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Quoten für Mittelmeer und Schwarzes Meer, Kritik an Fischereisubventionen
EU-News | 21.09.2021
#Wasser und Meere

Quoten für Mittelmeer und Schwarzes Meer, Kritik an Fischereisubventionen

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c. pixabay

Die Fangquoten 2022 im Mittelmeer und im Schwarzen Meer sollen sich näher an den wissenschaftlichen Empfehlungen orientieren, schlägt die EU-Kommission vor. Entscheiden wird aber der Fischereirat Ende des Jahres. Die Kampagne Our Fish kritisiert die "perverse" Subventionierung für Treibstoffe der EU-Fischereiflotten. Seas At Risk warnt vor möglichen EU-Plänen zum Tiefseebergbau.

"Verringerter Fischereiaufwand" im Mittelmeer

Insgesamt soll nachhaltiger gefischt werden – bei den meisten Beständen bedeutet das eine Reduzierung der Quoten. Die Basis für die Vorschläge der EU-Kommission für die Fangquoten 2022 im MIttelmeer und Schwarzem Meer sind unter anderem der mehrjährige Bewirtschaftungsplan der Strategie der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) für 2030. Das Ziel ist, bis 2026 Nachhaltigkeit für die Grundfischbestände im Mittelmeer und im Adriatischen Meer zu erreichen, also nicht mehr Fisch zu entnehmen, als nachwachsen kann. Der Vorschlag umfasst außerdem verschiedene Bewirtschaftungsmaßnahmen für Bestände von Aal, Roter Koralle, Goldmakrele, Roter Fleckbrasse und Tiefseegarnele im Ionischen Meer, im Levantischen Meer und in der Straße von Sizilien, ebenfalls im Einklang mit den GFCM-Beschlüssen. Der Vorschlag für das westliche Mittelmeer soll vervollständigt werden, wenn die diesjährigen wissenschaftlichen Gutachten zur Verfügung stehen.

Für das Schwarze Meer umfasst der Vorschlag Fangbeschränkungen und Quoten für Steinbutt und Sprotte. Für Steinbutt gilt die im GFCM beschlossene Quote der EU, für Sprotte schlägt die Kommission vor, dieselbe Fanggrenze wie 2021 beizubehalten.

Kürzlich hatte die EU-Kommission Vorschläge für die 2022er-Quoten in der Ostsee vorgelegt (EU-News 27.08.2021).

Massive Steuervergünstigungen für Treibstoffe in der europäischen Fischereiindustrie

Gegen die Subventionierung von Schiffstreibstoffen hat die Kampagne Our Fish bei der Veröffentlichung eines neuen Berichts Anfang der Woche protestiert. Die steuerliche Entlastung für Fischerboote beträgt laut der Organisation zwischen 759 Millionen und über 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Geld, das auch für bessere Zwecke wie die Umstellung auf energieeffizientere Fischereimethoden, die Ausbildung von Menschen oder mehr als 31.000 Gehälter bei einem Monatseinkommen von 4.000 Euro gezahlt werden könnte. Insgesamt verursachte die Flotte fast 7,3 Millionen Tonnen CO2. Dies entspreche der CO2-Menge, die ganz Malta im Jahr 2019 produziert hat. "Das Hauptproblem bei diesen Treibstoffsubventionen ist, dass sie die Überfischung extrem verschlimmern. Außerdem wird so erheblich mehr CO2 produziert. Das widerspricht nicht nur dem 'Green Deal' der EU, der auf null CO2-Emissionen abzielt, sondern auch dem Verursacherprinzip", zitiert euronews die Our Fish-Sprecherin Rebecca Hubbard.

Laut dem Jahreswirtschaftsbericht über die EU-Fischereiflotte bestand die kombinierte EU-Fischereiflotte im Jahr 2018 – den jüngsten verfügbaren Daten – aus 63.593 aktiven Schiffen. Diese EU-Flotte verbrauchte 2,3 Milliarden Liter Kraftstoff, um 5,2 Millionen Tonnen Meeresfrüchte im Wert von 7,7 Milliarden Euro anzulanden – mit erheblichen Gewinnen besonders für die großen Player, die aber nur ein Viertel der Boote betreiben. Our Fish forderte die EU-Kommission auf, diese Steuervergünstigungen bei der Überarbeitung der Steuerregeln zu streichen und das Verursacherprinzip durchzusetzen. Von den "perversen Subventionen" profitierten die zerstörerischsten und treibstoffhungrigsten Fischereifahrzeuge mit weiten Fahrtwegen am meisten, während das Klima, die Ökosysteme, die Fischbestände und die kleinen Fischereibetriebe unter den Folgen litten, kritisierte die Organisation.

