Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Klima und Energie kompakt: Abgewiesene Klimaklage, Wasserstoff im Parlament, Kohleausstieg, Ökodesign
EU-News | 25.03.2021
#Klima und Energie

Klima und Energie kompakt: Abgewiesene Klimaklage, Wasserstoff im Parlament, Kohleausstieg, Ökodesign

industry-1752876_1920_c._Ralf_Vetterle_Pixabay
c. Ralf Vetterle | Pixabay

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute die Berufung der Klage gegen das EU-Klimapaket abgewiesen. Der Industrieausschuss im EU-Parlament positioniert sich zu Wasserstoff. Europe Beyond Coal zieht eine Halbzeitbilanz zum europäischen Kohleausstieg. Ökodesign geht nur schleppend voran.

Klimaklage

Am Donnerstag bestätigte der EuGH das Urteil aus erster Instanz von 2019 (siehe EU-News vom 22.05.2019): Die Kläger*innen seien aufgrund „mangelnder individueller Betroffenheit“ von der EU-Klimapolitik nicht dazu berechtigt, diese vor Gericht anzufechten. Auch die Schadenersatzforderungen der Familien wiesen die Richter*innen ab. „Die Tatsache, dass sich der Klimawandel auf eine bestimmte Person anders auswirken könne als auf eine andere, bedeute nicht, dass aus diesem Grund eine Befugnis zur Klage gegen eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung bestehe“, heißt es in der Begründung.

2018 hatten Familien aus fünf EU-Staaten, Kenia und Fidschi sowie ein samischer Jugendverband vor dem Europäischen Gericht für schärfere Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen in der EU geklagt. Sie forderten die EU-Institutionen auf, die Ziele zur CO2-Reduktion bis 2030 auf mindestens 50 bis 60 Prozent zu erhöhen.

Für Roda Verheyen, koordinierende Anwältin der Klimaklage verdeutlicht das „wenig überzeugende“ Urteil „die Angst vor Klagen durch Bürger*innen“. Menschen Zugang zum Recht zu gewähren, hätte der EU nicht geschadet, sondern sie stärker gemacht, erklärte Verheyen.

Prof. Gerd Winter, einer der Rechtsvertreter der Klägerfamilien nimmt das Urteil als „schmerzende Gleichgültigkeit“ des Gerichtshofs wahr. „Aus Angst vor einer Klageflut nimmt er dabei den Widerspruch in Kauf, dass den Betroffenen umso weniger Rechtsschutz gewährt wird, je dramatischer der Klimawandel ist und je mehr Menschen dementsprechend in ihrer Gesundheit und beruflichen Existenz geschädigt werden“, so Winter.

Für Laura Hildt, Referentin für Biodiversität beim Europäischen Umweltbüro, verdeutlicht das Urteil ein grundlegendes Problem der EU, Zugang zu Gerichten zu gewähren. Sie rief das EU-Parlament auf, sich für die Einhaltung der Aarhus-Konvention in der EU einzusetzen. Der für die Umsetzung der internationalen Aarhus Konvention zuständige Ausschuss hatte in der letzten Woche festgestellt, dass die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben muss, staatliche Beihilfen gerichtlich zu hinterfragen, wenn diese Auswirkungen auf die Umwelt haben. Weitere Infos dazu lesen Sie in der EU-News vom 24.03.

Urteil des Gerichtshofs

Pressemitteilung von CAN Europe

Gerd Winter in der Pressemitteilung von Germanwatch

Laura Hildt auf Twitter

Industrieausschuss: Wasserstoff als Lösung

Die Mitglieder des Industrieausschusses (ITRE) im EU-Parlament haben sich am Montag für die Nutzung von Wasserstoff für die Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft ausgesprochen. In einem mit 46 zu 25 Stimmen angenommenen Initiativbericht als Reaktion auf die Wasserstoffstrategie der EU-Kommission (siehe EU-News vom 08.07.2020) stellten sie fest, dass „nur erneuerbarer Wasserstoff langfristig zur Klimaneutralität beitragen kann“. Wasserstoff solle vor allem in der Industrie, dem Luft- und Seeverkehr sowie dem Schwerlastverkehr zum Einsatz kommen. Zudem sei es notwendig, die verschiedene Arten von Wasserstoff einheitlich zu klassifizieren und Wasserstoff, der nicht aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, „so schnell wie möglich aus dem Verkehr zu ziehen“. Dies müsse auch für importierten Wasserstoff gelten. Es solle zudem „geprüft werden“, ob bestehende Gasinsfrastrukturen für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff umgewidmet werden könnten.

Imke Lübbeke, Leiterin des Teams Klima und Energie im EU-Büro des WWF, zeigte sich enttäuscht, dass die Ausschussmitglieder es versäumten, „die Wasserstoffstrategie der Kommission zu verbessern und zu fordern, dass öffentliche Gelder nur für erneuerbaren Wasserstoff eingesetzt werden“. Stattdessen hätten sie sich in ihren Diskussionen auf „Technologien und politische Maßnahmen“ konzentriert, „die Europas Weg zur Klimaneutralität behindern werden“.

