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Our Oceans: Mehr Schutz für die Meere häufig nur mündlich
EU-News | 18.04.2024
#Wasser und Meere

Our Oceans: Mehr Schutz für die Meere häufig nur mündlich

Eine Erdkugel in Form eines Wassertropfens fällt ins Meer.
© Adobe Stock / Pixel Matrix
Das UN-Meeresschutzabkommen Biodiversity Beyond National Jurisdiction (BBNJ) - hoffentlich nicht nur ein Tropfen für den Schutz der Artenvielfalt in den Weltmeeren!

Der Meeresgipfel in Athen bündelt Verpflichtungsankündigungen für den Schutz der Ozeane. Derweil haben die EU und ihre Mitgliedstaaten aber noch viel zu tun, um marine Ökosysteme zu schützen und die Überfischung zu beenden, kritisieren Umweltverbände.

Die EU-Kommission hat auf der diesjährigen Our Oceans-Konferenz (16. und 17. April in Athen) „starkes Engagement für die internationale Meerespolitik“ versprochen. Dieses Engagement besteht aus einem Paket von 40 Verpflichtungen für Maßnahmen sowie 3,5 Milliarden Euro aus verschiedenen EU-Fonds, um diese zu finanzieren. Das stellt nach eigenen Angaben „den größten Betrag dar, den die EU jemals seit Beginn der Konferenzen ‚Unser Ozean‘ angekündigt hat“. Zu den Maßnahmen zählen Sektoren wie nachhaltige Fischerei, geschützte Meeresgebiete, Ozeane und Klimawandel (Forschung), nachhaltige blaue Wirtschaft, gegen Meeresverschmutzung, für Maritime Sicherheit sowie Unterstützung für den Mittelmeerraum. Die EU hat zudem ein Instrument zur Verfolgung von Verpflichtungen entwickelt, damit Fortschritte nachvollziehbar bleiben.

Das Treffen zahlreicher Staats- und Regierungschefs sowie Ministerinnen und Minister (rund 115 Delegationen) ist das erste seit der Einigung der internationalen Staatengemeinschaft auf das UN-Hochseeschutzabkommen. Das auch BBNJ genannte Übereinkommen steht für Biodiversity Beyond National Jurisdiction (EU-News 10.07.2023). Bundesumweltministerin Steffi Lemke als Vertreterin Deutschlands „strebt eine Ratifizierung bis Mitte 2025 an“, zudem soll das Übereinkommen auch finanziell unterstützt werden. Es kann in Kraft treten, sobald es von 60 Staaten ratifiziert ist. Inhaltlich geht es um die Einrichtung von Schutzgebieten in Gebieten, die keinem Staat gehören; etwa 40 Prozent der Erdoberfläche. Neben dem Thema Meeresschutzgebiete ging es bei der Our Ocean-Konferenz außerdem um die naturverträgliche Nutzung der Meere, die Reduzierung von Meeresmüll und die nachhaltige Fischerei.

Parallel haben Meeresschutzorganisationen in einer EU-weiten Kampagne gefordert, härter gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, die in ihren Meeresschutzgebieten (MPA) immer noch Grundschleppnetzfischerei zulassen. Ein neuer Bericht zeige, dass diese zerstörerische Fischereipraxis in 90 Prozent der küstennahen MPA der EU noch immer stattfindet. Der Bericht, der gemeinsam von der Marine Conservation Society, Seas At Risk und Oceana verfasst wurde, zeige, dass in den sieben untersuchten Ländern zwischen 2015 und 2023 4,4 Millionen Stunden offensichtlicher Grundschleppnetzfischerei in MPAs erlaubt waren. Das entspricht einem Wert von mehr als 500 Jahren Schleppnetzfischerei. Anhand von Daten von Global Fishing Watch wurden der Umfang und die Stunden der Fangtätigkeit in Dänemark, Deutschland, Irland, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Schweden berechnet.

