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Hohe Verlustrate bei Brutvögeln in Europa
EU-News | 17.11.2021
#Biodiversität und Naturschutz

Hohe Verlustrate bei Brutvögeln in Europa

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c. pixabay/Pexels

Neuen Daten zufolge sind seit 1980 rund 600 Millionen Brutvögel in der EU verloren gegangen. Der größte Bestandsrückgang ist beim Haussperling mit 247 Millionen weniger Individuen zu verzeichnen, gefolgt von der Schafstelze mit 97, dem Star mit 75 und der Feldlerche mit 68 Millionen weniger Individuen. Das ist das Ergebnis einer Studie von Vogelschutzorganisationen.

Ein Team von der Royal Society for the Protection of Birds (RSPB), von BirdLife International und der Tschechischen Gesellschaft für Ornithologie hat Daten aus dem paneuropäischen Vogelmonitoringprogramm des European Bird Census Council und der obligatorischen Berichterstattung der EU-Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie analysiert. Es wurden 378 von 445 Vogelarten, die in den Ländern der EU heimisch sind, unter die Lupe genommen. Ein erheblicher Teil der Verluste sei auf einen massiven Rückgang bei den häufiger vorkommenden Vogelarten zurückzuführen. Zwischen 1980 und 2017 seien die Gesamtpopulationen um 17 bis 19 Prozent zurückgegangen.

  • Artbezogen: Der einst allgegenwärtige Haussperling hat seit 1980 die Hälfte seiner Population verloren, insgesamt 247 Millionen Vögel. Sein naher Verwandter, der Feldsperling, habe ebenfalls einen großen Schwund von 30 Millionen Vögeln. Beide seien von Veränderungen in der Landwirtschaftspolitik und -bewirtschaftung betroffen, doch auch in den Städten gab es Verluste.
  • Lebensformbezogen: Die höchsten Gesamtverluste seien bei den Acker- und Grünlandvögeln zu verzeichnen. Bei den Langstreckenziehern wie Weidenlaubsänger und Gebirgsstelze sowie bei den Küstenvögeln wie Kiebitz und Trauerschnäpper sei der Rückgang proportional stärker als bei anderen Gruppen.
  • Zeitbezogen: Der größte Rückgang der Vogelbestände habe in den 1980er- und 1990er-Jahren stattgefunden. Im vergangenen Jahrzehnt habe sich das Verlusttempo verlangsamt. Die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie böten rechtlichen Schutz für prioritäre Arten und Lebensräume und hätten sich als vorteilhaft für Vogelarten erwiesen, da sie den Schutz von Lebensräumen verbessern. Beispielsweise habe bei sieben Raubvogelarten die Population in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen, nachdem der Schutz verbessert, Pestizide und Verfolgung reduziert und gezielte Wiederauffüllungsprojekte durchgeführt wurden.

Der Verlust häufig vorkommender Arten sei besorgniserregend, da er die Ökosysteme und deren Funktion beeinträchtige. Zudem stützten die Ergebnisse frühere Untersuchungen, die einen erheblichen Verlust an biologischer Vielfalt in jüngster Zeit belegen.

Eine der Hauptautorinnen der Studie, Fiona Burns von der RSPB, sagte mit Bezug auf die kommende UN-Biodiversitätskonferenz (2. Teil der CBD COP15): „Unsere Studie ist ein Weckruf für die sehr reale Bedrohung durch das Artensterben und einen Stillen Frühling, und wir unterstützen voll und ganz die Schaffung eines starken Rahmens, der die Erhaltung in den Mittelpunkt aller globalen Pläne stellt“. Transformative Maßnahmen in der gesamten Gesellschaft seien notwendig, um die Natur- und Klimakrise gemeinsam zu bewältigen.

Die Studie sei ohne langfristige, auf Bürgerwissenschaft basierende Programme, die über Jahrzehnte auf dem gesamten Kontinent durchgeführt werden, nicht möglich gewesen. Alena Klvanova, PECBMS-Projektmanagerin und Leiterin der Überwachungs- und Forschungsabteilung von CSO International ergänzte, dass "nur dank der unermüdlichen Bemühungen der Koordinatoren der nationalen Überwachungsprogramme und Tausender freiwilliger Feldarbeiter", die in fast dreißig europäischen Ländern jede Brutsaison auf standardisierte Weise Vögel zählten, die Gewinnung solch vieler Daten gar nicht machbar sei.

Es gibt noch mehr besorgniserregende Berichte

Bereits Mitte Oktober anlässlich des ersten Teils der CBD-Konferenz (EU-News 14.10.2021) hatte BirdLife die Rote Liste Europäischer Vogelarten 2021 präsentiert: Laut Liste ist eine von fünf Vogelarten in Europa  vom Aussterben bedroht, also 20 Prozent der Arten. Heute leben gemessen an der Population auch knapp 20 Prozent weniger Vögel in unseren Breiten als vor knapp 40 Jahren. Diese Entwicklung bestätigten auch Ergebnisse von 2019 aus den USA und eine lokale Studie aus Bonn, über die die Journalistenvereinigung Riffreporter berichtete.

Das Komitee gegen den Vogelmord wies parallel auf eine Studie hin, die belege, dass Fang und Abschuss im Libanon jedes Jahr Millionen europäischer Zugvögel das Leben kosten. Von 570 Wiederfunden von in Europa beringten und im Libanon getöteten Zugvögeln stammten die meisten Vögel – nämlich 68 Prozent aller Funde – aus Finnland, Schweden, Deutschland, Israel und Tschechien. Insgesamt lägen Wiederfunde aus 28 verschiedenen Ländern vor. Die Studie wurde in der Zeitschrift „Sandgrouse“ der Ornithologischen Gesellschaft des Nahen Ostens (OSME) publiziert, die Daten wurden von EURING, dem Dachverband der Vogelwarte zur Verfügung gestellt. [jg]

BirdLife: New report reveals huge declines in Europe’s birds

NABU-Pressemitteilung: Bericht zeigt enorme Rückgänge bei den Vögeln Europas

Komitee gegen Vogelmord: Aktuelles (15.11.2021) und Studie

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