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EU-Waldschutz goes (not?) international: Protest gegen verzögerte Anti-Entwaldung
EU-News | 18.10.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Wald

EU-Waldschutz goes (not?) international: Protest gegen verzögerte Anti-Entwaldung

Eine Hand berührt die flechten- und moosbewachsene Rinde eines alten Baumes
© Foto: AdobeStock / shaploff

Die Verschiebung der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR) zieht den Protest von 225 Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen nach sich. Wissenschaftler fordern neben der Einlösung von Anti-Entwaldungsversprechen mehr Schutz alter Wälder auf der kommenden COP16.

Mehr als 225 zivilgesellschaftliche Organisationen aus mindestens 42 Ländern haben das Europäische Parlament und die nationalen EU-Regierungen aufgefordert, den Vorschlag der Europäischen Kommission abzulehnen, die Anwendung der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR) um zwölf Monate zu verschieben. 

Scheinbar vergeblich, denn der EU-Ministerrat hat am 16. Oktober seinen Standpunkt zum Vorschlag der EU-Kommission zur EUDR-Änderung festgelegt und will den Geltungsbeginn um 12 Monate verschieben. Die EUDR ist bereits seit dem 29. Juni 2023 in Kraft und ihre Bestimmungen sollten ab dem 30. Dezember 2024 gelten. Weil es vielfach Bedenken gab, hatte die Kommission vorgeschlagen, den Geltungsbeginn um ein Jahr zu verschieben. Das Ziel bleibe laut Rat zwar „entwaldungsfrei“, aber die Fristverschiebung soll allen Betroffenen „mehr Zeit geben […], ihre Sorgfaltspflichten zu erfüllen“. Bei der EUDR geht es darum, dass Produkte aus Rind, Holz, Kakao, Soja, Palmöl, Kaffee und Gummi, die in der EU verkauft oder aus der EU exportiert werden, nicht durch Waldzerstörung oder Abholzung entstanden sein sollen. Sofern auch das EU-Parlament zustimmt, gelten die Verpflichtungen dann erst ab dem 30. Dezember 2025 für große Marktteilnehmer und Händler und ab dem 30. Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen.

Die im Bündnis Together4Forests zusammengeschlossenen Verbände und ihre Unterstützer*innen bringt die Verschiebung in Rage. Die EUDR sei „ein Vorzeigeprojekt des europäischen Green Deals“ und eine „Weltpremiere im Kampf gegen Entwaldung, Waldschädigung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Menschenrechte“. Die EUDR sei auf demokratische Weise mit einer Rekordbeteiligung und -unterstützung der Öffentlichkeit angenommen worden. Fast 1,2 Millionen Menschen in Europa hätten der EU-Kommission direkt mitgeteilt, dass sie an Abholzung nicht länger mitschuldig sein wollen und sofortiges Handeln gefordert. Die Wälder der Welt bräuchten dringend den Schutz, da freiwillige Maßnahmen nicht gegriffen hätten. 

Durch die Verzögerung ihrer Anwendung und dem Nachgeben gegenüber den Forderungen von Interessengruppen, untergrab die Europäische Kommission erheblich die Glaubwürdigkeit der EU als globaler Player im Kampf gegen den Klimawandel, den Verlust der biologischen Vielfalt und Menschenrechtsverletzungen, heißt es im gemeinsamen Statement der 225 Organisationen.

Waldökosysteme schützen: EU muss auch bei COP ihre Glaubwürdigkeit beweisen

Wissenschaftler*innen aus 24 Ländern, darunter 19 EU-Mitgliedstaaten, haben in einem offenen Brief angemahnt, dass natürliche Wälder am widerstandsfähigsten und anpassungsfähigsten gegenüber Klima- und Umweltveränderungen seien. Ökosystemleistungen der Wälder wie die Kohlenstoffspeicherung sowie die Regulierung und Filterung der Wasserversorgung seien wichtiger sind als die Bereitstellung von Holz und anderen Produkten.

Die EU müsse anerkennen, 

  • dass Klimaschutz und biologische Vielfalt miteinander verwoben sind;
  • dass Waldökosysteme als natürliche Lebensräume selbsterhaltend sind und keiner aktiven menschlichen Eingriffe und der Bereitstellung von Holz bedürfen;
  • dass Widerstandsfähigkeit und Resistenz gegenüber Störungen und der Nutzen für den Klimaschutz und Klimaanpassung größer sind, je naturbelassener die Wälder (besonders Primär- und Altwälder) sind.

Dies müsse die EU auch bei der Vertragsstaatenkonferenz des UN-Übereinkommens über biologische Vielfalt (CBD COP16, siehe EU-News 15.10.2024) vertreten. Die EU müsse garantieren, die Wiederherstellungverordnung rasch umzusetzen und ihre degradierten Waldökosysteme bis 2030 effektiv wiederherzustellen, um die Natürlichkeit und ökologische Integrität zu verbessern und so die biologische Vielfalt, die Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen, die ökologische Integrität sowie die Vernetzung zu fördern. Durch die rasche Verabschiedung und solide Umsetzung der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR) werde die Europäische Union „den ihr gebührenden Beitrag zur Verringerung des weltweiten Drucks auf die Wälder leisten“, heißt es in dem Forderungsschreiben. [jg]

 

CSO Statement zur EUDR: Together4forests.eu.

Pressemitteilung EU-Rat: EU-Rechtsakt gegen Entwaldung.

Forest Defender Alliance: Scientists call [...] EU commitment to old-growth forests ahead of [...] COP16

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