Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Klimaschutz: Europäischer Rat bleibt vage
EU-News | 25.05.2021
#Klima und Energie

Klimaschutz: Europäischer Rat bleibt vage

Windraeder_abends_c._Unsplash
c. Pixabay

"Stundenlang diskutiert" haben die EU-Staats- und Regierungschefs über das "Wie" im Klimaschutz laut Agenturmeldungen (dpa). Die Schlussfolgerungen blieben dennoch eher vage. Das Greenpeace-Europabüro kommentierte, dass die EU-Staaten bei ihren Debatten die "Wurzeln des Übels" sowohl bei Pandemie als auch beim Klimawandel schlicht "übersehen" würden. Ein deutsch-polnisch-französisches Bündnis hatte im Vorfeld des Ratstreffens ein EU-Maßnahmenpaket gefordert, das Emissionsminderungen über die veranschlagten 55 Prozent Treibhausgasreduktion hinaus sicherstellt. Der WWF Europa wies ebenfalls daraufhin, dass "Fit für 55 Prozent nicht fit für 1,5 Grad Celsius" maximaler Erderwärmung sei.

Schlussfolgerungen zu Klimawandel, Covid-19, Außenpolitik

Der Europäische Rat (EUCO) hat beim Klimaschutz letztlich hauptsächlich seine Position vom Dezember 2020 (EU-News 18.12.2020) bekräftigt und die Einigung über das EU-Klimagesetz sowie das erneuerte Bekenntnis der USA zum Pariser Abkommen begrüßt. Die EU-Kommission möge, so der EUCO, das geplante Fit-for-55-Klimagesetzespaket "zusammen mit einer eingehenden Prüfung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf Ebene der Mitgliedstaaten zügig vorlegen". Die Staats- und Regierungschef*innen der EU unterstrichen ihre "Bereitschaft, die weltweite Dynamik zu nutzen", und forderten insbesondere die G20-Mitglieder auf, ihre Ambitionen im Vorfeld der COP26-Tagung in Glasgow zu verstärken. Die Schlussfolgerungen enden recht lapidar mit Punkt 7: "Der Europäische Rat wird sich zu gegebener Zeit nach Vorlage der Vorschläge der Kommission erneut mit dieser Angelegenheit befassen."

Es gibt keinen Hinweis mehr auf die Notwendigkeit der Beibehaltung nationaler Emissionsziele für die Sektoren, die nicht zum europäischen Emissionshandel gehören (Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft), wie einem durchgesickerten Entwurf von letzter Woche noch zu entnehmen war (EU-News 20.05.2021). EUCO-Präsident Charles Michel betonte vor der Presse, dass es "wichtige Diskussionen" über die "unterschiedlichen Ausgangssituationen" der Länder gegeben habe und dass der Rat die konkrete Gestaltung der Gesetzesvorschläge nun der Kommission anvertraue. EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen nannte es einen "Riesenerfolg", dass kein Mitgliedstaat mehr die gemeinsamen Ziele zu Klimaneutraltität und Emissionsreduktion hinterfrage.

Weitere Themen: Zwar hat die EU keine positive Einstellung zur Aufhebung von Patenten auf Impfstoffe, wie zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und viele Staaten fordern, zumindest aber will sie sich weiter für die Lieferung von Vaccinen außerhalb der EU einsetzen. Überschattet waren die geplanten Debatten durch die außerplanmäßig notwendig gewordene Reaktion des Europäischen Rates auf die durch Belarus erzwungene Landung eines Passagierflugzeugs in Minsk, was den Beschluss von Sanktionen zur Folge hatte. Weitere Themen auf der Agenda waren das Verhältnis zu Russland und zum Vereinigten Königreich, die Situation im Mittleren Osten und Mali.

Greenpeace: EU versäumt es, die Ursachen der Covid-19-Pandemie und der Klimakrise zu bekämpfen

Die Pläne der europäischen Staats- und Regierungschef*innen zur Bekämpfung der Pandemie ignorieren aus Sicht von Greenpeace erneut die Rolle des Klimawandels und der Lebensraumzerstörung bei der Entstehung und Verbreitung von Virusinfektionen wie Covid-19. Genauso werde die an wissenschaftlichen Erkenntnissen gemessene "Unzulänglichkeit des EU-Ziels" sowie "die Rolle der EU-Agrarpolitik beim Vorantreiben des Klimazusammenbruchs und der globalen Entwaldung" ausgeblendet. Greenpeace EU-Direktor Jorgo Riss sagte: "Die Wahrheit ist, dass unsere politischen Führer sich mehr um den Schutz der Profite der großen Pharmaindustrie kümmern, als darum, die nächste Pandemie zu stoppen und die Klimakrise zu bewältigen." Impfstoffe könnten zwar heute noch Leben retten, nicht aber zukünftige Pandemien verhindern oder den Klimazusammenbruch aufhalten.

Polnisch-französisch-deutsche Erklärung: "Fit für mindestens 55% – gemeinsam für einen ambitionierten EU-Klimarahmen"

Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Deutschland, Polen und Frankreich haben die Dachverbände Deutscher Naturschutzring (DNR) und Klima-Allianz Deutschland in einer Erklärung vor dem Gipfel ein Maßnahmenpaket gefordert, "das Emissionsminderungen über die 55 Prozent hinaus sicherstellt, um die europäische Klimapolitik in Richtung eines Paris-kompatiblen Reduktionspfads zu bringen". Dazu seien deutlich mehr Tempo beim klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft in allen Mitgliedstaaten und in allen Sektoren sowie eine deutliche Stärkung der Solidarität zwischen und innerhalb der EU-Länder notwendig.