In einem zweiten Bericht reagierten die ITRE-Mitglieder auf die Strategie zur Integration des Energiesystems, die ebenfalls im Sommer 2020 von der EU-Kommission vorgelegt wurde. Mit 60 zu 11 Stimmen sprachen sie sich darin für eine Vernetzung aus, „wenn das System als Ganzes geplant und betrieben wird und verschiedene Energieträger, Infrastrukturen und Sektoren miteinander verbindet“.

Die Berichte werden voraussichtlich Ende April dem Parlamentsplenum vorgelegt.

Pressemitteilung des EU-Parlaments

Pressemitteilung des WWF

Halbzeit beim Europäischen Kohleausstieg

Fünf Jahre nach Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens wurden die Hälfte der europäischen Kohlekraftwerke geschlossen oder Pläne zur Schließung vor 2030 angekündigt. Das berichtete die Kampagne Europe Beyond Coal am Dienstag und bezeichnete 2030 als Schlüsseldatum für den Kohleausstieg in Europa, da „es der spätestmögliche Zeitpunkt ist, an dem diese Länder ihre Kohlekraftwerke schließen und trotzdem die Ziele des Pariser Abkommens erfüllen können“. Dass in den letzten fünf Jahren bereits so viele Kraftwerke geschlossen wurden, sei vor allem auf die stark gesunkenen Kosten für Solar- und Windenergie zurückzuführen. Auch „jahrzehntelange intensive Kampagnen der Zivilgesellschaft und die spürbare öffentliche Wut über die Rolle der Kohle in der Klimakrise und die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung“ hätten dabei eine starke Rolle gespielt. Ebenso wie die EU-Richtlinie über Industrieemissionen, das neuen 55 Prozent-Emissionsreduktionsziel und teurere Emissionszertifikate. 70 Prozent der noch bestehenden oder geplanten Kohlekraftwerke in Europa befinden sich nach Angaben von Europe Beyond Coal in Deutschland, Polen und der Türkei.

Beitrag bei Europe Beyond Coal

Ökodesign nicht verschleppen

Das Europäische Umweltbüro, ECOS und die Kampagnen Right to Repair und Coolproducts haben sich in dieser Woche an die EU-Kommission gewandt und sie aufgefordert, ihre Arbeit zur Ökodesign-Regulierung von Produkten schneller voranzutreiben. Obwohl die Energie- und Materialeinsparungen über die Ökodesign-Richtlinie wichtige Instrumente für die Klima- und Kreislaufwirtschaftsziele der EU sind, seien in den letzten Jahren kaum Fortschritte gemacht worden. So habe die EU-Kommission seit 2019 keine neuen Durchführungsverordnungen mehr verabschiedet, „obwohl weit mehr als ein Dutzend bestehender Verordnungen zur Überprüfung anstehen“, schreiben die Organisationen. Zudem werde der Arbeitsplan für Ökodesign und Energieverbrauchskennzeichnung 2020-2024 voraussichtlich mit zweijähriger Verspätung verabschiedet. Für keine der neuen Produktgruppen, die im vorherigen Arbeitsplan identifiziert wurden, seien bisher spezielle Maßnahmen verabschiedet worden. [km]

Brief der Organisationen

Senken keine Ausrede für Nichtstun im Klimaschutz

Offener Brief an EU-Entscheider*innen

"Die Wiederaufforstung darf nicht dazu benutzt werden, die Untätigkeit im Klimaschutz in den Sektoren Landwirtschaft, Energie, Wohnungsbau, Industrie und Verkehr auszugleichen", kritisiert ein Bündnis von Umweltorganisationen in einem Offenen Brief. FERN, BirdLife, Carbon Market Watch, CAN Europe, Greenpeace, Transport & Environment und Europäisches Umweltbüro wollen nicht, dass neue EU-Klimaziele und Änderungen an der Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) nur auf die Senkenfunktion von Wäldern setzen. Auch Emissionen aus anderen Sektoren müssten reduziert werden, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Weiterlesen

Böden nur unzuverlässige Senke?

Das Potenzial von Böden, Kohlenstoff zu speichern und als sogenannte CO2-Senke zu fungieren könnte möglicherweise bisher überschätzt worden sein. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Terrestrische Ökosysteme entfernten jedes Jahr etwa 30 Prozent des durch menschliche Aktivitäten emittierten Kohlendioxids (CO2). Die Wissenschaftler*innen haben aber festgestellt, dass die Fähigkeit der Böden, CO2 zu speichern abhängig von der Pflanzenbiomasse ist, die auf dem Boden gedeiht: Wenn die Pflanzenbiomasse durch Kohlenstoff stark stimuliert werde, sinke dessen Speicherung im Boden; umgekehrt nehme die Kohlenstoffspeicherung zu, wenn die Biomasse nur schwach stimuliert wird. Bei Grünlandböden ist es wiederum anders als bei Waldböden, was Ökosystemmodelle bisher aber nicht einberechneten. Artikel im Guardian und Studie

Das könnte Sie interessieren

EU-Flagge
EU-News | 18.04.2024

#Bodenschutz #Emissionen #EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Wasser und Meere

Countdown vor Europawahl: EU-Parlament im Beschlussrausch

Gasmarktreform, Strommarktreform, Abwasser, CO₂-Emissionen bei Bussen und Lkw, Zertifikatesystem für Kohlenstoff (Carbon Capture Removal), Methanverordnung und Bodenschutz... Das erste Aprilplenum hatte eine lange Agenda....