EuropaparlamentarierInnen dürfen parallel als Lobbyisten tätig sein
Laut Geschäftsordnung des EU-Parlaments ist es möglich, dass EuropaparlamentarierInnen Entscheidungsträger und Lobbyisten zugleich sein können. Zu diesem Schluss kommt eine Stellungnahme des juristischen Dienstes zu Nebenjobs von EU-Abgeordneten.
Der Grüne Europaparlamentarier Sven Giegold reagierte enttäuscht und kündigte an, dass die Grünen sich um ein alternatives Rechtsgutachten bemühen würden. „Das Misstrauen in die Politik wird nicht sinken, wenn Interessenkonflikte von Abgeordneten nicht ausgeschlossen werden“, sagte der Grünen-Politiker.
Zudem hat die von der EU-Kommission berufene Ethik-Kommission befunden, dass der Seitenwechsel von ex-EU-Kommissionspräsident Barroso zu Goldman Sachs in Einklang mit dem Verhaltenskodex der EU-Kommission stehe. Denn Barroso habe sich an die 18-Monatsregel gehalten, bevor er den Job bei Goldman Sachs angetreten habe. "Der Freispruch Barrosos durch die Ethikkommission ist ein Rückschlag für die Stärkung des Vertrauens in die EU-Institutionen. Der Ruf der EU-Kommission kann auch nach 18 Monaten noch beschädigt werden“, so Giegold. „Das Verfahren der EU-Kommission zu Interessenkonflikten von Vorgängern krankt an mangelnder Unabhängigkeit. Das milde Urteil der Ethikkommission war vorprogrammiert, weil dieses Gremium von der EU-Kommission selbst besetzt wird.“ Die EU-Kommission brauche daher eine unabhängige Ethikkommission. Die Allianz für Lobby-Transparenz ALTER-EU hat eine Beschwerde wegen Missmanagement bezüglich der Benennung von zwei kommissionseigenen Sonderberatern in die Ad Hoc Ethikkommission eingelegt. Erst Anfang Oktober hatte sich das EU-Parlament für eine Verschärfung des Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder ausgesprochen (EU-Umweltnews). Zudem hat das EU-Parlament Ende Oktober für das das Einfrieren von 20 Prozent des Topfes im Haushalt der EU-Kommission gestimmt, aus dem ehemalige EU-Kommissare drei Jahre lang bezahlt werden. Das gelte, bis die EU-Kommission einen neuen Verhaltenskodex vorgelegt habe (EU-Umweltnews). Medienberichten zufolge kassieren ehemalige EU-Kommissare während einer Übergangszeit - unabhängig von der aktuellen Beschäftigungssituation - doppelt.
Giegold kündigte an, dass Oettinger sich einer Anhörung im EU-Parlament stellen müsse, die „sehr ungemütlich“ werde. Günther Oettinger, derzeit Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, soll ab dem neuen Jahr auf den auf den Posten des EU-Haushaltskommissars und Vizepräsidenten wechseln. Die scheidende Bulgarin Kristalina Georgiewa, will den Haushalt für 2017 noch zu Ende verhandeln. Für den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027, der für das kommende Jahr auf der Agenda der Kommission steht (EU-Umweltnews), soll dann Oettinger zuständig sein. Oettinger war letzte Woche aufgrund seiner rassistischen und homophoben Äußerungen stark in die Kritik geraten. [bv]
Urteil der Ethikkommisson der EU-Kommission
Stellungnahme des Rechtsdienstes des EU-Parlaments zu Lobby-Nebentätigkeiten