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Das EU-Automobilpaket: „verwirrende Signale“ mit Tendenz zur „Selbstverzwergung“
EU-News | 17.12.2025
#Emissionen #Klima und Energie #Mobilität

Das EU-Automobilpaket: „verwirrende Signale“ mit Tendenz zur „Selbstverzwergung“

Verkehrsklimaschutz steht im Stau
© Pixabay
Verkehrsklimaschutz steht im Stau

Die EU-Kommission hat am 16. Dezember ihr Automobilpaket vorgelegt. Darin enthalten ist ein Aus vom Verbrenner-Aus, so dass Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 möglich sind, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Umweltverbände warnen vor selbstverschuldeten Rückschritten und fehlgeleiteten Investitionen.

„Ehrgeizig, aber pragmatisch“ – so sieht die EU-Kommission selbst ihre Mitte Dezember veröffentlichten Vorschläge für den Automobilsektor (automotive omnibus). Es werde ein „starkes Marktsignal für emissionsfreie Fahrzeuge (ZEV) aufrechterhalten, während der Industrie mehr Flexibilität bei der Erreichung der CO₂-Ziele eingeräumt wird und Fahrzeuge und Batterien aus der Europäischen Union unterstützt werden“. 

Aus vom Verbrenner-Aus, Überprüfung der CO₂-Normen, „Technologieneutralität“

Konkret heißt das eine Abkehr vom 100-Prozent-Ziel der CO₂-Einsparung (keine Neuzulassungen ab 2035 für Autos mit Verbrennermotor) hin zu einem 90-Prozent-Ziel. 10 Prozent Emissionen (im Vergleich zum Jahr 2021) dürfen anfallen, wenn sie „durch die Verwendung von CO₂-armem Stahl Made in the Union oder durch E-Kraftstoffe und Biokraftstoffe kompensiert werden“.

Das Paket enthält Vorschläge für eine Überprüfung der bestehenden CO₂-Emissionsnormen für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge, eine gezielte Änderung der Normen für schwere Nutzfahrzeuge sowie eine Initiative zur Dekarbonisierung von Unternehmensfahrzeugen (Dienstwagenflotten) mit verbindlichen nationalen Zielen für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge. Alles läuft unter dem Motto Flexibilitätsmöglichkeiten und verbesserte Technologieneutralität, soll aber trotzdem „ein klares Marktsignal zur Elektrifizierung aufrechterhalten“. So sollen Plug-in-Hybride (PHEV), Range Extender, Mildhybride und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 noch eine Rolle spielen, zusätzlich zu vollelektrischen (EVs) und Wasserstofffahrzeugen.

Um die europäische Batterieindustrie zu stärken, sollen 1,8 Milliarden Euro für die Entwicklung einer vollständig in der EU hergestellten Batterie-Wertschöpfungskette investiert werden (Battery Booster). 

Der Omnibus „Automotive“ soll den Verwaltungsaufwand verringern und die Kosten für die europäischen Hersteller senken, ihre globale Wettbewerbsfähigkeit stärken und Ressourcen für die Dekarbonisierung freisetzen. Unter anderem wird vorgeschlagen, die Zahl der in den kommenden Jahren verabschiedeten sekundären Rechtsvorschriften zu verringern und Tests für neue Personenkraftwagen und Lastkraftwagen zu straffen. Elektro-Transporter im Inlandsverkehr sollen hinsichtlich der Ruhezeiten und -regeln der Fahrer den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gleichgestellt werden. Der Omnibus führt auch eine neue Fahrzeugkategorie von bis zu 4,2 Metern Länge im Rahmen der Initiative "Small Affordable Cars" ein, um die Nachfrage nach kleinen Elektrofahrzeugen aus der EU anzukurbeln.

