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Gewässerschutz: Nitraturteil und Verteidigung der Wasserrahmenrichtlinie
EU-News | 17.10.2025
#Klima und Energie #Landwirtschaft und Gentechnik #Wasser und Meere

Gewässerschutz: Nitraturteil und Verteidigung der Wasserrahmenrichtlinie

Liepnitzsee bei Wandlitz in Brandenburg von schräg oben, strahlend blaues Wasser in grüner Waldumgebung
© AdobeStock / Tilo Grellmann

Die Deutsche Umwelthilfe hat Recht bekommen: Die Bundesregierung muss nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ihr Nitrataktionsprogramm neu aufsetzen. Parallel kämpfen Umweltverbände in Brüssel um die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und protestieren gegen eine mögliche Integration der WRRL in das Vereinfachungspaket der EU-Kommission („Umwelt-Omnibus“). Derweil prognostiziert ein WBGU-Gutachten eine düstere Zukunft für das „Wasser in einer aufgeheizten Welt“.

„Bahnbrechend“ nennt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ihren Erfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Organisation hatte Klage gegen die Bundesregierung wegen ihrer nicht ausreichenden nationalen Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie eingereicht und am 8. Oktober Recht bekommen. Das Gericht verpflichtete die Bundesregierung zu einer kompletten Neuauflage des Nitrataktionsprogramms und betont, dass dieses geeignet sein müsse, den Nitrateintrag aus der Landwirtschaft so zu reduzieren, dass das Grundwasser nicht mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter enthält. Bislang fungierte eine Anpassung der Düngeverordnung als Aktionsprogramm, doch dies reicht nicht aus.

Die DUH forderte die Bundesregierung auf, dem Urteil schnellstmöglich Taten folgen zu lassen. Dies sei dringend notwendig: Bisher verfehle Deutschland an 26 Prozent der Messstellen den EU-Nitratgrenzwert, an 16 Prozent der Messstellen stiegen die Nitratwerte sogar weiter an, kritisiert die Organisation. Die aktuellen Vorgaben reichten nicht aus, die Bundesregierung müsse nun „nach jahrzehntelanger Inaktivität ein richtiges Nitrataktionsprogramm vorlegen“. Gewässerschutz müsse über die Interessen der industriellen Landwirtschaft gestellt werden.

„Verteidigt die Vorschriften zum Schutz der Gewässer Europas!“

In einem gemeinsamen Brief an die EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall hat das Bündnis Living Rivers Europe Empfehlungen zur Förderung der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gemacht. Die im Bündnis vereinten, auf Gewässerschutz spezialisierten Nichtregierungsorganisationen fordern Roswall auf, „sich entschieden gegen jeden Versuch zu wehren, die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in den bevorstehenden Umwelt-Omnibus“ aufzunehmen. Die WRRL sei „das wichtigste Rechtsinstrument Europas“ zum Schutz des Süßwassers und zur Gewährleistung von Klimaresilienz, öffentlicher Gesundheit, sauberem Trinkwasser und Biodiversität. Eine Schwächung der Richtlinie zum jetzigen Zeitpunkt – insbesondere nach dem jüngsten Rückschlag im Trilog über prioritäre Stoffe (EU-News 26.09.2025) – würde in direktem Widerspruch zu den Zielen der neuen europäischen EU-Strategie zu Wasserresilienz stehen, das Vertrauen der Bürger*innen untergraben und das Vertrauen der Wirtschaft in diese Kommission schwächen, warnen Europäisches Umweltbüro und weitere im Bündnis beteiligte Organisationen. Hier und auch in anderen Bereichen dürfe es keine Deregulierung von Vorschriften zum Schutz der Menschen und des Planeten geben.

Behauptungen, dass die WRRL das Wachstum oder die Erteilung von Genehmigungen behindere, seien falsch. Das eigentliche Problem liege „in der mangelhaften Umsetzung und dem übermäßigen Gebrauch von gesetzlichen Ausnahmeregelungen“, heißt es im Brief. Vielmehr gebe es erhebliche wirtschaftliche und ökologische Risiken bei Untätigkeit, wie die Schäden in Milliardenhöhe durch Überschwemmungen, Dürren und Verschmutzungen zum Beispiel durch PFAS zeigten. „Anstatt das Gesetz neu zu formulieren, sollte sich die Kommission darauf konzentrieren, es durchzusetzen, Umsetzungslücken zu schließen und Investitionen auf die langfristige Wasserversorgungssicherheit auszurichten“, fordert Living Rivers Europe. 78 Prozent der europäischen Bevölkerung forderten strengere Maßnahmen zum Schutz der Gewässer und 92 Prozent wollen, dass Unternehmen für die Beseitigung der von ihnen verursachten Verschmutzungen aufkommen.

WBGU: „Unsicherheit wird Normalität, Grenzen der Beherrschbarkeit könnten überschritten werden“

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat in seinem jüngsten Hauptgutachten den Status Quo des Umgangs mit und den Verbrauch von Wasser analysiert und prognostiziert „künftige Verschärfungen wasserbezogener Probleme“. Da regionale Wasserprobleme inzwischen planetare Dimensionen aufwiesen, müssten politische Maßnahmen den „Abstand zu Grenzen der Beherrschbarkeit sichern“, „klimaresilientes Wassermanagement“ fördern und den „Schutz der Wasserqualität“ sichern. Um Schäden an Menschen und Natur zu vermeiden und Verteilungskonflikten vorzubeugen, bedürfe es einer vorausschauenden, lern- und anpassungsfähigen Wassergovernance – auch international. [jg]

 

DUH: Grundsatzurteil für den Gewässerschutz: […] Neuaufsetzung eines Nitrataktionsprogramms

EEB : Joint letter: Defend the rules to protect Europe's waters!

WBGU: Wasser in einer aufgeheizten Welt 

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