeigt, dass der ECT unvereinbar mit EU-Recht sei (EU-News 28.04.2022). Einem Bericht des Guardians zur Folge waren am Dienstag fünf Personen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), um gegen den Energiecharta-Vertrag zu klagen. Die Klage vor dem EGMR richtet sich gegen zehn EU-Mitgliedstaaten - darunter auch Deutschland. Die Kläger*innen sind zwischen 17 und 31 Jahre alt. Der ECT blockiere den Kampf gegen die Klimakrise, so die Argumentation der Kläger*innen. [lw]

 

Offener Brief

ENDS (zahlungspflichtig): Revised Energy Charter Treaty still threat to EU climate goals, scientists warn

GUTACHTEN 1/20 DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

ENDS (zahlungspflichtig): Spain demands EU withdrawal from energy charter treaty

BUND: Kommentar

The guardian: Young people go to European court to stop treaty that aids fossil fuel investors

 

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