Green Deal 2022: ein Recht auf Reparatur, CO2-Standards für Lkws, Luftqualität...
Die EU-Kommission hat am Dienstag ihr Arbeitsprogramm 2022 vorgestellt. Zwar finden sich weitere Initiativen des Green Deal, aber laut dem Europaabgeordneten Giegold gibt es in der Chemikalienpolitik Leerstellen.
Die Antwort ist 42?
Brüssel will insgesamt 42 neue legislative Initiativen veröffentlichen. 2022 soll außerdem das Europäische Jahr der Jugend werden. Im Rahmen des European Green Deal (EGD) soll der Aktionsplan für eine schadstofffreie Umwelt (Zero Pollution Action Plan, ZPAP) durch eine Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (2. Quartal 2022), durch überarbeitete Listen von Oberflächen- und Grundwasserschadstoffen für die integrierte Wasserbewirtschaftung (3. Quartal 2021 [sic]) sowie durch eine Überarbeitung der Richtlinie über EU-Luftqualitätsvorschriften (3. Quartal 2022) vorangetrieben werden.
Im Klima- und Energiebereich will die Kommission die EU-Vorschriften über fluorierte Treibhausgase (2. Quartal 2022) sowie die CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge (4. Quartal 2022) überprüfen. Die EU-Exekutive kündigt zudem einen „EU-Rahmen für die harmonisierte Messung der im Bereich Verkehr und Logistik entstehenden Treibhausgasemissionen“ im 3. und 4. Quartal 2022 an. Ebenfalls im letzten Quartal 2022 soll ein Vorschlag für ein Zertifizierungssystem für den CO2-Abbau folgen.
Überdies sind eine Initiative für ein Recht auf Reparatur und ein „Kunststoff-Paket“ vorgesehen. Dieses Paket soll nach dem Willen der Kommission einen politischen Rahmen für biobasierte, biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe (nicht legislativ, 2. Quartal 2022), die Beschränkung von Mikroplastik (nicht legislativ, 4. Quartal 2022) und Maßnahmen zur Verringerung der Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt (legislativ, 4. Quartal 2022) umfassen.
Als Teil der Farm-to-Fork-Strategie sollen die EU-Vorschriften für einen nachhaltigen Einsatz von Pestiziden im ersten Quartal 2022 überarbeitet werden.
Darüber hinaus will die Kommission eine „Strategie für das Handeln im internationalen Energiebereich“ vorlegen. Eine gemeinsame Mitteilung über die internationale Meerespolitik ist auch geplant.
Zu den REFIT-Initiativen, welche die Kommission einer „Eignungsprüfung“ unterziehen will, gehören unter anderem:
- Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser
- Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten
- Horizontaler Vorschlag für die Neuzuweisung der technischen und wissenschaftlichen Arbeiten der EU im Bereich Chemikalien an EU-Agenturen
- Überarbeitung der Altfahrzeug-Richtlinie und der Richtlinie über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen
- Überarbeitung der Rechtsvorschriften über den Verkehr mit Saatgut und anderer Rechtsvorschriften für Pflanzenvermehrungsmaterial und forstliches Vermehrungsmaterial
In einer Pressemitteilung heißt es, dass sich die Kommission mit diesem Arbeitsprogramm „vollumfänglich an den „One-in-one-out“-Grundsatz halten“ werde. Dieser Ansatz verlangt, dass Belastungen durch neue EU-Vorschriften in einem Politikbereich kompensiert werden sollen. Ziel sei es, bürokratischen Aufwand zu verringern. Umweltverbände warnen seit Jahren vor fortschreitender Deregulierung unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung würden durch die bessere Rechtsetzung weiter gefördert, beschwichtigte die Kommission, indem die Prinzipien „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ und „standardmäßig digital“ zur Anwendung kämen. Umweltaktivist*innen dürften skeptisch bleiben.
Da fehlt doch etwas?
Dem Europaabgeordneten Sven Giegold (Grüne/EFA, Deutschland) zufolge fehlen zahlreiche, eigentlich für 2022 angekündigte Gesetzesvorschläge im Zusammenhang mit der Chemikalienstrategie. Dies betreffe etwa die REACH-Verordnung, die Verordnung über Lebensmittelkontaktmaterialien, die Verordnung über kosmetische Mittel, die Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug, die Richtlinie über chemische Arbeitsstoffe, die Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer*innen gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz sowie die Richtlinie über Industrieemissionen.
EU-Kommission: Arbeitsprogramm der Kommission für 2022: Europa gemeinsam stärker machen
Sven Giegold: Arbeitsprogramm der EU-Kommission: Chemiewende verzögert, Kommission muss nachbessern
Zum Vergleich: Mitteilung der EU-Kommission zur EU-Chemikalienstrategie einschließlich Initiativen und Zeitplan (14.10.2020)
Hintergrundinformationen
DNR-Steckbrief zum Zero Pollution Action Plan
DNR-Steckbrief zur One-In-One-Out-Regel
DNR-Steckbrief zur europäischen Produktpolitik
Redakteurin: Ann Wehmeyer