Die Organisationen verweisen auf das „bahnbrechende wissenschaftliche Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES)“, aus dem hervorgehe, dass die Sperrung von 30 Prozent der EU-Gewässer in der Nordsee, dem Atlantik und der Ostsee für die Grundfischerei zu einer Verringerung der Anlandewerte um weniger als 0,1 Prozent bis 6,6 Prozent pro Jahr führen würde, was für die marinen Ökosysteme, die die Grundlage für kommerziell genutzte Fischarten bilden, von erheblichem Nutzen wäre.

Deutschlands Konferenzzusagen und die Situation in der Nord- und Ostsee

Deutschland hat nach Angaben des Bundesumweltministeriums dieses Jahr außerdem zehn Einzel-Projekte ("Commitments") mit einer Gesamtsumme von fast 500 Millionen Euro eingereicht, wovon der größte Teil aus den Versteigerungen von Lizenzen für Offshore-Windparks in den deutschen Meeresgewässern stamme. Ein Treffen mit Nichtregierungsorganisationen zum Thema Tiefseebergbau stand ebenfalls auf der Agenda der Bundesumweltministerin. Laut dpa-Europaticker will die Bundesregierung außerdem in Kürze einen „zwischen den Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt abgestimmten Maßnahmenkatalog für den EU-Aktionsplan zum Meeresschutz und nachhaltiger Fischerei nach Brüssel melden, darunter Maßnahmen zur Beifangvermeidung, zu geschützten Arten sowie zum Schutz des Meeresbodens.

Der BUND wiederum hat am 16. April das Ergebnis der EU-weiten Fischereidatenanalyse der letzten neun Jahre für Deutschland kritisiert: Demnach hätten Grundschleppnetze inzwischen mehr als die Hälfte der deutschen Meeresschutzgebiete zerstört. Zwar gebe es in der deutschen Nord- und Ostsee es 74 Schutzgebiete, die 45 Prozent der Fläche der deutschen Meeresgewässer entsprechen. Aber über die Hälfte (53 Prozent) davon seien zerstört. Europaweit seien sogar 90 Prozent aller Offshore-Schutzgebiete betroffen. Die Analyse der Daten wird in einer interaktiven Karte zusammengefasst.

Auch im Mittelmeer mangelt es an politischem Willen

Anfang April hat die Meeresschutzorganisation Oceana darauf hingewiesen, dass Frankreich, Italien und Spanien wertvolle Arten wie Seehecht, Meerbarbe oder Kaisergranat nicht nachhaltig bewirtschaften, sondern die Bestände überfischten. Die wissenschaftliche Bewertung des mehrjährigen Fischereimanagementplans der EU für das westliche Mittelmeer zeige, dass trotz der Bemühungen und Pläne bis 2025 das Tempo weder den rechtlichen Verpflichtungen noch der Dringlichkeit der Situation entspreche. [jg]

 

EU-Kommission: Pressemitteilung zu Verpflichtungen. 

Seas At Risk et al. [...] end destructive fishing in Europe’s protected waters: 90% of ‘protected’ waters still targeted

Bundesumweltministerin Steffi Lemke wirbt auf der Our Ocean Conference in Athen für eine wirksame Umsetzung des Hochseeschutzabkommens

Oceana: Progress in Western Mediterranean does not match urgency to recover fish populations

Weitere Meeresmeldungen
  • Fischereistreit mit Großbritannien: EU will weiter Sandaal fangen dürfen und hat im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens mit dem Vereinigten Königreich eine Konsultation beantragt, die sich auf die seit 26. März 2024 geltende Schließung der Sandaalfischerei in englischen Gewässer innerhalb der Nordsee und aller schottischen Gewässer bezieht. Der Zugang von EU-Schiffen zu dieser Fischerei sei erheblich eingeschränkt.
  • Klimawandel und Inselschwund: Die Organisation fair oceans hat darauf hingewiesen, dass durch den Klimawandel und die dadurch steigenden Meeresspiegel immer mehr Inseln und Strände verschwinden. Dies gelte nicht nur für die deutschen Küsten, sondern weltweit.

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