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EU-Gentechnik-Tests unter falschen Bedingungen – Kommission genehmigt weiter
EU-News | 27.01.2021
#Wirtschaft

EU-Gentechnik-Tests unter falschen Bedingungen – Kommission genehmigt weiter

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c. BUNDjugend

Vergangene Woche erteilte die EU-Kommission ihre Zustimmung zur Verwendung von acht gentechnisch veränderten Pflanzen in Lebens- und Futtermitteln. Das Forschungsinstitut Testbiotech wies auf Fehler im Bewertungsverfahren hin und will die Entscheidung anfechten.

Fünf Mais- und zwei Soja-Sorten, die gentechnisch verändert wurden, um gegen Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat Resistenzen zu entwickeln, dürfen demnach zwar nicht in der EU angebaut, aber importiert und in Lebens- und Futtermitteln verwendet werden. Für drei der Maissorten bestand bereits eine Zulassung, die nun erneuert wurde. Die acht Pflanzen hätten ein „umfassendes Zulassungsverfahren durchlaufen, einschließlich einer positiven wissenschaftlichen Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)“, heißt in einer Pressemitteilung der EU-Kommission. Da die EU-Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) „weder mit qualifizierter Mehrheit für oder gegen die Zulassung gestimmt“ hätten, sei der Kommission nicht anderes übrig geblieben, als die Genehmigung zu erteilen.

Dem widersprach das Forschungsinstitut Testbiotech. In einem neuen Bericht legten die Wissenschaftler*innen vergangene Woche dar, welche Probleme beim Verfahren zur Risikobewertung genmanipulierter Pflanzen bestehen. Demnach habe die EFSA „seit Jahren Annahmen verteidigt, auch wenn diese im Widerspruch zu den Fakten stehen“, so Testbiotech. Darüber hinaus versuche die EFSA „absichtlich von den "dunklen" Seiten ihrer Risikobewertung abzulenken.“ 

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Auch der Bewertungsprozess der nun von der EU-Kommission zugelassenen Sorten sei fehlerhaft gewesen, erklärte das Institut und führte als Beispiel eine Maissorte an, die mit dem Ziel einer besonders hohen Hitzetoleranz gezüchtet wurde. Tatsächlich sei die Sorte jedoch nie unter Dürrebedingungen getestet worden. Auch die in Tests ausgebrachten Belastungsmengen durch Glyphosat seien fernab von der Realität gewesen, so Testbiotech. Die Zulassung der Sorte verstoße deshalb gegen EU-Recht, das Tests „unter realistischen Bedingungen“ erforderlich mache, um sicherzustellen, dass die Pflanze sich in der tatsächlichen Anwendung genauso verhalte wie in der Testphase. Das Institut kündigte an, einen Antrag auf Revision der Entscheidung der EU-Kommission zu stellen.

Es ist geläufige Praxis, dass die EU-Exekutive die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf dem EU-Markt erlaubt, obwohl weder eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten noch die Abgeordneten des EU-Parlaments dem zustimmen. Im Gegenteil: Die Parlamentarier*innen haben im vergangenen Jahr mehrere Resolutionen verabschiedet, in denen sie sich gegen eine Zulassung der Kandidaten aussprachen und den Genehmigungsprozess, in dessen Rahmen „die EU-Komission ihre Kompetenzen überschreite“, kritisierten (siehe EU-News vom 19.11.2020).

Die EFSA hatte vergangenes Jahr Kritik am Bewertungsverfahren von sich gewiesen und erklärt, dass ihr Ansatz für die Risikobewertung von GVO „angemessen und ausreichend“ sei sowie mit den geltenden EU-Rechtsvorschriften in Einklang stehe. Testbiotech hatte daraufhin eine von der EFSA unabhängige Überprüfung der Verfahren gefordert (siehe EU-News vom 21.07.). [km]

Pressemitteilung der EU-Kommission

Pressemitteilung von Testbiotech

Studie von Testbiotech: Risk assessment of GE plants in the EU: Taking a look at the ‘dark side of the moon’

Mehrheit von EU Bürger*innen lehnt gentechnische Veränderung von wildlebenden Arten ab

In Gene-Drive-Organismen ist häufig die Gentechnologie CRISPR-Cas eingebaut und so programmiert, dass sie sich selbst immer wieder ins Erbgut aller Nachfahren einfügt. Damit können Menschen wildlebende Arten verändern, ersetzen oder gar ausrotten. Aber soll die Menschheit derartige Organismen in die Natur entlassen?

Die Antwort einer deutlichen Mehrheit der Bürger*innen in acht europäischen Ländern lautet: "Nein, die Risiken sind zu hoch".

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