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Klima & Energie kompakt: Energierat, Wasserstoff, gerechter Übergang, fossile Lobby und Corona, Klimamigration
EU-News | 08.10.2020
#Klima und Energie

Klima & Energie kompakt: Energierat, Wasserstoff, gerechter Übergang, fossile Lobby und Corona, Klimamigration

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c. Pixabay

Während die EU-Energieminister*innen mehrheitlich ein höheres Klimaziel 2030 befürworten und sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier für grünen Wasserstoff einsetzt, deuten NGO-Recherchen darauf, dass die fossile Energiewirtschaft Corona-Hilfsgelder einstreicht.

EU-Energieminister*innen unterstützen höheres Klimaziel 2030

Am Dienstag tauschten sich die EU-Energieminister*innen unter deutschem Ratsvorsitz und im Beisein der EU-Energiekommissarin Kadri Simson über die Anhebung des EU-weiten 2030-Klimaziels auf 55 Prozent und die damit verbundene Folgenabschätzung der EU-Kommission aus (EU-News vom 17.09.2020). Außerdem berieten sie die Nationalen Energie- und Klimapläne.

Wie das Online-Nachrichtenportal Euractiv berichtete, unterstützt offenbar eine Mehrheit der Minister*innen das neue Klimaziel. „Dass der Vorschlag der Kommission weithin begrüßt wurde, zeigt, wie breit die Akzeptanz für die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen geworden ist“, erklärte Simson. Sie forderte die EU-Staaten auf, den EU-Aufbauplan NextGenerationEU für den „grünen Übergang“ zu nutzen. Denn aus ihrer Sicht müsse zum einen der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch noch deutlich zunehmen. Zum anderen bleibe die effizientere Nutzung von Energie eine zentrale Herausforderung. Die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten müssten mit den NECPs in Einklang stehen.

Ebenfalls am Dienstag stimmte das EU-Parlament für ein noch höheres CO2-Einsparziel von 60 Prozent bis 2030 (EU-News vom 08.10.2020). In der kommenden Woche steht das Klimagesetz mit einem höheren EU-Klimaziel auf der Tagesordnung der EU-Staats- und Regierungschef*innen. Eine Einigung erscheint fraglich, da Länder wie Polen, Rumänien oder Bulgarien größeren Klimaschutzambitionen kritisch gegenüber stehen.

Altmaiers Einsatz für Wasserstoffmärkte

Am Montag hatte das Bundeswirtschaftsministerium im Zuge der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine Online-Konferenz zu Wasserstoff in der Energiewirtschaft durchgeführt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte dazu: „Grüner Wasserstoff ist ein zentraler Energieträger der Zukunft, den wir auf dem Weg zur Klimaneutralität brauchen. Wir müssen daher jetzt in der EU die Weichen stellen für einen europäischen Markt mit gemeinsamen Regeln. Und wir müssen in Europa und mit unseren internationalen Partnern die Produktion von CO2-neutralem Wasserstoff vorantreiben. Ich werde das Thema Wasserstoff mit ganzer Kraft während der deutschen Ratspräsidentschaft vorantreiben.“

Auch EU-Energiekommissarin Kadri Simson, die an der Konferenz teilnahm, unterstrich das Potenzial von grünem Wasserstoff für die Dekarbonisierung. Die EU wolle bei der Schaffung von Wasserstoffmärkten eine Führungsrolle übernehmen. Angesichts fallender Kosten bei der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien sei nun der „richtige Moment“, grünen Wasserstoff zu fördern.

Erst im Juni hatte die Bundesregierung ihre nationale Wasserstoffstrategie veröffentlicht (Aktuelles vom 12.06.2020), die europäische Wasserstoffstrategie folgte einen Monat später (EU-News vom 08.07.2020).

Offener Verbändebrief: Just Transition Fund ohne fossiles Gas

„Keine Förderung von Gas im Just Transition Fund“ – so lautet die Forderung von BUND, DUH, der Klimaschutzdenkfabrik E3G, der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, Greenpeace, WWF und dem Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Denn fossiles Gas ist aus Sicht der Organisationen nicht klimafreundlich und darf somit nicht mit öffentlichen Geldern gefördert werden.

Der Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund – JTF) soll den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten unterstützen. Um das Ziel der Klimaneutralität in Europa bis spätestens 2050, besser 2040 zu erreichen, müssten die 17,5 Milliarden Euro umfassenden Finanzhilfen in ein 100 Prozent erneuerbares, effizientes und naturverträgliches Energie- und Wirtschaftssystem investiert werden, schreiben die Verbände.

Fossile Energielobby untergräbt Green Deal

Recherchen der EU-weiten Kampagne „Fossil Free Politics“ deuten anscheinend darauf hin, dass die fossile Energieindustrie massiven Lobbydruck auf EU-Kommission und Regierungen der EU-Mitgliedstaaten während der Covid-19-Pandemie ausgeübt hat, um Unterstützung für klimaschädliche Vorhaben im Energiebereich zu gewinnen. Zahlreiche nationale Wiederaufbaupläne würden etwa vorsehen, Steuergelder für fossiles Erdgas, für Technologien der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, für CO2-Kompensationsmaßnahmen oder für grauen Wasserstoff zu verwenden.

Auf diese Weise würden Umweltschutzstandards und die Ziele des Green Deal der EU-Kommission erheblich gefährdet, so die Autor*innen des Berichts. Als Konsequenz fordert die Kampagne eine „Firewall“ zwischen politischen Entscheidungsträger*innen und der fossilen Energielobby.

Die Kampagne wird von fast 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt, unter anderem von Friends of the Earth Europe, CAN Europe, Greepeace und Transport & Environment.

Klimawandel im Globalen Süden

Im Entwicklungsausschuss des EU-Parlaments (DEVE) stellte die Berichterstatterin Mónica Silvana González (S&D, Spanien) am vergangenen Freitag ihren Entwurf einer Resolution vor, die die negativen Einflüsse des Klimawandels auf besonders betroffene Menschen in Ländern des Globalen Südens behandelt. Darin heißt es, das EU-Parlament verurteile das Versäumnis der Staats- und Regierungschef*innen auf der ganzen Welt, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um das im Pariser Klimaabkommen festgehaltene Ziel, die globale Durchschnittstemperatur auf weniger als 2 Grad Celsius zu begrenzen. Das Parlament fordert deshalb die Kommission auf, eine umfassende Strategie für den Beitrag der EU zur Begrenzung der Auswirkungen des Klimawandels auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern vorzulegen.

Das Europäische Umweltbüro (EEB) begrüßte den Vorstoß des DEVE, mahnte zugleich aber an, dass die EU für Geflüchtete mehr tun müsse. Es brauche etwa spezielle Hilfsmaßnahmen für Menschen, die durch Folgen des Klimawandels in die Flucht getrieben wurden. [aw]

EU-Kommission: Energiekommissarin Simson: Regierungen sollen EU-Aufbauplan für grünen Wandel nutzen  

BMWi: Informelle Videokonferenz der EU-Energieministerinnen und -minister: „Klimaschutz und Wirtschaft voranbringen und versöhnen“ 

BMWi: Wirtschaftsminister Altmaier zur Wasserstoff-Konferenz: „Grüner Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft“ 

Verbändebrief zum Fonds für den gerechten Übergang ohne fossiles Gas  

FoEE: Revealed: How the fossil fuel industry used Covid-19 to derail the EU green deal 

DEVE: Procedure File: Auswirkungen des Klimawandels auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern

Berichtsentwurf  

EEB: European Parliament must show greater ambition on climate migration, civil society groups urge 

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