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Fischerei und Meeresschutz: Parlament auf Schlingerkurs
EU-News | 19.01.2024
#Wasser und Meere

Fischerei und Meeresschutz: Parlament auf Schlingerkurs

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c. pixabay

Die EU-Abgeordneten haben am 18. Januar ihre Antwort auf das im Februar von der EU-Kommission vorgelegte Meerespaket abgestimmt. Meeresschutzorganisationen kritisierten Verwässerungen und Fristverlängerungen. Ein „Meeres-Champion“ würde anders handeln, so Oceana.

„Anstatt sich für eine nachhaltige Fischerei und die Erholung der EU-Meere als Prioritäten für das nächste EU-Mandat einzusetzen, versucht das Europäische Parlament, den Übergang zu einer schonenden und fairen Fischerei sowie die Umsetzung des europäischen Green Deals zu verwässern und zu verlangsamen“, kritisierte das WWF Europabüro.

Das Parlamentsplenum hatte über seine Position zum Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit des Fischerei- und Aquakultursektors der EU-Kommission (EU-News 23.02.2023) abgestimmt. Umweltverbände fanden bereits deren Vorschläge recht dünn.

Die angenommenen Texte des Parlaments umfassen den Aktionsplan zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei (kurz: Meeresaktionsplan) sowie die Mitteilung über die Gemeinsame Fischereipolitik heute und morgen (kurz: Bewertung der GFP) sowie die gemeinsame Marktorganisation und illegale Fischerei.

Ein bisschen Lob und viel Kritik von Umweltorganisationen

Der WWF kritisierte nun, das Plenum habe die meisten vorgeschlagenen Lösungen abgelehnt und würde damit „jeden nennenswerten Fortschritt in Richtung einer nachhaltigen Fischerei und einer Erholung der Natur abwürgen“. Der angenommene Bericht über den Aktionsplan für die Meeresumwelt spiegele zwar die Besorgnis der EU-Kommission über den schlechten Umweltzustand der EU-Meere wider, nehme aber „eine besorgniserregende Haltung zum Einsatz zerstörerischer Fanggeräte ein“. Behörden der Mitgliedstaaten könnten so den Einsatz von Fanggeräten, die am Meeresboden entlang geschleift werden, in Schutzgebieten weiter erlauben. Auch der Schutz empfindlicher Arten bleibe hinter dem zurück, was notwendig ist, um den Verlust der Meeresfauna umzukehren, und die ungewollten Beifänge kämen in der Parlamentsposition immer noch zu kurz, so der WWF. Während der ursprüngliche Aktionsplan für die Meeresumwelt noch ein ganzes Kapitel dem Beifang widmet, enthält der Bericht des Parlaments – auch nur „dank der kurzfristigen Interventionen progressiver Abgeordneter“ – ein paar Sätze zum Thema.

Seas At Risk kritisierte, dass die Parlamentsberichte „irreführende Argumente“ aufgriffen, die zuvor schon gegen den EU Green Deal und das EU-Naturschutzgesetz vorgebracht wurden, obwohl diese wiederholt entkräftet worden seien. Dies sei eine „inakzeptable Strategie“ und „ein kalkulierter Versuch, aggressiv regressive Narrative zu verbreiten“ und im Vorfeld der EU-Wahlen „die öffentliche Meinung zu manipulieren“. Dies untergrabe die Glaubwürdigkeit in die EU-Institutionen.

In seinem Bericht über die GFP verkenne das EU-Parlament, dass das Überfischungsproblem „nicht zwangsläufig mit der Wirksamkeit der Rechtsvorschriften zusammenhänge, sondern vielmehr auf den mangelnden politischen Willen der Minister zurückzuführen“ sei, nachhaltige Fangquoten festzulegen. Der Schwerpunkt müsse auf Umsetzung gelegt werden.

Der Bericht zum Aktionsplan für die Meeresumwelt enthalte mehrere nachteilige Überlegungen. Es sei entgegen der wissenschaftlichen Erkenntnisse, Grundschleppnetzfischerei als „nachhaltige“ Fischereimethode zu bezeichnen. Das Konzept eines gerechten Übergangs zu einer Fischerei mit geringen Auswirkungen werde außer Acht gelassen, dabei sei es notwendig, dass die Mitgliedstaaten den Übergang des Fischereisektors planen und die zerstörerischsten Fischereipraktiken auslaufen lassen. Seas At Risk sieht allerdings die Forderung des EU-Parlaments zu Beifängen etwas positiver als der WWF: Dass die nationalen Regierungen nun handeln müssten, um weitere Beifänge zu verhindern, sei ein „Durchbruch in einer seit langem bestehenden Sackgasse“.

Oceana lobte, dass die Abgeordnete für mehr Transparenz stimmten, um die Einfuhr illegaler Fischereierzeugnisse auf den EU-Markt zu verhindern. Kritik erntete aber ebenfalls die weiter mögliche zerstörerische Fischerei in Schutzgebieten. Damit gefährde das Parlament den Kampf gegen Überfischung in europäischen Gewässern und ignoriere Wissenschaft zugunsten wirtschaftlicher Gewinne für die industrielle Fischerei. Da es sich hierbei um eine der letzten Entscheidungen zu Meeresfragen vor den EU-Wahlen handelt, sei das Ergebnis „ein schlechtes Vermächtnis dieses Parlaments“, um den Verlust der biologischen Vielfalt in den Meeren in Europa aufzuhalten und eine wohlhabende Zukunft für die Küstengemeinden zu sichern. Die Europäische Kommission müsse zum Meeresaktionsplan stehen und die Durchsetzung der EU-Gesetze verstärken, um die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zu erreichen. [jg]

EU-Parlament/angenommene Texte:

WWF: [EP] reverses course on ambitions for marine conservation

Seas At Risk: The Ups and Downs of Parliament’s Fisheries Verdict

Oceana: [EP] at risk of backpedaling on marine protection ambition (11.01.2024) und [EP] votes to increase transparency [...], but also to weaken marine conservation ambition (18.01.2024)

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