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GAP-Pläne, Ukrainekrise und Ernährungssicherheit
EU-News | 22.03.2022
#Landwirtschaft und Gentechnik

GAP-Pläne, Ukrainekrise und Ernährungssicherheit

Rapsernte
© AdobeStock/Kletr
Rapsernte

Der EU-Agrarrat debattiert über den Stand der Dinge bei nationalen Strategieplänen für die Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Ukrainekrieg überschattet Umsetzung von EU-Politikmaßnahmen. Oxfam warnt vor Hungersnot. EU-Parlamentsausschüsse diskutieren Rechnungshofberichte.

Agrarrat will rasche Genehmigung der GAP-Strategiepläne

Das Agrarministerratstreffen am Montag stand - wie so vieles derzeit - unter dem Eindruck des Ukrainekriegs. Die Kommission informierte die Minister*innen über den Stand der Bewertung der strategischen Pläne der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (Information der Kommission). Die anschließende Debatte der Landwirtschaftsminister*innen konzentrierte sich laut Agrarrat insbesondere auf folgende Punkte:

  • die Notwendigkeit, die Pläne rasch zu genehmigen, um sicherzustellen, dass die Landwirte über die neuen Vorschriften informiert sind;
  • die Notwendigkeit einer flexiblen Anpassung der Pläne, um die Ernährungssicherheit nach dem Krieg in der Ukraine zu gewährleisten;
  • die von der Kommission für die Genehmigung der Pläne verwendeten Kriterien;
  • die Transparenz des Prozesses.

Die ungarische Delegation legte im Namen der Visegrad-Gruppe (Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Slowenien) eine Erklärung zu den Maßnahmen in ihren GAP-Strategieplänen vor, die ihrer Meinung nach zu einer gerechteren und grüneren europäischen Landwirtschaft beitragen würden.

BirdLife hatte zuvor eine eigene Bewertung von acht GAP-Strategieplänen präsentiert – und zwar die von Deutschland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Slowenien, Spanien und Zypern. „Der Übergang zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ist nicht zu finden“, konstatierte die Naturschutzorganisation. Die Pläne reichten bei Weitem nicht aus, um die zahlreichen Herausforderungen zu bewältigen Obwohl Mittel in der Höhe eines Drittels des EU-Haushalts ausgegeben werden sollen, seien die vorgelegten Maßnahmen kaum geeignet, den Wandel in der Landwirtschaft voranzutreiben. Stattdessen würden die Landwirtschaftsbetriebe dadurch wahrscheinlich an einem nicht nachhaltigen Agrarmodell festhalten, das die Klimakrise weiter anheize, zur Ausrottung der biologischen Vielfalt beitrage und die Lebensgrundlage der Landwirte zerstöre.

Eiweiß-Anbau, Ernährungssicherheit, Ukraine

Während des Agrratstreffens informierten die Delegationen über folgende Themen: Eiweißpflanzen (Österreich), die Überarbeitung der geografischen Angaben (Spanien), die Überarbeitung der Richtlinie über nachhaltige Pestizide (Polen), die Auswirkungen der steigenden Kraftstoffpreise auf die Fischerei (Spanien) und Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln (Slowenien).

Der Agrarrat erörterte auch Maßnahmen, um nicht nur kurzfristig die Lebensmittelversorgung zu sichern, sondern auch mittel- und langfristig die Ernährungssicherheit und die Ernährungssouveränität der EU zu verbessern. Die Diskussion berührte laut Rat auch die möglichen Auswirkungen der Krise auf die Ernährungssicherheit von Nicht-EU-Ländern. Im Rahmen dieser Maßnahmen sei auch die Möglichkeit der Bewirtschaftung stillgelegter Flächen im Jahr 2022 angekündigt worden. Dies hängt laut dpa-Europaticker auch mit dem von Österreich vorgelegten Vorschlag für Eiweißpflanzen-Anbau zusammen. Damit soll beispielsweise auch der Anbau von Soja innerhalb der EU gefördert werden, um die EU unabhängiger von Importen zu machen – ein Vorschlag, den die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten unterstütze. Unter anderem soll der Anbau von Soja auf ökologischen Vorrangflächen erleichtert werden.

Die deutsche Delegation gab dem Agrarrat außerdem eine Zusammenfassung des G7-Agrarministertreffens vom 11. März und die niederländische Delegation informierte über den Einsatz von biobasierten Düngemitteln.

Während der Debatte der EU-Agrarminister*innen am Montag war auch der ukrainische Landwirtschaftsminister Roman Leschtschenko zugeschaltet, um Hilfsmaßnahmen zu besprechen. Allerdings musste die Sitzung laut dpa-Europaticker wegen eines Bombenalarms in der Ukraine abgebrochen werden. Der EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski warnte ebenfalls laut dpa-Europaticker, dass Putin im Krieg gegen die Ukraine mit Bombardements von Lebensmittellagern auch bewusst die Versorgung und die Produktion von Lebensmitteln verhindern und die Menschen in den Hunger treiben wolle. Euronews berichtete am Montag, dass Landwirtschaftsbetriebe in der Ukraine zunächst für sechs Monate von der allgemeinen Wehrpflicht befreit seien, um die Lebensmittelversorgung sicherzustellen.

