Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Deutschland und die GAP: Verordnungen regeln Verteilung der EU-Agrarmilliarden
EU-News | 22.12.2021
#Landwirtschaft und Gentechnik

Deutschland und die GAP: Verordnungen regeln Verteilung der EU-Agrarmilliarden

Felder
© AdobeStock/marcin jucha

Letzten Freitag hat der deutsche Bundesrat zwei Verordnungen zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Deutschland beschlossen. Damit ist der Umsetzungsplan, der nationale Strategieplan für die Jahre 2023-2027, für Deutschland beschlossen und muss bis Ende des Jahres in Brüssel zur Genehmigung vorgelegt werden. Umweltverbände reagierten eher unzufrieden.

Der NABU nannte das Ergebnis angesichts vieler vom Bundesrat abgelehnter Veränderungsvorschläge „eine Enttäuschung und eine verpasste Chance für die Verbesserung unserer Artenvielfalt in der Agrarlandschaft”.  Dennoch werde die GAP-Umsetzung einige wichtige Verbesserungen für Vögel, Insekten und Ökosysteme bringen, so der NABU. Außerdem sei das letzte Wort noch nicht gesprochen – die EU-Kommission müsse den Plan 2022 schließlich noch genehmigen und werde wohl Nachbesserungen verlangen.

Der NABU erklärt, dass in der „GAP-Konditionalitätenverordnung” die neun sogenannten GLÖZ-Standards (Guter Landwirtschaftlicher und Ökologischer Zustand) neu definiert werden. Diese regelten die einzuhaltenden Bedingungen, um als Betrieb überhaupt fördermittelberechtigt zu sein. Die meisten davon habe es unter den Begriffen „Cross-Compliance“ und „Greening“ schon in der letzten Agrarförderperiode (die noch bis Ende 2022 läuft) schon gegeben, einige wurden jedoch erweitert und ergänzt. Neu sei der Schutz von Mooren und Feuchtgebieten, wobei dieser Standard aus NABU-Sicht nicht weit genug reiche. So würden keine Regeln zur Bewirtschaftung aufgestellt, sondern die Betriebe lediglich dazu verpflichtet, wasserrechtliche Eingriffe wie Entwässerung vorher zu beantragen. Weitere GLÖZ-Standards beziehen sich auf Gewässerrandstreifen, Erosionsschutz, Mindestbodenbedeckung im Winter, Fruchtwechsel und nicht-bewirtschaftete Flächenanteile (GLÖZ 8). GLÖZ 8 sei besonders bedeutsam für den Erhalt der Artenvielfalt, hier gehe es beispielsweise um  Hecken, Sölle, Feldränder und Brachen, von denen in unseren Landschaften nur noch zwischen 1,5 und 2 Prozent vorhanden seien. Der neue Standard lege fest, dass jeder landwirtschaftliche Betrieb vier Prozent seiner Ackerfläche diesen Artenvielfalt-Hotspots widmen muss. Das sei immerhin eine Verdopplung der aktuellen Fläche, wobei aus wissenschaftlicher Sicht mindestens zehn Prozent notwendig wären, so der NABU. Betriebe könnten außerdem freiwillig bis zu sechs weitere Prozent ihrer Ackerfläche als Brache oder Blühstreifen deklarieren und dafür eine Prämie erhalten - eine der Ökoregelungen, die in der zweiten beschlossenen Verordnung stehen.

In der „GAP- Direktzahlungsverordnung” würden die Ökoregelungen ausgestaltet. In Deutschland sollen neben der eben erwähnten Ökoregelung für nicht-bewirtschaftete Flächenanteile noch sechs weitere geben: Fruchtfolge, Beibehaltung Agroforstsysteme, extensive Grünlandbewirtschaftung, Grünlanderhalt über Kennarten, Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, Natura- 2000-Bonus. Aus NABU-Sicht sei grundsätzlich positiv zu bewerten, dass keine der Ökoregelungen echtes “Greenwashing” darstelle oder sogar schädlich für Natur und Umwelt sei. Eine Auswertung von Birdlife Europe zeige, dass dies in anderen europäischen Ländern keine Selbstverständlichkeit sei. Dennoch: „Besonders effektiv werden die deutschen Ökoregelungen aller Voraussicht nach jedoch nicht sein, zum einen weil sie nur für einjährige Maßnahmen ausgelegt sind. Vor allem aber sind die Prämienhöhen nicht attraktiv genug um für echten Wandel in der Agrarlandschaft zu sorgen”, so der NABU.

Auch der BUND kommentierte, dass es im nationalen Strategieplan noch vielerlei „Baustellen” gebe. Die geplanten Maßnahmen und Budgets der neuen GAP-Förderung in Deutschland seien nicht genug, um die Ziele in den Bereichen Biodiversität, Klimaschutz und Ökolandbau zu erreichen. Vor allem das viel zu geringe Budget für die Ökoregelungen, mit dem Umwelt- und Klimaleistungen der Landwirtschaft honoriert werden sollen, müsse deutlich angehoben werden. Der BUND forderte dafür anfangs 30 Prozent der ersten Säule und danach ein jährlich wachsendes Budget. Dies würde den schrittweisen Ausstieg aus der pauschalen Flächenprämie im Jahr 2028 vorbereiten, wie im Koalitionsvertrag vereinbart und auch von der Zukunftskommission Landwirtschaft gefordert. Verfehlt würden auch die europäischen Vorgaben aus der Farm-to-Fork-Strategie oder der EU-Biodiversitätsstrategie, so der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. „Daher müssen die GAP-Regeln bereits im ersten Halbjahr 2022 überprüft werden, sobald die ersten Hinweise der EU-Kommission zum deutschen GAP-Strategieplan eingehen – nicht erst zur Mitte der Legislaturperiode, wie von der Bundesregierung geplant”, mahnte Bandt. [jg]

NABU-Agrar-Blog: Bundesrat beschließt GAP-Umsetzung: Verpasste Chancen für die Artenvielfalt

BUND-Kommentar: EU-Agrarmilliarden: Özdemirs erste große Baustelle im neuen Jahr

Das könnte Sie interessieren

Ein von Frauen umstandener Tisch mit Saatgut in kleinen Tüten - es werden Tütchen über den Tisch gereicht
EU-News | 26.06.2025

#EU-Umweltpolitik #Landwirtschaft und Gentechnik #Wirtschaft

EU-Vorschläge für Saatgutrecht könnten Vielfalt gefährden

Eine EU-weite Umfrage bei Kleinstbetrieben zeigt, wie sehr die EU-Vorschläge für eine neues Saatgutrecht ihre Arbeit für biologische Vielfalt behindern. Die Ergebnisse einer Umfrage österreichische Vielfaltsorganisation Arche Noah zu den Auswirkungen der Vorschläge der EU-Kommission sind in den Beri...