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Giftstoffe im Wasser: Lasche Einigung bei prioritären Substanzen
EU-News | 26.09.2025
#Chemikalien #Wasser und Meere

Giftstoffe im Wasser: Lasche Einigung bei prioritären Substanzen

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c. pixabay/PublicDomainPictures

Drei Jahre hat es gedauert, nun gibt es eine politische Einigung, die noch formal durch Abstimmung bestätigt werden muss. Die EU-Institutionen haben sich auf eine aktualisierte Liste prioritärer Stoffe geeinigt, die europaweit überwacht und begrenzt werden müssen. Umweltverbände sind enttäuscht.

Es geht um gefährliche Substanzen, die Oberflächengewässer und Grundwasser und damit auch unsere Gesundheit gefährden. Im Trilog zwischen den EU-Institutionen gab es am 23. September eine vorläufige politische Einigung über sogenannte prioritäre Stoffe in der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Damit werden neue Stoffe in die Prioritätenlisten aufgenommen, darunter Pestizide, Arzneimittel, Bisphenole sowie per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Zu den ursprünglich vorgeschlagenen 24 PFAS für Oberflächengewässer kommt noch Trifluoressigsäure (TFA) hinzu, ein Abbauprodukt bestimmter PFAS. TFA gilt als fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch).

Außerdem wird eine Obergrenze für die Summe an Pestiziden für Oberflächengewässer eingeführt, die bereits gelistete prioritäre Stoffe umfasst und auf 0,2 Mikrogramm pro Liter (μg/l) festgesetzt wird. Der Weichmacher Bisphenol A wird ebenfalls als prioritärer gefährlicher Stoff eingestuft. Zudem werden die Überwachungs- und Berichterstattungspflichten der EU-Mitgliedstaaten verändert, „um die Überwachung und Transparenz der Wasserqualität überall in der EU zu verbessern, ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand zu verursachen“, schreibt der Rat.

Zeit bis 2039? Umweltverbände kritisieren viel zu lange Umsetzungsfrist

Das Europäische Umweltbüro (EEB) wirft den EU-Mitgliedstaaten vor, die Verpflichtungen verzögert und abgeschwächt zu haben – auf Kosten von Umwelt und Gesundheit. Die Vereinbarung verpflichte die Mitgliedstaaten zwar zur Überwachung und Begrenzung der Verschmutzung durch neue Stoffe, darunter weitere Pestizide (einschließlich Glyphosat), eine Gruppe von PFAS und – zum ersten Mal – Arzneimittel. Allerdings haben die Mitgliedstaaten bis 2039 Zeit, um die neuen Standards zu erfüllen, mit der Möglichkeit einer Verlängerung bis 2045. Obwohl sich kürzlich fast 200.000 Menschen gegen die Deregulierung von EU-Umweltgesetzen ausgesprochen haben, hätten Mitgliedstaaten und Industrie durchgesetzt, das Nichtverschlechterungsprinzip der WRRL durch die Einführung von zwei neuen Ausnahmen zu schwächen, die kurzfristige negative Auswirkungen und eine Verschlechterung des Zustands nach der Verlagerung von Wasser oder Sedimenten zulassen.

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass statt des bislang geltenden Verschlechterungsverbot für den Zustand der Gewässer nun vorübergehende Verschlechterungen möglich sein sollen. „Außerdem sollen die neuen Schwellenwerte erst Jahrzehnte später erreicht werden müssen und einige Schwellenwerte sind viel zu lasch“, so die DUH. Dies sei ein „Tiefpunkt der jahrelangen Verschleppung beim europäischen Wasserschutzgesetz“, dabei hätte die WRRL als „wichtigste europäische Gesetzgebung eigentlich schon bis 2015 für sauberes Wasser und intakte Lebensräume sorgen“ sollen. Dass der geplante Schwellenwert für PFAS hinter den wissenschaftlichen Empfehlungen zurückbleibe, dürfte hohe Kosten für die Trinkwasseraufbereitung nach sich ziehen. 

Derzeit sind 46 Prozent der Oberflächengewässer und 24 Prozent des Grundwassers in der EU chemisch betrachtet in keinem guten Zustand. Und schon bei der Eignungsprüfung der WRRL im Jahr 2019 („Fitness-Check“) wurde betont, dass die Liste der besorgniserregenden Schadstoffe (Pestizide, Düngemittel, Chemikalien und andere) aktualisiert werden müsse, um Defizite der bestehenden Liste auszugleichen, in der Stoffe fehlen und dem sogenannten Cocktail-Effekt (die kumulative oder kombinierte Wirkung von Gemischen) keine Rechnung getragen wird. 

Die Defizite bei der Umsetzung der WRRL sind fast schon legendär, Fristen werden seit Jahrzehnten verschoben. Wie dieses Tempo zum Null-Schadstoff-Ziel der EU beitragen kann, nämlich einer Umwelt ohne schädliche Umweltverschmutzung bis 2050, bleibt rätselhaft. [jg]

 

EU-Rat: Water pollution: Council and Parliament reach provisional deal to update priority substances in surface and ground waters 

EEB: EU strikes water pollution deal, protections pay the price 

DUH: „Drohender Angriff auf wichtigstes Gesetz zum Schutz unserer Lebensgrundlage Wasser“

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