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Wälder und Städte im EU-Wiederherstellungsgesetz
EU-News | 04.05.2023
#Biodiversität und Naturschutz #Wald

Wälder und Städte im EU-Wiederherstellungsgesetz

Illustration artenreiche Waldlandschaft
© AdobeStock/Andreas
Illustration einer artenreichen Waldlandschaft

Das vorgeschlagene EU-Gesetz zur Renaturierung (EU Nature Restoration Law – NRL) wird in den EU-Institutionen kontrovers diskutiert. Ein Umweltbündnis hat Forderungen für besseren Waldschutz vorgelegt, Eurocities positioniert sich zu urbanem Grün. Derweil stockt es in den Bereichen Forst-, Land- und Fischereiwirtschaft.

Das EU-Wiederherstellungsgesetz für die Natur (Nature Restoration Law – NRL) soll möglichst noch in dieser Legislatur beschlossen werden und war unter anderem Thema des informellen Treffens der EU-Umweltminister*innen im April in Stockholm. Allmählich läuft die Zeit davon und noch gibt es laut Pascal Canfin, Vorsitzender des Umweltausschusses im EU-Parlament, keinen gangbaren Weg im Bereich Landwirtschaft und Fischereipolitik (Artikel Euractiv). Auch beim Thema Wald ist mitnichten alles im grünen Bereich. Hier ist besonders die Position der nordischen Länder einschließlich Schwedens eher auf Forst- als auf Waldwirtschaft ausgerichtet, zudem gibt es Stimmen für mehr Flexibilität und gegen zu viel Einmischung sowohl durch Brüssel als auch durch die Öffentlichkeit (EU-News 28.03.2023).

Waldökosysteme schützen, keine pauschalen Ausnahmen

Laut einem von der Waldschutzorganisation FERN mit weiteren Bündnispartnern vorgelegten Positionspapiers vom 20. April sei mit dem neuen NRL zwar eine positive Vision für Europas Wälder möglich. Aber um den alarmierenden Verlust der biologischen Vielfalt umzukehren, müssten die verbliebenen alten Wälder strenger geschützt, zusätzlich Wälder zur Wiederherstellung ausgewiesen und die Artenvielfalt in den für die Holzproduktion bewirtschafteten Wäldern naturnah verbessert werden. In ihrem Positionspapier fordern die Organisationen unter anderem:

  • mehr Tempo bei der Wiederherstellung der Wälder;
  • Erfolge bei der Wiederherstellung von Lebensräumen und Waldarten, die durch die Fauna-Flora-Habitat (FFH)- oder Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, an auch zeitlich klar definierten gesetzlichen Zielen nachprüfbar machen;
  • den Ausbau erneuerbarer Energien mit diesen Zielen vereinbaren; Ausnahmen zugunsten von Energieprojekten per Einzelfallprüfung entscheiden, keine pauschalen Ausnahmen zulassen;
  • marginale Verbesserung einzelner Indikatoren dürfen nicht als Wiederherstellung bezeichnet werden; die Definition, was ein zufriedenstellendes Renaturierungsniveau von Lebensräumen ist, muss anhand wissenschaftlicher Referenzwerte erfolgen;
  • auch für Waldökosysteme außerhalb der FFH-Richtlinie verbindliche Ziele vereinbaren;
  • für renaturierte Ökosysteme ein Verschlechterungsverbot einführen;
  • die vorgeschlagenen Indikatoren für die Verbesserung der Artenvielfalt und der Klimaresilienz in vollem Umfang und verpflichtend ins Gesetz übernehmen;
  • bei der Erstellung nationaler Renaturierungspläne die Öffentlichkeit einbeziehen und das Recht auf Zugang zu Gerichten (Arhus-Konvention) beachten.

