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Tiefseebergbau als vermeidbare Umweltkatastrophe
EU-News | 11.02.2021
#Wasser und Meere #Rohstoffe und Ressourcen

Tiefseebergbau als vermeidbare Umweltkatastrophe

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Copyright: Deutscher Tierschutzbund e.V.

Eine neue Studie des WWF hat die wahrscheinlichen Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf Ökosysteme und Artenvielfalt sowie die Risiken, die mit der Zulassung der Industrie verbunden sind, zusammengefasst. Fazit: Die Wahrscheinlichkeit von vielen negativen sozialen und ökologischen Folgen ist zu groß, um den kommerziellen Abbau mineralischer Bodenschätze zu erlauben. Der WWF fordert deshalb ein weltweites Moratorium.

Der WWF-Bericht "In Too Deep: What We Know, And Don't Know, About Deep Seabed Mining" beleuchtet die "aller Voraussicht nach" zerstörerischen Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Artenvielfalt beim Abbau von marinen mineralischen Rohstoffen wie Kobalt, Lithium und Nickel in Tausenden Metern Wassertiefe. Darüber hinaus könnte die Lebensgrundlage von etwa 200 Millionen Menschen, die von Fischerei abhängig sind, aufs Spiel gesetzt werden. Auch Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe im Meer wären durch die großflächigen Eingriffe am Meeresgrund in Gefahr.

 „Angesichts der Langsamkeit der Tiefseeprozesse ist es unwahrscheinlich, dass sich zerstörte Lebensräume innerhalb menschlicher Zeiträume erholen. Vorsorge muss deshalb das leitende Prinzip für alles Handeln in der Tiefsee sein.“
Tim Packeiser, WWF-Experte für Tiefseebergbau
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Statt die Tiefsee zu zerstören, um an Rohstoffe zu kommen, müssten Recyclingprozesse angekurbelt werden. Umweltschäden könnten kaum verhindert oder vermindert werden, auch wenn interessierte Akteure etwas anderes behaupteten, so der WWF. Durch Bergbauaktivitäten am Meeresgrund aufgewirbelte Sedimente und durch den Wiedereintrag von Abraum ins Meer könnten sich riesige Trübungswolken bilden, die mit den Meeresströmungen weit über die eigentlichen Abbaugebiete hinausgetragen werden. Letztlich trügen die Allgemeinheit und der gesamte Planet die Risiken, während sich die wirtschaftlichen Vorteile des Tiefseebergbaus auf wenige Unternehmen beschränkten, kritisierte die Organisation. Dabei gelte der Meeresboden außerhalb nationalstaatlicher Grenzen laut Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen als "Gemeinsames Erbe der Menschheit".

Der WWF fordert deshalb ein weltweites Moratorium für den Tiefseebergbau, bis die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen umfassend verstanden sind und bis bewiesen ist, dass Tiefseebergbau in einer Weise betrieben werden kann, die den effektiven Schutz der Meeresumwelt gewährleistet und den Verlust der Artenvielfalt verhindert.

Im Mai 2019 hatte der Beirat für Langstreckenfangflotten (Long Distance Fleet Advisory Council - LDAC) der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten empfohlen, ein Moratorium für den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern zu vereinbaren (EU-News 29.05.2019). Und die Teilnehmer*innen des Deutschen Naturschutztages 2018 in Kiel forderten dies ebenfalls (EU-News 28.09.2018). Auch das EU-Parlament hatte sich Mitte Januar 2018 in einer Resolution für ein Moratorium ausgesprochen.

EU tritt Internationaler Korallenriff-Initiative bei

Am 5. Februar hat die International Coral Reef Initiative (ICRI) die Mitgliedschaft der EU in der globalen Partnerschaft aus fast 90 Organisationen und Ländern bestätigt. Der EU-Kommissar für Umwelt, Ozeane und Fischerei Virginijus Sinkevičius nahm an der ICRI-Generalversammlung teil.

Korallenriffe sind weltweit gefährdet, aber für die Ökosysteme extrem wichtig, da sie oft als Brutstätten dienen und eine große Artenvielfalt beherbergen. Die Initiative bereitet unter anderem den Weg für die nächste Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über biologische Vielfalt (CBD) vor, die voraussichtlich noch dieses Jahr in Kunming, China, stattfinden und einen globalen Rahmen für Biodiversitätsschutz beschließen soll. Es wurde eine Resolution beschlossen, dass Korallenriffe eine maßgebliche Rolle bei der CBD spielen sollen.

Die EU-Kommission hatte vergangenes Jahr als Teil des europäischen Grünen Deals ihre Biodiversitätsstrategie 2030 vorgestellt, die auch den Schutz der Meeresökosysteme beinhaltet. [jg]

WWF Deutschland/Pressemitteilung: Schätze am Meeresboden schützen

WWF Europa/Pressemitteilung: WWF report: deep seabed mining is an avoidable environmental disaster

WWF-Report: In Too Deep: What We Know, And Don't Know, About Deep Seabed Mining

Pressemitteilung EU-Kommission zum Beitritt zu ICRI

Offizielle Seite der Internationalen Korallenriff-Initiative ICRI: ICRI – International Coral Reef Initiative (icriforum.org)

Hartgesteinlebensräume als Hotspot

Folgenabschätzungen für den Tiefseebergbau sollten die mögliche Ausdehnung von Hartgestein-Lebensräumen berücksichtigen

Laut der 556. AUsgabe der Science for Environment Policy hat eine kürzlich durchgeführte sonar-, beprobungs- und fotobasierte Untersuchung gezeigt, dass der atlantische Tiefseeboden mehr biologische Vielfalt beherbergen könnte als bisher angenommen. Denn dort gebe es große Mengen an Hartgestein - eine Art von Lebensraum, der eine Vielzahl von Meereslebewesen beherbergt, die in flachen, sedimentbedeckten Ebenen ungewöhnlich ist. Eine neue Forschungsagenda, die sich auf diese Lebensräume konzentriert, könnte daher dazu beitragen, Folgenabschätzungen für die nachhaltige Gewinnung von Ressourcen vom Meeresboden zu erstellen und gleichzeitig marine Tiefsee-Ökosysteme zu identifizieren, die durch Ausbeutung gefährdet sein könnten. Weiterlesen

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Mensch mach leise

Unterwasserlärm tötet

Der BUND hat eine Mitmachaktion mit einem Appell an die Bundesumweltministerin und die HELCOM-Vorsitzende gestartet, um menschengemachten Lärm durch Schiffe, Militär und Ölförderung in Nord- und Ostsee zu stoppen. Deutschland hat 2021 den HELCOM-Vorsitz inne, eine zwischenstaatliche Kommission für den Meeresschutz im Ostseeraum. Zudem werden dieses Jahr die Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele der EU-Meeresstrategie Rahmenrichtlinie (MSRL) aktualisiert: Lärmreduktion muss aufgenommen und umgesetzt werden, fordert der BUND. Weiterlesen

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