Junckers Rede zur Lage der Union

Heute hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union den künftigen Weg der EU skizziert. Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Fehlanzeige.
Immerhin bedachte Juncker mit vier Sätzen kurz den Klimaschutz: „Drittens möchte ich, dass Europa führend ist, wenn es darum geht, den Klimawandel zu bekämpfen. Im vergangenen Jahr haben wir mit dem Pariser Klimaschutzabkommen, das hier in diesem Hause ratifiziert wurde, die globalen Spielregeln gesetzt. Da die Vereinigten Staaten ihren Ehrgeiz offenbar heruntergeschraubt haben, wird Europa dafür Sorge tragen, unsere Erde – die unteilbar Heimat aller Menschen ist – wieder großartig zu machen. Die Kommission wird in Kürze einen Vorschlag zur Senkung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor vorlegen.“
Juncker priorisiert offenbar andere Themen: die Stärkung des internationalen Handels und des europäischen Binnenmarkts, engere Zusammenarbeit bei Cybersicherheit und Verteidigung sowie Migration.
Und er bemühte gern und häufig die Metapher eines Segelschiffs: „Lasst uns die Leinen losmachen, die Segel setzen, und jetzt den günstigen Wind nutzen.“ Leider scheint Flaute zu herrschen für die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, für die Bewahrung der Biodiversität, für Umwelt- und Gesundheitsschutz. Diese Themen suchte man vergebens in Junckers Rede.
Jeremy Wates, Generalsekretär des Europäischen Umweltbüros (EEB), zeigte sich dementsprechend enttäuscht. Gleichzeitig äußerte er Bedenken, dass die EU-Kommission ihre „Agenda der besseren Rechtsetzung“ weiter vorantreiben werde zulasten der Umwelt.
Auch Wendel Trio, Leiter des Climate Action Network (CAN) Europe, gab sich ernüchtert, da Juncker über das Bekenntnis zum UN-Klimaschutzabkommen von Paris nicht hinausging. Ein Bekenntnis zu ehrgeizigeren EU-Klimaschutzzielen wäre zielführender gewesen.
Paul de Clerck von Friends of the Earth Europe (FoEE) kritisierte insbesondere Junckers Handelsagenda, die die Kritik aus der Zivilgesellschaft, etwa an den umstrittenen Investorentribunalen, nicht ernst nehme.
Junckers Rede gilt als wichtiger Beitrag für die Debatte um die Zukunft der EU. Als nächster bedeutender Schritt wird das Gipfeltreffen des Europäischen Rates im Dezember betrachtet, auf dem die Staats- und Regierungschefs der EU-27 voraussichtlich ihr Zukunftsszenario darlegen. [aw]
Die Rede Jean-Claude Junckers im Wortlaut
Reaktion des EEB
Reaktion von CAN Europe
Reaktion von FoEE