Krasse Widersprüche: EU will Erforschung des Tiefseebergbaus intensivieren

Während die Weltnaturschutzunion IUCN ein Moratorium für Tiefseebergbau beschlossen hat (EU-News 08.09.2021, EU-News 14.09.2021), scheint es für die EU strategisch wichtig zu sein, sich ein Hintertürchen offen zu halten. Am 8. September hat die Europäische Kommission ihren Bericht über die strategische Vorausschau 2021 veröffentlicht (EU-News 09.09.2021), in dem sie ankündigt, die Erforschung des Tiefseebergbaus zu intensivieren. "Dies steht in krassem Gegensatz zu den Verpflichtungen der EU-Biodiversitätsstrategie zu strengen Vorsichtsmaßnahmen und der Forderung des Europäischen Parlaments nach einem Moratorium", kritisierte die Meeresschutzorganisation Seas At Risk. Die zweideutige Haltung der Kommission zum Tiefseebergbau berge die Gefahr eines tiefen Einschnitts. Auch die Mitgliedstaaten der EU seien in der Frage uneins. Während bei der IUCN-Konferenz Italien, Schweden, Spanien, Deutschland, Österreich, Italien, Portugal und Rumänien für das Moratorium stimmten, lehnten Norwegen und Belgien den Antrag ab. Frankreich enthielt sich.

Bei der EU-Kommission komme es, so Seas At Risk, scheinbar auf die Perspektive an. In der EU-Biodiversitätsstrategie heißt es, dass sich die EU im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip und dem ökosystembasierten Ansatz dafür einsetzt, dass Meeresmineralien erst dann abgebaut werden dürfen, wenn die Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf die Meeresumwelt, die biologische Vielfalt und die menschlichen Aktivitäten hinreichend erforscht sind, die Risiken verstanden wurden und die Technologien und Betriebspraktiken nachweislich keine schwerwiegenden Schäden für die Umwelt verursachen. In ihrem Bericht über die strategische Vorausschau 2021 scheint sich die Kommission jedoch in erster Linie mit der Diversifizierung und Sicherung ihrer Rohstoffversorgung zu befassen und kommt zu dem Schluss, dass "... neuartige Beschaffungsmöglichkeiten wie der Abbau auf dem Meeresboden und im Weltraum im Einklang mit international vereinbarten Grundsätzen und Verpflichtungen erforscht werden müssen". Für die Reduzierung der Nachfrage nach Metallen enthalte die strategische Vorausschau wenig oder gar keine Vision. Diese Haltung widerspreche dem Kern der eigenen Biodiversitätsspolitik und stehe im Widerspruch zur Entschließung des Europäischen Parlaments vom Juni 2021 zur EU-Biodiversitätsstrategie, kritisierte Seas At Risk. Darüber hinaus gebe es "eine Vielzahl von Möglichkeiten", die Nachfrage nach Metallen drastisch zu senken (Seas At Risk-Bericht Breaking Free From Mining).

Die EU müsse sich klar und deutlich für ein Moratorium in internationalen Gewässern aussprechen und mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie den Tiefseebergbau in ihren Hoheitsgewässern verbietet und verbindliche Ziele für eine drastische Verringerung ihres materiellen Fußabdrucks festlegt, forderte Seas At Risk. [jg]

Pressemitteilung der EU-Kommission zu den Fangquoten im Mittelmeer und Schwarzem Meer sowie Verordnungsentwurf im Wortlaut

Our Fish Report: Climate Impacte & Fishing Industry Profits from EU fuel tax subsidies. A selection of Cases within Europesn Fishing Fleets

Berichterstattung euronews/Our Fish: Kampf um fairen und grünen Fischfang in der EU

Seas At Risk: European Commission announces plans to step-up deep-sea mining exploration on same day as IUCN adopts moratorium motion

Bündnis für den Dorsch

Für die Rückkehr des durch Überfischung gefährdeten Dorschs in die Ostsee hat sich ein Bündnis aus verschiedenen Nichtregierungsorganisationen gegründet. Das "Return of the Cod" (RoC)-Projekt will den aktuellen Wissensstand und die wissenschaftliche Forschung über den Zustand des Ostseedorsches zusammentragen, um Maßnahmen zur Bestandserholung auszuarbeiten und für deren Umsetzung zu streiten. Vertreten sind Organisationen aus acht Anrainerstaaten, für Deutschland arbeitet die Deutsche Umwelthilfe im RoC-Projekt mit. Weiterlesen

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