Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Bodengesundheit: Parlament will fünf Bewertungsstufen
EU-News | 11.04.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Bodenschutz #Landwirtschaft und Gentechnik

Bodengesundheit: Parlament will fünf Bewertungsstufen

Boden_c._Pixabay

Das EU-Parlament hat seine Position zum neuen Bodenüberwachungsgesetz festgelegt. Zwar wurden einige Verbesserungen erzielt, aber Umweltverbänden war schon der ursprüngliche Vorschlag der Richtlinie zu schwach.

Mit 336 zu 242 Stimmen bei 33 Enthaltungen einigermaßen knapp hat das Plenum des Europäischen Parlaments am 10. April seinen Standpunkt zum Vorschlag der Kommission für ein Bodenüberwachungsgesetz (Soil Monitoring Law) angenommen.

Grundsätzlich unterstützten die Abgeordneten das mit dem EU-Ziel "Null Verschmutzung"  in Einklang stehende übergeordnete Ziel, bis 2050 EU-weit gesunde Böden zu haben. Eine harmonisierte Definition von „Bodengesundheit“ sowie ein umfassender und kohärenter Überwachungsrahmen seien ebenfalls notwendig, um eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung zu fördern und kontaminierte Standorte zu sanieren. Die Abgeordneten schlagen eine fünfstufige Klassifizierung vor, um den Zustand der Böden zu bewerte: sehr guter, guter, mäßiger ökologischer Zustand sowie geschädigte und kritisch geschädigte Böden. Böden mit einem guten oder hohen ökologischen Zustand würden demnach als „gesund“ gelten. Unannehmbare Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt aufgrund von Bodenkontaminationen müssten beseitigt, die Kosten von den Verursachern nach dem Verursacherprinzip getragen werden.

Die EU-Mitgliedstaaten müssten zukünftig den Gesundheitszustand aller Böden in ihrem Hoheitsgebiet überwachen und entsprechend bewerten. Dabei könnten die jeweiligen Behörden die Bodendeskriptoren anwenden, die die Bodeneigenschaften der einzelnen Bodentypen auf nationaler Ebene am besten veranschaulichen. Da laut Kommission in der EU schätzungsweise 2,8 Millionen potenziell kontaminierte Standorte existieren, unterstützen die Abgeordneten die Forderung, dass spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie in allen EU-Ländern eine öffentliche Liste solcher Standorte erstellt werden muss.

Der agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion Martin Häusling bedauerte, dass „einige wichtige und gute im Umweltausschuss verhandelte Verbesserungen des Kommissionsvorschlags keine Mehrheit“ fanden. So gebe es keinen strengen Zeitrahmen, in dem der ökologische Zustand der Böden verbessert werden müsse, außerdem fehlten Grundsätze der nachhaltigen Bodenbewirtschaftung für die Landwirtschaft. Immerhin wurde aber eine Nichtverschlechterungsklausel angenommen sowie eine allgemeine Verpflichtung zur Verbesserung und Sanierung der Böden hinzugefügt. Auch der Zeitplan für Bodenuntersuchungen sei beibehalten worden. „Gut und wichtig ist auch die Umstellung der Bewertung der Bodengesundheit von einem binären Ansatz (gesund/nicht gesund) auf ein 5-Kategorien-System“, so Häusling.

Der NABU forderte von der deutschen Bundesregierung, beim Bodenschutz nicht auf Brüssel [zu] warten”. Deutschland müsse mit einem eigenen Bodenschutzgesetz zum Vorreiter werden, das Humusaufbau, Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicherkapazität sichere. Damit würden unsere Böden gegen zunehmende Dürren und Überschwemmung geschützt, so der NABU. Das EU-Bodenüberwachungsgesetz lege Indikatoren zur Messung der Bodengesundheit fest. Neben Säure-, Stickstoff- oder Kohlenstoffgehalt oder die mikrobielle Aktivität im Boden spielten auch die Wasserspeicherfähigkeit, Erosionsfaktoren oder die genetische Vielfalt, also die Häufigkeit von Bakterien und Pilzen im Boden, eine Rolle. Aus Sicht des NABU sind letztere besonders gut als Zeiger für Artenvielfalt im Boden geeignet.

Nur ein kleiner Sieg gegen Übernutzung, Verschmutzung und Erosion

Umweltverbände hatten schon nach Erscheinen im Juli 2023 enttäuscht auf den Vorschlag der EU-Kommission reagiert (EU-News 07.07.2023). Die vorgelegte Richtlinie zur Bodenüberwachung konzentriere sich hauptsächlich auf Überwachung statt auf wirksamen Schutz, kritisierten Umweltverbände. Zudem fehlten Ziele gegen Flächenfraß und Bestimmungen zu Tierhaltung. Der Europäische Rechnungshof hatte im gleichen Monat in einem Prüfbericht für den EU-Bodenschutz ebenfalls „viel Luft nach oben“ attestiert. Für Caroline Heinzel, Bodenreferentin des Europäischen Umweltbüros (EEB) war es „schmerzhaft" zu sehen, wie bei der Abstimmung im EU-Parlament der „ausgewogene Kompromiss“, der im Umweltausschuss erzielt wurde, untergraben und stattdessen eine „unglaublich schwache Position“ verabschiedet wurde (siehe auch Interview).

Zwar hat das Parlament nun seinen Standpunkt festgelegt, allerdings kann das neue Gesetz erst vom neuen Parlament nach den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni weiterverfolgt werden. Als Nächstes steht im Gesetzgebungsprozess die Positionierung des Rates an, die für Juni dieses Jahres erwartet wird. [jg]

EU-Parlament: Soil health: Parliament sets out measures to achieve healthy soils by 2050

Pressestatement Martin Häusling

Pressestatement Caroline Heinzel (EEB)

SOLO - die „Europäische Bodenmission”

17 Partnerorganisationen in elf EU-Mitgliedstaaten und Norwegen wollen eine gemeinsame Forschungs- und Innovationsvision schaffen, die Europas Weg zu einer nachhaltigen Bodenbewirtschaftung und -sanierung als Teil eines umfassenderen, grünen Übergangs in ländlichen und städtischen Gebieten beschleunigen soll. Das SOLO-Konsortium besteht aus einem europäischen Netzwerk etablierter Fachleute aus dem akademischen und nichtakademischen Bereich mit unterschiedlichem Hintergrund, die sich bereit erklärt haben, gemeinsam an der Verwirklichung der Ziele der EU-Mission "A Soil Deal for Europe" zu arbeiten.

Das könnte Sie interessieren

Blick auf Berlin mit grünen Bäumen
News | 06.12.2024
# sozial-ökologische Transformation #Biodiversität und Naturschutz #Politik und Gesellschaft

Die wetterfeste Stadt

2024 ist das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Erderhitzung beeinträchtigt zunehmend das Leben in den Städten. In einem Best-Case-Szenario am Beispiel Berlin erzählt der Zukunftsforscher Stephan Rammler, wie sich Städte gegen Hitze und Wassermangel wappnen können. ...