Die Erklärung richtete sich sowohl an den Europäischen Rat als auch an die EU-Kommission, die zurzeit das zehn Gesetzesvorschläge umfassende "fit-for-55"-Paket (FF55) mit geplantem Erscheinungszeitraum Mitte Juli vorbereitet. Dazu gehören unter anderem Vorschläge für den Emissionshandel, erneuerbare Energien, Energieeffizienz allgemein und von Gebäuden, die Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) und die CO2-Grenzwerte für Pkw. In der Erklärung wird eine "wirksame und wasserdichte Unterfütterung des neuen EU-Klimaziels" mit europarechtlich verbindlichen Klimazielen auf nationaler Ebene im Rahmen der Climate-Action-Verordnung (sogenanntes Effort-Sharing) gefordert. Diese müssten mindestens mit dem neuen EU-Ziel und dem Klimaneutralitätsziel bis zum Jahr 2050 übereinstimmen. Das durchaus verbesserungswürdige deutsche Klimaschutzgesetz biete eine gute Voraussetzung für eine konstruktive Rolle der Bundesregierung bei den Verhandlungen, so die Verbände. Zentrale Aspekte des FF55 müssten spätestens 2023 in Kraft treten, denn "für die erfolgreiche Umsetzung des aktualisierten EU-Klimaziels 2030 zählt jeder Monat". 

WWF Europa: "‘Fit for 55%’ isn’t ‘Fit for 1.5°’"

Auch aus Sicht des WWF Europabüros reichen die bisher verabredeten 55 Prozent Emissionsreduktion bis 2030 nicht aus, um die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Begrenzung des Temperaturanstiegs zu erreichen. Die EU-Klima- und Energievorschläge müssten die Emissionsreduktionen der EU bis 2030 auf mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 bringen und die natürlichen Kohlenstoffsenken separat erhöhen. Das Paket müsse außerdem mit den Zielen des EU Green Deals - Klimaneutralität und Wiederherstellung der Natur - übereinstimmen, forderte die Organisation. Nationale verbindliche Ziele im Rahmen der Effort Sharing Regulation (ESR) müssten bestehen bleiben und zudem deutlich erhöht werden. Gebäude und Straßenverkehr sollten durch sektorale Maßnahmen angegangen werden, um ihre Klimabeiträge zu erhöhen, und nicht unter das Europäische Emissionshandelssystem ETS verschoben werden. [jg]

Schlussfolgerungen des Europäischen Rates 24./25. Mai und Pressekonferenz (Charles Michel, Ursula von der Leyen)

dpa-Europaticker: Corona-Hoffnung und Klima-Zwist: Der zweite Tag beim EU-Gipfel

dpa-Europaticker: EU-Klimaschutz: Das große Feilschen beginnt Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Pressemitteilung Greenpeace: EU governments overlook root causes of pandemic and climate crisis

Pressemitteilung Deutscher Naturschutzring: EU-Gipfel zu Klimaschutz: Deutschland muss konstruktive Rolle spielen und polnisch-französisch-deutsche Erklärung

Pressemitteilung WWF Europa: EU summit: a chance for a people-centred move to climate neutrality

Sonderausgabe des DNR-Newsletters: Klimaschutzgesetz – wie weiter nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts?

In diesem Sonder-Newsletter informieren wir Sie kompakt über die historische Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht Ende April zum deutschen Klimaschutzgesetz verkündet hat. Expert*innen beleuchten das Urteil aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Lesen Sie Interviews mit der Vorstandsvorsitzenden von Germanwatch und DNR-Vizepräsidentin Silvie Kreibiehl, dem Fachanwalt Remo Klinger sowie einen Kommentar vom Bundesgeschäftsführer der DUH Sascha Müller-Kraenner.

Zudem haben wir für Sie eine Auswahl an Reaktionen von Umweltorganisationen auf das Klimaschutz-Urteil gebündelt.

Pledge-logo_quad_final

Klima-Pledge: Online-Kampagne zur Bundestagswahl 2021

Wenn die Bundesregierung versagt, dann müssen die Bürger*innen handeln. Bei der Bundestagswahl können wir den Stillstand des letzten Jahrzehnts beenden. Dafür startet die Klimabewegung jetzt die größte Kampagne die es zu einer Bundestagswahl bisher gab - den Klima-Pledge.

Unterzeichnen Sie jetzt. #KlimaPledge

Das könnte Sie interessieren

EU-Flagge
EU-News | 18.04.2024

#Bodenschutz #Emissionen #EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Wasser und Meere

Countdown vor Europawahl: EU-Parlament im Beschlussrausch

Gasmarktreform, Strommarktreform, Abwasser, CO₂-Emissionen bei Bussen und Lkw, Zertifikatesystem für Kohlenstoff (Carbon Capture Removal), Methanverordnung und Bodenschutz... Das erste Aprilplenum hatte eine lange Agenda....