Umfrage zum Naturwiederherstellungsgesetz: parteiübergreifend pro Renaturierung

Fast 85 Prozent der Menschen in Deutschland befürworten das EU-Gesetz zur Wiederherstellung zerstörter Natur, das ergab eine vom NABU Mitte Oktober veröffentlichte Studie. Unter den 5.000 Befragten gaben sogar 73 Prozent an, ein noch entschlosseneres Handeln von der Politik zu erwarten. Die EU-Mitgliedstaaten sind nun gefordert, entsprechende Ziele zu formulieren: Bis zum 1. September 2026 müssen sie ihre nationalen Wiederherstellungspläne der EU-Kommission vorlegen.
Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (WVO) trat vor gut einem Jahr in Kraft und gilt seitdem in allen EU-Mitgliedsstaaten. Bis zum 1. September 2026 müssen alle Mitgliedstaaten einen Entwurf ihres nationalen Wiederherstellungsplans der Kommission vorlegen und bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Landes- und Meeresflächen Maßnahmen ergriffen haben. Bis 2050 gilt dies für alle Ökosysteme, die einer Wiederherstellung bedürfen. In einer Sonderausgabe zur WVO hat der Umweltinformationsdienst ENDS analysiert, wie weit die einzelnen Mitgliedstaaten schon mit den Vorbereitungen zur Umsetzung des Nature Restoration Law sind. Demnach ("Preparedness index") sind Estland, Griechenland, Bulgarien und Slowenien am besten aufgestellt, die Ziele der WVO zu verwirklichen. Deutschland liegt mit einem guten Platz auf Rang fünf, Schlusslichter sind Spanien, Italien und Schweden.
Renaturierungswünsche unabhängig von Wahlverhalten
Während die Politik in Deutschland vielerorts Umweltschutzmaßnahmen mit Hinweisen auf eine Überforderung der Bürger*innen bremst, zeigt die NABU-Studie, dass selbst über Parteigrenzen hinweg große Einigkeit herrscht: Nur 7 Prozent der CDU/CSU-Wähler*innen und 3,2 Prozent der SPD-Wähler*innen lehnen die Wiederherstellungsverordnung ab, während 90 beziehungsweise 94 Prozent sie befürworten. Bei Wähler*innen der Grünen bzw. der Linken liegen die Zustimmungswerte sogar bei 99 und 97 Prozent. Und selbst Wähler*innen von AfD und FDP begrüßen noch zu 67 beziehungsweise 75 Prozent das EU-weite Gesetz zur Naturwiederherstellung.
„Die Umfrage zeigt klar: Die Menschen erwarten, dass die Politik jetzt handelt und konkrete politische Maßnahmen für den Schutz und die Wiederherstellung der Natur ergreift“, sagt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Auch über Bundeslandgrenzen hinweg variieren die Zustimmungswerte nur wenig: während Bremer*innen die Naturwiderherstellung mit 90,6 Prozent begrüßen, sprechen sich in Mecklenburg-Vorpommern, dem Bundesland mit der niedrigsten Zustimmungsrate, immer noch vier von fünf Personen dafür aus (80,9 Prozent).
„Die Bundesländer haben nun die Chance, diesen Arbeitsauftrag aus der Bevölkerung anzunehmen und die Wiederherstellung der Natur in Deutschland zum Erfolg zu führen. Weitere Verzögerungen und Grundsatzdebatten entsprechen nicht dem Willen der Menschen – sie erwarten von der Politik Arbeit und Lösungen“, so Krüger mit Blick auf die föderalen Zuständigkeiten, die sich für Deutschland aus der EU-Verordnung ergeben.
Natur als essenzieller Bestandteil der Lebensqualität
Die Motivationen für die Wiederherstellung variieren leicht zwischen Nord- und Süd-, Ost- und Westdeutschland sowie zwischen Altersgruppen. Insgesamt nannten mehr als sieben von zehn Befragten sauberes Trinkwasser (74 Prozent) und den Erhalt der Artenvielfalt (71 Prozent) als Hauptgründe. Über 60 Prozent sehen in den Renaturierungsbemühungen einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Klimakrise. Diese Einschätzungen spiegeln sich in den Sorgen der Befragten wider: Trockenheit und Dürre (58 Prozent) stehen an erster Stelle, gefolgt von Hitze (46 Prozent) und Starkregen (41 Prozent). Denn auch das wird deutlich, 95 Prozent der Befragten beschreiben Natur als einen wichtigen Bestandteil ihrer Lebensqualität.
Dass die Erwartungen der Bürger*innen an die Politik längst konkrete Formen annehmen, zeigt auch der „Zukunftsentscheid“ in Hamburg: Im Oktober 2025 sprach sich eine Mehrheit der Wähler*innen dafür aus, dass ihre Stadt bereits bis 2040 – und damit fünf Jahre früher als politisch geplant – klimaneutral werden soll. Die Ergebnisse der NABU-Studie stehen damit im Einklang mit einem wachsenden öffentlichen Bewusstsein für konkrete und ambitionierte Umweltziele. Die Menschen in Deutschland, das zeigen NABU-Studie und Volksentscheid deutlich, haben ein Naturschutzmandat bereits erteilt – nun liegt es an der Politik, dieses zu erfüllen. [md]
NABU: Deutsche wollen von der Politik mehr Einsatz für Wiederherstellung der Natur
ENDS: Preparedness index: The member states most ready for the Nature Restoration Law – and those least prepared [kostenpflichtig]