Kriegsgeschehen könnte EU-Politikmaßnahmen verzögern

In der letzten Woche hatte sich EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski vor dem EU-Parlament laut der Informationsplattform Euractiv dafür ausgesprochen, die Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie sowie das Verfahren für die Pestizidrichtlinie und das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zu verschieben. Dies steht im Widerspruch zur Aussage von Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans, der vor dem Umweltausschuss kürzlich betont hatte (EU-News 10.03.2022), dass es falsch sei, angesichts des Krieges in der Ukraine auf klimafreundliche Anbauweisen zu verzichten. Man müsse die Abhängigkeit von Pestiziden und Düngemitteln genauso reduzieren wie die von Energielieferungen, so Timmermans.

In Reaktion darauf hatte Johann Rathke, Koordinator für Agrarpolitik beim WWF Deutschland, gemahnt: „Der Krieg in der Ukraine offenbart schonungslos, wie krisenanfällig das derzeitige Agrar- und Ernährungssystem ist. Wir müssen die Lebensmittelerzeugung für die Zukunft wappnen. Wir müssen dies umso mehr, weil uns die Klima- und Biodiversitätskrise bereits vor existenzbedrohende Herausforderungen stellen. Sie betreffen auch die Erzeugung von Lebensmitteln.“ Nur eine europäische Agrarpolitik, die die Biodiversitäts- und Klimakrise wirksam angehe, mache die Ernährungssysteme dauerhaft krisenfest. Wer jetzt eine Abkehr von Nachhaltigkeitszielen fordere, verschärfe die Auswirkungen der Klima- und Biodiversitätskrise und gefährde damit erst recht die Ernährungssicherheit, so Rathke.

In einem offenen Brief hatte sich ein breites Bündnis vieler europäische NGOs für die Einhaltung des Zeitplans bei der Veröffentlichung des Verordnungsentwurfs für die Revision der Rahmenrichtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden ausgesprochen. Die Einführung verbindlicher und ehrgeiziger Maßnahmen zur Verringerung des Einsatzes und des Risikos chemisch-synthetischer Pestizide und damit die Einhaltung des Europäischen Green Deals könne Wege ebnen für die dringend nötige Reform der kraftstoff- und chemieintensiven Landwirtschaft.

Oxfam: Steigende Preise verstärken bestehenden Hunger – 28 Millionen Menschen bedroht

Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam hat am Dienstag gewarnt, dass bis zu 28 Millionen Menschen in ganz Ostafrika von schwerem Hunger bedroht seien, wenn die Regenfälle im März ausblieben. Da die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf die Ukraine konzentriert sei, bestehe die Gefahr, dass sie nicht angemessen auf die eskalierende Hungerkrise in Ostafrika reagiert werde. Dort herrsche die schlimmste Dürre seit 40 Jahren, zugesagte Finanzhilfen seien bisher nur zu einem Bruchteil finanziert.

EU-Parlament: Ausschüsse debattieren über landwirtschaftsbezogene Rechnungshofberichte

Die Mitglieder der EU-Ausschüsse zu Landwirtschaft (AGRI) und Umwelt (ENVI) hat sich am Dienstag mit den Sonderberichten des Europäischen Rechnungshofs zum Thema „Nachhaltige Wassernutzung in der Landwirtschaft: GAP-Mittel fördern eher eine größere als eine effizientere Wassernutzung und „EU-Mittel für Biodiversität und Klimawandel in EU-Wäldern: positive, aber begrenzte Ergebnisse beschäftigt. Beide Berichte behandeln die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Im ersten Bericht wird hervorgehoben, dass die Agrarpolitik nicht ausreichend auf die Wasserpolitik abgestimmt ist, obwohl ein Viertel des in der EU entnommenen Wassers für die Landwirtschaft verwendet wird. Der Rechnungshof schlägt daher vor, die GAP-Zahlungen an eine nachhaltige Wassernutzung zu koppeln (EU-News 30.09.2021). Im zweiten Bericht werden stärkere Maßnahmen zum Schutz der Wälder in der EU und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt empfohlen, insbesondere durch eine verstärkte Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags (EU-News 04.10.2021). [jg]

Agrarrat, 21.03.2022: Main results

Euractiv: EU-Kommission gespalten über Aussetzung der Green-Deal-Ziele in der Landwirtschaft

BirdLife on the CAP strategic plans: Transition to sustainable agriculture nowhere to be found

WWF vor Tagung der EU-Agrarminister:innen: Nur nachhaltige Landwirtschaft ist krisenfest und zukunftsfähig

Oxfam: Ostafrika: Bis zu 28 Millionen Menschen von extremem Hunger bedroht

Joint AGRI-ENVI meeting on ECA reports on issues related to the CAP

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