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Europäischer Gerichtshof verfügt Abholzungsstopp im Białowieża Nationalpark
EU-News | 01.08.2017
#Biodiversität und Naturschutz

Europäischer Gerichtshof verfügt Abholzungsstopp im Białowieża Nationalpark

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c. pixabay

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 27.7. eine sofortige Einstellung von Abholzungsarbeiten in einem der letzten Urwälder Europas und geschütztem Natura-2000-Gebiet in Polen gefordert. Der Fall EU-Kommission gegen Polen in Sachen Białowieża Nationalpark trägt die Nummer C-441/17 und ist außergewöhnlich: Einstweilige Anordnungen des EuGH wie diese können erfolgen, um einen Mitgliedstaat aufzufordern, von Tätigkeiten, die einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden verursachen, Abstand zu nehmen, bis ein Urteil ergangen ist. Es kommt aber nicht sehr oft vor - in Naturschutzangelegenheiten insgesamt nur dreimal, hat die Umweltrechtsorganisation ClientEarth mitgezählt. Die EU-Kommission hatte auf anhaltende Verstöße Polens gegen EU-Recht reagiert, die Regierung verklagt und - da der Holzeinschlag in großem Umfang bereits begonnen hat - zusätzlich einstweilige Anordnungen beantragt (EU-News 20.07.2017).

Trotz zahlreicher Proteste von Naturschutzorganisationen, einem langen Vorlauf beim EU-Vertragsverletzungsverfahren und sogar der Warnung des UNESCO-Welterbekomitees, den Status des Gebietes auf "gefährdet" zu ändern, beharrt die polnische Regierung auf den Abholzungsplänen im Białowieża Nationalpark.

ClientEarth-Sprecherin Agata Szafraniuk sagte, bisher gebe es keinen Fall, dass solcherart Anordnungen des EuGH ignoriert worden sind. Sollten die polnischen Behörden dies tun, wäre dies ein "ernsthafter Konflikt" mit dem EU-Recht. Genau das scheint aber wahrscheinlich, nachdem polnische Beamte gegenüber Medienvertretern die gerichtliche Entscheidung als "politisch motiviert" kritisiert haben, berichtet der Umweltinformationsdienst ENDS Daily. Polen argumentiert mit einem Borkenkäfer- und Schädlingsbefall, der durch die Abholzung bekämpft werden solle. Das bezweifeln aber nicht nur UmweltaktivistInnen. Die Naturschützer begrüßen das Vorgehen von EU-Kommission und EuGH, fürchten aber, dass die Abholzung auch langfristig noch weitergeht (Beitrag DW). Denn Polen lässt weiterhin Bäume fällen (Spiegel, Tagesschau). Auf Pressekonferenzen (Beitrag 1, Beitrag 2) betont Umweltminister Jan Szyszko, dass nur Schutzmaßnahmen durchgeführt würden. Bis zum 4. September wolle die polnische Regierung der EU-Kommission antworten. Bis dahin soll experimentell ermittelt werden, zu welchen Ergebnissen es führt, wenn "geschützt" (also gefällt) oder "nicht geschützt" (also keine Abholzung) werde. Die Proteste der lokalen Naturschutzorganisationen gehen weiter. [jg]

EuGH-Schreiben (poln.)

Reaktion ClientEarth

ENDS Europe Daily (kostenpflichtig) Artikel: "Warsaw defiant over court order to halt illegal logging" (31.07.2017)

Beitrag (englisch) Deutsche Welle

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