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EU-Vorschläge für Saatgutrecht könnten Vielfalt gefährden
EU-News | 26.06.2025
#EU-Umweltpolitik #Landwirtschaft und Gentechnik #Wirtschaft

EU-Vorschläge für Saatgutrecht könnten Vielfalt gefährden

Ein von Frauen umstandener Tisch mit Saatgut in kleinen Tüten - es werden Tütchen über den Tisch gereicht
© Susanne Gura
KleinsterzeugerInnen würden wegen zu viel Bürokratie ihr Angebot verteuern, einschränken oder aufgeben.

Eine EU-weite Umfrage bei Kleinstbetrieben zeigt, wie sehr die EU-Vorschläge für eine neues Saatgutrecht ihre Arbeit für biologische Vielfalt behindern. Die Ergebnisse einer Umfrage österreichische Vielfaltsorganisation Arche Noah zu den Auswirkungen der Vorschläge der EU-Kommission sind in den Bericht „Bureaucracy against Biodiversity“ geflossen.

Gastbeitrag von Susanne Gura, Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt 

Vielfaltssorten werden nicht nur von Hobbygärtner*innen, sondern üblicherweise auch von Kleinstbetrieben in kleinen Portionen handwerklich vermehrt, mit zahlreichen Arbeitsschritten, alles sorgfältig getrennt und gekennzeichnet. Diesen Betrieben würde die Saatgutrechtsreform praktisch ebensolche Verwaltungsauflagen abverlangen wie von den Herstellern der Tonnenware für die industrielle Landwirtschaft.

Die Vielfaltsarbeit der Kleinstbetriebe müsste eingeschränkt oder sogar aufgeben werden, so ein Ergebnis der Umfrage. Auch Hobbygärtner*innen wären betroffen, denn sie versorgen sich häufig bei Veranstaltungen vor Ort oder im Internet bei den Kleinstbetrieben mit lokalem Vielfaltssaatgut und mit Wissen und Erfahrungen.

Anders als in Genbanken, wo Saatgut in kleinsten Mengen so lang wie möglich keimfähig gehalten wird, können sich traditionelle Sorten in Feld und Garten durch häufige Aussaat an vielen Orten anpassen. Auch dieses Anpassungspotenzial an die lokalen Verhältnisse und die Klimaerwärmung ist kaum bekannt und wird zu wenig genutzt.

Ausnahmen nur für Genbanken und gemeinnützige Organisationen?

Ausnahmen von den im Saatgutrecht geplanten Auflagen sind neben Genbanken eventuell für gemeinnützige Organisationen vorgesehen – eine Reihe von ihnen verkaufen allerdings kein Saatgut oder Obstreiser, sondern übernehmen Aufgaben wie Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Kleinstbetriebe sind für die Vielfaltserhaltung unverzichtbar, nicht nur in Deutschland, sondern auch anderswo in der EU. Um die Sortenvielfalt nicht durch das Saatgutrecht zu gefährden, haben Erhalterorganisationen den Mitgliedsstaaten Alternativen vorgeschlagen. Darunter sind auch Ausnahmen für beschränkte Mengen, wie sie schon bisher in manchen Ländern gelten. Es ist unverständlich, dass diese funktionierenden Regelungen bisher nicht für das künftige Saatgutrecht ausgewertet wurden.

Im Ministerrat ist die Diskussion am Gesetzentwurf noch offen. Von der dänischen Präsidentschaft ist wenig Einlenken zu erwarten. Information der Medien in den Mitgliedsstaaten ist dringend nötig, zumal in der Öffentlichkeit der Wissensstand gering ist und die vorliegende europaweite Studie eine der ersten Datensammlungen über die Vielfaltsarbeit bietet.

Bericht (30 S.): „Bureaucracy against Biodiversity“  
Deutsche Kurzfassung (3 S.)  

Über die Autorin

Dr. Susanne Gura vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt ist im Vorstand des Dachverbandes Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e. V.

Der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt hat sich zum Ziel gesetzt, die biologische Vielfalt in der Kulturlandschaft zu stärken und einem weiteren Verlust entgegenzuwirken.

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