T&E: „Zeit schinden macht nicht großartig“

Dass die EU eine Kehrtwende zum eigentlich schon beschlossenen Verbrenner-Aus für Neufahrzeuge ab 2035 macht, kritisiert der mobilitätspolitische Dachverband T&E. Dies sende „ein verwirrendes Signal an die europäische Autoindustrie und die Verbraucher“. Die Kehrtwende ziehe Investitionen von der Elektrifizierung ab, obwohl die europäischen Hersteller dringend Aufholbedarf gegenüber den chinesischen Elektroautoherstellern hätten. Die 10 Prozent durch grünen Stahl oder andere Kraftstoffe zu erreichen, ermöglicht den Automobilherstellern, weniger Elektrofahrzeuge zu verkaufen, ohne dass dies zu Emissionseinsparungen führe. Es könne sogar zu neuen Abhängigkeiten Europas von Importen aus den USA erhöhen. William Todts, Geschäftsführer von T&E, sagte: „Die EU hat Komplexität statt Klarheit gewählt. Die Züchtung schnellerer Pferde hätte den Aufstieg des Automobils niemals aufhalten können. Jeder Euro, der in Plug-in-Hybride fließt, ist ein Euro, der nicht für Elektrofahrzeuge ausgegeben wird, während China weiter davonzieht. Das Festhalten an Verbrennungsmotoren wird die europäischen Autohersteller nicht wieder groß machen.“

Die Ankündigung nationaler Elektrifizierungsziele für große Unternehmensflotten könnten zwar zur Ökologisierung beitragen, sei aber dafür nicht ambitioniert genug. T&E nannte es außerdem „alarmierend“, dass PHEVs auf die Flottenziele von Unternehmen angerechnet werden könnten, obwohl sie weitaus höhere CO₂-Emissionen haben als von den Autoherstellern angegeben. Das Versäumnis, Elektrifizierungsziele für den Lkw-Sektor aufzunehmen, sei darüber hinaus „eine verpasste Gelegenheit, EU-Hersteller bei der Einführung emissionsfreier Lkw zu unterstützen“. 

Die veröffentlichte EU-Battery Booster-Strategie enthalte keine neuen Finanzmittel zur Unterstützung der EU-Batterieindustrie und habe „lediglich bereits angekündigte Mittel aus dem Innovationsfonds neu verpackt“. 

DUH: „Selbstverzwergung der deutschen Autokonzerne als hochpreisige Nischenhersteller“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) reagierte ebenfalls empört: Der aktuelle Kommissionsvorschlag erlaube den Autokonzernen, im Jahr 2035 bis zu 46 Prozent der Neuwagen als spritdurstige Plug-in-Hybride auf den Markt zu bringen. Die eigentliche Gefahr für Arbeitsplätze sei zudem, bei der Elektromobilität den Anschluss zu verlieren. Kurzum: „Der Fokus auf kurzfristige Rendite mit Verbrennern beschleunigt die Selbstverzwergung der deutschen Autokonzerne als hochpreisige Nischenhersteller“, so die DUH. 

Die Revision der CO₂-Verordnung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sei ein „folgenschwerer Rückschritt für die europäische Klima- und Industriepolitik“. Die DUH forderte deshalb eine grundlegende Überarbeitung des Kommissionsvorschlages unter Berücksichtigung der Klimaziele im Verkehrsbereich – alles andere seien „Scheinlösungen“. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte: „Der Vorschlag der EU-Kommission ist ein Kniefall vor den in Klimafragen ignoranten deutschen Verbrenner-Konzernen, insbesondere von Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen. Es geht um kurzfristige Profite mit klimaschädlicher, alter Technologie.“ In einem Positionspapier zeigt die Organisation auf, wie Plug-in-Hybride und Range Extender sowie vermeintliche „Brückentechnologien“ dem Klima und der Wettbewerbsfähigkeit der Autoindustrie schaden. [jg]

 

EU-Kommission: 

DUH: Deutsche Umwelthilfe bewertet Kommissionsvorschlag zur Abschaffung des Verbrenner-Aus als Kniefall vor den Dieselkonzernen

T&E: EU 2035 reversal: playing for time won’t make European carmakers great again 

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