Außerdem forderten die Organisationen eine Abschaffung umweltschädlicher Subventionen im Forstsektor (derzeit jährlich rund 155 Milliarden US-Dollar). Die Mitgliedstaaten müssten bei der Erstellung ihrer Renaturierungspläne umweltschädliche Subventionen ermitteln und die daraus entstehenden Schäden beziffern. Sämtliche negativen Anreize müssten bis 2025 identifiziert, bis 2030 zur Hälfte und bis 2050 vollständig abgeschafft werden und für die Wiederherstellung und den Schutz der Natur umgewidmet sein. Eingang in die Pläne sollte zudem die Bewertung von Naturkapital und Ökosystemdienstleistungen finden, wie sie der Weltbiodiversitätsrat IPBES vorschlägt.

In einer ebenfalls am 20. April erschienenen Studie des Joint Research Centers (JRC) zeigt sich, dass die Waldökosystemdienstleistungen in Europa bei Nichthandeln bis 2095 um durchschnittlich 15 Prozent zurückgehen werden – im europäischen Mittelmeerraum sogar um durchschnittlich 52 Prozent. Diese Studie untermauert das Anliegen von FERN und seinen Bündnispartnern, Tempo zuzulegen bei der Stärkung der Artenvielfalt und Klimaresilienz von Europas Wäldern.

Urbanes Grün: Europas Städtebündnis will Flexibilität, Finanzsicherheit und mehr Grün

Eurocities, das Netz der großen europäischen Städte, hat ebenfalls eine Stellungnahme zum NRL abgegeben. Die Städte unterstützen die Ziele zur Wiederherstellung urbaner Ökosysteme und betonen, dass rechtsverbindliche Vorgaben notwendig sind, um einen wirksamen und schnellen Wandel bei der Flächennutzung zu erreichen. Sie fordern unter anderem mehr Einklang mit der EU-Biodiversitätsstrategie bei der Rolle der Städte als Verbindungskorridore zu größeren Gebieten mit geschütztem Grünraum. Allerdings wollen sie auch Flexibilität bei der geografischen Umsetzung der Zielvorgaben für die Vermeidung von Nettoverlusten an städtischen Grün- und Freiflächen sowie Baumkronen, um eine Zersiedelung zu verhindern sowie unterschiedliche Verwaltungsstrukturen und individuelle lokale Bedingungen berücksichtigen zu können. Zudem fordert Eurocities, dass eine angemessene Finanzierung zur Unterstützung der wachsenden Verantwortung der lokalen Behörden sichergestellt wird. [ym/jg]

Euractiv: EU’s nature restoration law in difficulty, despite climate policy wins

FERN et al.: Forests in the Nature Restauration Law (PDF, 8. S., engl.) und Pressemitteilung CAN Europe

Eurocities: EU Nature Restauration Law reaction

Renaturierungsgesetz -  weitere Schritte

Im EU-Parlament soll voraussichtlich am 8. Juni 2023 die Abstimmung über das EU-Wiederherstellungsgesetz im Umweltausschuss (ENVI) erfolgen. Mitte Juni könnte die Plenarabstimmmung stattfinden. Der Umweltrat strebt eine Allgemeine Ausrichtung über das Nature Restoration Law bis zum 20. Juni an. Danach dürfte ein Trilogprozess zwischen den drei EU-Institutionen starten. Umweltverbände begleiten den politischen Prozess mit ihrer #RestoreNature-Kampagne und fordern ein möglichst ehrgeiziges und zeitnah umzusetzendes Renaturierungsgesetz.

Veranstaltung zum EU-Wiederherstellungsgesetz: 24. Mai, 12-14 Uhr (CET) [hybrid]

"Nature Restoration Law - Sowing the Seeds for the EU's Economic Resilience and Competitiveness": Ausgerichtet vom Vorsitzenden des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments (ENVI) Pascal Canfin (RENEW) und dem Berichterstatter für das NRL César Luena (S&D) findet eine Veranstaltung mit Vertreter*innen aus der Wirtschaft im Europäischen Parlament in Brüssel und digital statt. Beteiligt ist auch CLG Europe. 

Weitere Informationen und Anmeldung

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